46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
abzugeben.“
„Tausend Donner, wer sind Sie denn, daß Sie es wagen, so mit mir zu sprechen?“
„Ich bin der Kommandant des Forts.“
Der Kapitän salutierte höhnisch lächelnd und sagte:
„Sehr viel Ehre, Herr Kamerad. Über wie viel Mann gebieten Sie? Über fünf oder sechs?“
„Meine sechs Mann genügen vollständig!“
„Und welchen Rang bekleiden Sie?“
„Untersuchen Sie das mit dem Degen!“
„Ah, gut! Ich fordere Sie hiermit in aller Form auf, mir das Fort zu übergeben.“
„Und ich fordere Sie auf, diesen Platz zu verlassen.“
„Ich gebe Ihnen zehn Minuten Zeit, sich die Sache zu überlegen.“
„Und ich gebe Ihnen zwei Minuten Zeit, sich zurückzuziehen!“
„Donnerwetter, wenn Sie den geringsten Widerstand wagen, muß alles über die Klinge springen.“
„Ich bin begierig, diese fürchterliche Klinge kennenzulernen!“
„Hier ist sie! Drauf, Leute, und hinein!“
Er zog seinen Degen und gab seinem Pferd die Sporen. Er sprang an, und die anderen machten Miene, ihm zu folgen. Da aber griff Sternau in seinen Gürtel und riß den Revolver heraus. Beim ersten Schuß stürzte der Kapitän vom Pferd, und jeder weitere Schuß kostete einen Mann. Dann sprang Sternau rasch zurück, und hinter ihm wurde das Tor zugeworfen. Zu gleicher Zeit blitzte es überall durch die Lücken der Palisaden heraus. Es standen hier ja Leute, welche mit einem Gewehr umzugehen verstanden. Ihre Kugeln waren nur auf die Reiter gerichtet. Sie stürzten von den Pferden. Die reiterlosen und durch Schüsse erschreckten Tiere bäumten und überwarfen sich. Es entstand ein fürchterliches Wirrwarr, in welchen hinein immer neue Schüsse krachten. Und das alles war so schnell gegangen, daß die Franzosen, welche noch unverletzt waren, nicht hatten daran denken können, umzukehren und sich durch die Flucht zu retten. Als die letzten daran dachten und davonsprengten, zählten sie nur noch neun Mann.
Gerard stand neben Sternau. Sein Gewehr rauchte noch von dem letzten Schuß.
„Das war eine Lehre“, sagte er. „Wenn sie klug sind, kommen sie nicht wieder.“
„Sie werden leider nicht so klug sein“, meinte Sternau. „Sehen Sie, daß die Offiziere beisammenstehen, um sich zu beraten?“
„Ja, und sehen Sie da draußen am Rand des Gebirges sich etwas vollziehen?“
Bei diesen Worten deutete Gerard hinaus nach dem östlichen Horizont. Ein aufmerksamer Beobachter konnte dort, wenn er ein scharfes Auge besaß, eine dunkle Linie bemerken, die sich langsam nach rechts und links ausdehnte.
„Ah, die Apachen!“ meinte Sternau.
„Sie werden einen Halbkreis bilden, um den Feind zu umfangen.“
„Dazu brauchen Sie immerhin eine Viertelstunde, wenn sie den Feind nicht vor der Zeit auf sich aufmerksam machen wollen.“
„O, die Franzosen bemerken nichts; sie stehen zu tief“, meinte Gerard. „Sie scheinen übrigens jetzt einen Entschluß gefaßt zu haben.“
„Sie wollen stürmen“, sagte Mariano, welcher in der Nähe stand.
Er hatte recht. Die Franzosen stiegen ab, führten die Pferde zurück und griffen zu den Bajonetten, welche sie aufsteckten. Sie bildeten dann einen Halbkreis, um das Fort gegen den Strom hin zu erfassen. Da wendete sich Sternau an zwei der Eingeborenen und befahl ihnen, die Wasserseite zu beobachten, und es sofort zu melden, wenn der Feind etwa versuchen sollte, von dort aus einzudringen.
Ein Offizier zu Pferd kam jetzt herbeigesprengt; er hielt ein weißes Taschentuch an der Spitze seines Degens, aber doch so weit entfernt, daß man gerade noch seine Stimme hören konnte. Es war der Kommandierende, und zwar jener Major, welcher Señorita Emilia so stürmisch anbetete.
„Ah, der Major selbst!“ sagte Gerard, als er ihn kommen sah.
„Kennen Sie ihn?“ fragte Sternau.
„Ja. Wollen Sie mir erlauben, mit ihm zu sprechen?“
„Gern.“
„Ich werde hinunter zu ihm gehen.“
„Das ist zu gefährlich.“
„Für mich durchaus nicht. Ich stehe ja unter dem sicheren Schutz ihrer Gewehre!“
„So gehen Sie und antworten Sie so, wie ich selbst es tun würde!“
Sternau ließ das Tor öffnen. Gerard nahm seine Büchse und schritt hinaus. Er kletterte ruhig am Felsen hinunter und stand dann gerade am Pferd des Offiziers, welcher sich über diese Kühnheit nicht wenig wunderte. Als er sich aber den Mann betrachtete, zog er unwillkürlich die Zügel an.
„Bei Gott, der ‚Schwarze Gerard‘!“ rief er.
„Ja, der ist es“, sagte der Genannte ruhig. „Meine Gegenwart wird
Weitere Kostenlose Bücher