46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Kloster della Barbara!“
Er ging wie träumend weiter in das; Erdgeschoß hinab.
Als die beiden Ärzte das Palisadentor erreichten, sahen sie die Verteidiger dort versammelt. Sternaus Gestalt überragte alle in der Weise, daß der erste Blick auf ihn fallen mußte. Berthold blieb stehen und faßte seinen Kollegen am Arm.
„Willmann, kennst du den Mexikaner dort?“
„Den?“ antwortete der Gefragte. „Ah! Wäre dieser gewaltige Bart nicht, so hielte ich ihn auf der Stelle für – – –“
Er hielt inne, der Gedanke war ihm zu abenteuerlich.
„Nun, für wen?“ drängte Berthold.
„Für den Doktor Sternau, welcher im Salon deiner Eltern solches Aufsehen erregte, damals, als wir noch Knaben waren.“
„Du hast recht. Er sieht ihm außerordentlich ähnlich. Daß ich sofort zu ihm gehen werde. Es wäre doch hochinteressant, wenn – komm!“
Sie traten beide vor Sternau hin. Berthold grüßte und fragte deutsch:
„Verzeihung mein Herr! Sind Sie vielleicht ein Deutscher?“
„Ja“, antwortete der Gefragte, indem er den Gruß erwiderte.
„Sie haben eine geradezu frappante Ähnlichkeit mit einem Herrn, welcher vor längerer Zeit sehr viel bei meinem Vater war.“
„Wer war Ihr Herr Vater?“
„Professor Berthold in Wien.“
Da machte Sternau eine Bewegung der Überraschung und sagte:
„Professor Berthold? Freilich ja; er war mein Freund und Gönner.“
„So täuschte ich mich nicht! Sie sind Herr Doktor Sternau?“
„Allerdings.“
„Welch ein Abenteuer! Welch ein Wiedersehen. Wer konnte das denken?“
„So sind Sie wohl der kleine Johannes, welcher bereits so gut Latein verstand?“
„Ja. Ich wurde Arzt und schloß mich meinem Freund, Doktor Willmann hier, der mexikanischen Expedition an, um eine wissenschaftliche Bereicherung zu finden. Wir kamen mit nach Chihuahua und zogen mit gegen das Fort. Die Kompanie wurde aufgerieben, uns aber verschonte man.“
„Das ist interessant, höchst interessant. Wir werden später davon sprechen. Jetzt müssen wir unsere Aufmerksamkeit anderweit konzentrieren.“
„Man sagt, daß die Franzosen von neuem anrücken!“
„Ja. Blicken Sie da nach Osten hinüber! Sie defilieren da eben zwischen den Bergen hervor, wie man ganz deutlich sehen kann.“
„Wird das Fort verteidigt werden?“
„Das versteht sich! Ich selbst werde die Verteidigung leiten.“
„Aber wo sind Ihre Truppen?“ fragte Willmann, nicht wenig erstaunt darüber, daß ein deutscher Arzt die Verteidigung eines mexikanischen Forts zu kommandieren hatte.
„Hier!“ antwortete Sternau, auf die anwesenden Männer deutend.
„Ah! Wie stark sind die Franzosen?“
„Dreihundert Mann.“
„Und da wollen Sie mit diesem Häuflein Widerstand leisten?“
„Gewiß!“
„Herr Doktor, Sie werden geradezu erdrückt werden!“
„Das werden wir abwarten. Übrigens bitte ich Sie, mit Ihrer ärztlichen Hilfe bei der Hand zu sein. Haben Sie Ihre Bestecke mit im Fort?“
„Ja, aber in unserer Wohnung.“
„So eilen Sie, sie zu holen! Es ist möglich, daß der Kampf recht bald beginnt.“
Die beiden Ärzte folgten der Aufforderung. Jetzt sandte Sternau einige Eingeborene zu Pirnero, um genügend Vorrat von Munition herbeizuschaffen. Er verteilte die Leute hinter den Palisaden, welche sich hart am Rand des Felsens hinzogen, und von wo man die anrückenden Feinde also sehr genau beobachten konnte. Vom Wasser aus schien man keinen Angriff befürchten zu müssen, da der Feind von der Landseite nahte.
Die Franzosen waren zu Pferd; selbst ihre Fußtruppen waren beritten gemacht. Sie kamen im Galopp herbei und hielten dann in der Nähe des Forts. Ungefähr fünfzig Mann aber trennten sich augenblicklich ab und setzten den Weg im Trab fort, auf das offen stehende Palisadentor zu.
Sie schienen zu glauben, das kleine Fort im Ritt überrumpeln zu können. Sie waren kaum noch zwanzig Schritte vom Tor entfernt, da trat ihnen Sternau entgegen, ganz allein, ohne alle Begleitung.
Ein Kapitän führte die Abteilung an. Er parierte unwillkürlich sein Pferd, als er die hohe, stolze Gestalt in reicher, mexikanischer Tracht erblickte.
„Was wünschen Sie hier, Messieurs?“ fragte Sternau höflich, aber ernst.
„Wir wünschen in das Fort zu gehen“, antwortete der Kapitän.
„In welcher Absicht?“
„Ah, wollen Sie uns vielleicht examinieren?“
„Ein wenig. Kommen Sie in friedlicher Absicht?“
„Natürlich!“
„So dürfen Sie eintreten. Ich bitte aber, vorher Ihre Waffen
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