45 - Die Banditen von Antares
versucht.«
Duvens ballte die kräftigen Hände zu Fäusten, dann entspannte er sie wieder zitternd.
»Aber es ist gegen jede Tradition, gegen alles, woran wir glauben. Cymbaro der Gerechte ist die einzig wahre Macht auf der ganzen Welt! Wir dürfen ihn nicht verleugnen! Wir entstammen Cymbaro. Wir entstammen dem Gerechten.«
»Die meisten deiner Worte entsprachen der Wahrheit, Duven. Doch nicht alle. Wir verleugnen Cymbaro keineswegs, da wir seinen Grundsätzen folgen. Die Auserwählte hat das Recht, ihren Meister auszuwählen.«
Die Leidenschaft, die Duven antrieb, war wie eine gestaltgewordene Macht. Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, sich zu beherrschen. Seine dunklen Augen musterten mich mit einem entrückten, alles aufnehmenden Blick.
»Und das ist der Mann, das ist der Meister. Er gehört nicht zu Cymbaro.«
»Er hat seinen Wert bewiesen.«
»Ein Paar Stiefel!«
»Aye. Und in dem Kampf, in dem er für uns alle gestritten hat.«
Duven hob hilflos die Faust. »Ich war auf dem Rückweg von Farinsee!«
»Niemand macht dir einen Vorwurf, Duven.«
San Paynors Worte waren ruhig und energisch. Er würde sich nicht umstimmen lassen. Er hatte Tiri gefragt, und sie hatte darauf bestanden, mich zu ernennen. Hätte es mich nicht gegeben, wäre dieser Duven Tiris Meister geworden. Dann fügte er sich, und zwar, wie ich den Eindruck hatte, ohne mir etwas nachzutragen. Er neigte den Kopf.
»Es ist der Wille Cymbaros, vor dem sich alles – alles! – beugen muß! Cymbaro der Gerechte muß über die Welt herrschen!«
Er stellte sich vor mich hin und streckte die Hand aus. »Ich wünsche dir im Namen des Geheiligten alles Gute«, sagte er, als wir uns die Hände schüttelten. »Halte dich tapfer. Tirivenswatha hat die Gabe. Enttäusche sie nicht.«
»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht. Das schwöre ich.«
Er nickte und trat zufrieden zurück. In seinem Fanatismus hätte er alles für Cymbaros Ehre getan.
Die Priester nahmen entlang der Wände Aufstellung, und Logan und Duven gesellten sich zu ihnen. Paynor und ich warteten in der Mitte. »Duven hat so wenig mit seinem Zwillingsbruder Drendi gemeinsam. Als sich Duven der Gemeinschaft Cymbaros anschloß, wurde Drendi ein Paktun. Der eine ist leidenschaftlich und ernst, der andere furchtlos und unbeschwert. Manchmal sind Zwillinge völlig unterschiedliche Menschen!«
Ich sparte mir die Bemerkung, daß jeder Paktun, der seinen Sold wert ist, nicht allzu unbekümmert ist, und furchtlose Söldner werden nach einigen Schlachten etwas klüger und somit auch gemeiner. Ich blieb gelassen stehen und wartete auf Tiri und das, was geschehen würde.
Schließlich betraten weitere Würdenträger das Gemach. Sie bewegten sich mit den wohlüberlegten Bewegungen von Leuten, die genau wissen, was sie tun und warum sie es tun. Andere hochgestellte Priester gesellten sich zu Paynor. Auch Priesterinnen begaben sich an ihre Plätze. Paynor bat mich, alle Waffen und Kleidungsstücke abzulegen. Dann hüllte man mich in ein locker fallendes braunes Gewand, dessen Saum vorn zusammengerafft wurde. Eine kleine Gruppe Musiker kam herein und nahm an der Seite Aufstellung. Weitere Vorbereitungen wurden getroffen. Die Stille dröhnte förmlich in unseren Ohren.
Eine Fanfare ertönte und erstarb wieder.
Eine Schar blumengeschmückter Mädchen trat ein. Tiri befand sich in ihrer Mitte.
Sie machten ihr Platz, damit sie sich anmutig in die Mitte des Gemaches begeben konnte. Die Musik fing an zu spielen, zuerst ganz leise, dann immer wilder und schneller.
Und Tiri tanzte.
Sie war mit nichts als Blumen bekleidet. Unter anderen Umständen wäre die Erotik ihres Tanzes zum Greifen spürbar gewesen. An diesem Ort drückte der Tanz das wahre Wesen Cymbaros aus, die Freude, die in ihm lag, reines Glück, das Einssein mit allen auf Kregen lebenden Dingen. Ich sah zu, wie sie sich bewegte, wie sie in ihren sinnlichen Windungen viel verführerischer und wollüstiger als jede Sylvie war, wie sie tanzte, hingerissen von der eigenen Schönheit.
Als der Tanz endete und Tiri zusammensank, das eine Bein unter dem Gewand angewinkelt, das andere gerade ausgestreckt, die Arme ausgebreitet, fühlte ich mich gefühlsmäßig gereinigt.
Kein Geräusch störte die Stille des unterirdischen Gemachs.
Hinter dem Altar schoß plötzlich eine Flamme blitzstrahlgleich in die Höhe. Die Fanfare erscholl. Man führte mich zu dem Altar, während Tiri von ihren Dienerinnen dorthin geleitet wurde. Wir
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