44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
einzuflößen, und ich befinde mich infolge der mir von ihm verabreichten Mittel bedeutend wohler, so daß ich fast die volle Überzeugung habe, durch ihn zu genesen.
Zur Genesung nun hat er mir eine Ortsveränderung anbefohlen. Ich soll mit meiner Tochter nach Deutschland an den Rhein. Und zwar wurde mir von ihm Rheinswalden vorgeschlagen. Er gab mir die Versicherung, daß mein Aufenthalt daselbst keine Beschwerden verursachen werde, und hat mich mit Empfehlungsschreiben an seine Frau Mama und den Herrn Hauptmann von Rodenstein versehen. Dann reiste er ab. Wohin sein Kurs gerichtet ist, darüber werden wohl die beiden Briefe Auskunft erteilen.
Nachdem er uns verlassen hatte, kamen wir zur Kenntnis eines eigentümlichen Umstandes, der für ihn wohl von großem Interesse gewesen wäre. Der Maler Otto von Rodenstein, der sich hier aufhält, ist der Verlobte meiner Tochter. Wir sprachen mit ihm von Ihrem Herrn Gemahl und erfuhren so einiges von den Verhältnissen, infolge deren Sie sich gegenwärtig in Deutschland befinden. Wir erfuhren, daß sich an einem Ort ein Wahnsinniger befinde, den man zu verbergen trachte, und der immer nur die Worte sagt: ‚Ich bin der treue, gute Alimpo!‘
Herr Rodenstein telegraphierte an Sie, um sogleich zu erfahren, ob es dieselben Worte seien, die Ihr Herr Vater, der Graf Emanuel, ausspreche, und Ihre Antwort bestätigte dies. Nun haben wir sogleich mit unsern Recherchen begonnen und werden Ihnen den Erfolg derselben mitteilen.
Wollten Sie uns gestatten, diese Mitteilung mündlich zu machen, so würden wir sehr erfreut sein. Wir werden nach Verlauf einer Woche in Begleitung des Herrn von Rodenstein in Mainz eintreffen und dann auch erfahren, ob die Befolgung der Anordnung des Herrn Doktor Sternau auf Schloß Rheinswalden wirklich nicht mit Belästigungen für Sie verbunden ist.
Indem ich mich und meine Tochter Ihrer Güte empfehle, habe ich die Grüße des Herrn von Rodenstein beizufügen und zeichne
mit der vorzüglichsten Hochachtung
Baron Franz von Haldenberg.“
Dieser Brief wurde noch am Abend zur Post gebracht, und es stand zu erwarten, daß er ganz den Eindruck hervorbringen würde, den man beabsichtigte.
Zu derselben Zeit, in der die drei mit diesem Brief beschäftigt waren, geschah etwas, was mit den heutigen Begebenheiten eng zusammenhing.
Es war dunkel, und die gewöhnliche Abendkühle wehte leicht über die Fluten des Meeres dahin. Ein Boot kam um die südliche Landzunge, die die Bucht begrenzt, herumgesteuert. Es saßen sechs Männer in demselben, von denen vier ruderten, einer das Steuer und einer das Kommando führte.
„Das ist das Licht des Leuchtturmes“, sagte der letztere. „Wir halten gerade auf denselben zu und legen an der Klippe an.“
Das geschah. Als das Boot festsaß, stieg nur dieser eine aus und ging nach dem Turm. Er schien hier bekannt zu sein, denn er trat ein und stieg die Treppe empor, um an der ersten Tür zu klingeln. Der von dem Maire neu angestellte Wärter erschien und fragte nach dem Begehr des Fremden.
„Ich will mit dem Wärter des Leuchtturmes sprechen“, antwortete dieser.
„Der bin ich.“
„Sie? Ich denke, er heißt Gabrillon?“
In seinem Ton drückte sich ein großes Erstaunen aus.
„Gabrillon hatte dieses Amt bis heute, wurde aber von demselben suspendiert.“
„Alle Wetter! Warum?“
„Er ist arretiert worden.“
Wäre der Schein der kleinen Öllampe auf das Gesicht des Fremden gefallen, so hätte der Wärter bemerken können, daß sein scharf gezeichnetes, verbranntes Gesicht den Ausdruck des höchsten Schreckens zeigte.
„Arretiert? Warum?“ erklang nach einiger Zeit die gefaßte Frage.
„Hm! Das ist eine sehr schlimme Angelegenheit! Er wird wohl für lebenslang die Galeere erhalten. Sind Sie etwa ein Freund oder gar ein Verwandter von ihm?“
„Nein, er geht mich gar nichts an, als daß er mir eine kleine Summe schuldig ist“, log der Fremde.
„Da verzichtet nur! Er ist mit einer Zigeunerin von dem Herrn Maire selbst gefangen genommen worden –“
„Mit einer Zigeunerin?“ fragte der Fremde rasch.
Der Ton seiner Stimme zitterte, und sein Schreck war jetzt jedenfalls noch viel größer als vorher. Der Wärter bemerkte oder beobachtete dies jedoch nicht und antwortete:
„Ja. Dieses Weib heißt Zarba. Gabrillon hat einen spanischen Grafen, den man wahnsinnig gemacht hat, bei sich festgehalten, und die alte Hexe ist seine Mitschuldige.“
„Das ist schlimm, verdammt schlimm“, sagte der
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