46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Fußaderknoten, und vor zwei Jahren hatte sich meine Tochter in den Finger gebrannt. Es ist noch gar nicht lange her, da schnitt sich einer meiner Vaqueros in die Hand. Er hat wohl ein Viertelpfund Schwamm auflegen müssen, ehe es heilte.“
„Solche Krankheitsfälle, zumal sie so häufig auftreten, sind nun freilich imstande, einem Arzt Veranlassung zu geben, sich hier niederzulassen.“
„Sehen Sie!“
„Ich ziehe mir aber doch die Heimat vor!“
„Nun, ich will Sie nicht bereden, denn wenn Sie sich hier zu sehr anstrengen würden, daß Sie selbst erkrankten, so bekäme ich die Vorwürfe. Aber Ihr Freund, ist der nicht auch Doktor?“
„Ja.“
„Der Theologie?“
„Nein, auch der Medizin.“
„Aber wenigstens ist er verheiratet?“
„Nein.“
„Will er etwa ledig bleiben?“
„Ich habe über diesen Punkt noch nicht mit ihm gesprochen.“
„Herrgott, das ist ja der Hauptpunkt im Leben, über welchen man mit einem jeden Menschen reden soll! War er noch nie verliebt?“
„Ich habe ihn noch nicht gefragt.“
„So fragen Sie ihn sobald wie möglich, und sagen Sie es ihm, daß es nichts besseres gibt, als Schwiegersohn zu sein. Ist man Arzt und der Schwiegervater hat einen Kramladen, so kann man sehr leicht eine Apotheke errichten. Tee wächst im Wald genug, und das Pflaster kann man sich von den Vaqueros sieden lassen.“
„Ich danke, Señor! Sobald ich Zeit finde, werde ich mit ihm sprechen. Adieu!“
Der Arzt kehrte kopfschüttelnd in sein Zimmer zurück; der Wirt aber war ebenso mit ihm unzufrieden. Er hatte überhaupt heute, trotz des guten Wetters, eine sehr üble Stimmung.
Am Nachmittag kehrte Gerard mit dem ‚Kleinen André‘ von der Hacienda zurück. Er fand die Apachen noch auf derselben Stelle liegen, wo sie am Vormittag sich versteckt gehalten hatten. Da der Häuptling der Ansicht war, daß sofort aufgebrochen werden sollte, so fand er kaum Zeit, noch einmal nach dem Fort zu reiten, um von Resedilla Abschied zu nehmen. Er traf sie nicht unten im Zimmer und auch nicht daneben in der Küche. Er stieg daher die Treppe empor und klopfte an die Tür ihres Zimmers. Sie öffnete, und als sie bemerkte, daß er es war, überflog ein tiefes Rot ihr schönes Gesicht.
„Verzeihung, Señorita, daß ich es wage, Euch hier aufzusuchen!“ sagte er. „Ich muß augenblicklich aufbrechen und wollte dies doch nicht tun, ohne Euch Lebewohl gesagt zu haben.“
„Tretet ein, Señor!“ bat sie.
Er tat dies, und da stand er nun in demselben Raum, wo sie an jenem Abend so schön, so verführerisch auf den Kissen gelegen hatte. Auch sie schien daran zu denken, denn ihr Gesicht drückte eine reizende Verlegenheit aus. Aber dabei ruhte ihr Auge mit sichtlichem Wohlgefallen auf seiner hohen Gestalt, welche sich in dem neuen Gewand ganz anders ausnahm als in dem alten.
„Ich dachte nicht, daß Ihr das Fort so bald verlassen würdet, Señor“, sagte sie.
„Ich ebensowenig. Bis morgen wenigstens glaubte ich noch bleiben zu dürfen.“
„Und darf ich wissen, wohin Ihr geht?“
„Ja, denn ich weiß, Ihr werdet mich nicht verraten. Wir gehen nach dem Saladofluß, um einen Transport gegen die Comanchen zu verteidigen.“
„Ihr seid der Anführer?“
„‚Bärenauge‘ und ich.“
„O, so wollt Ihr mir eine Bitte erfüllen!“
„Welche?“
„Setzt Euch nicht unnötigerweise den Gefahren aus, welche Euch da entgegentreten!“
„Ich werde vorsichtig sein, Señorita. Aber warum wünscht Ihr dies?“
Sie blickte zu Boden und antwortete nicht. Da ergriff er ihre Hand und fragte:
„Zürnt Ihr mir, daß Euer Vater uns heute überraschte?“
„Nein“, sagte sie leise.
„Und auch nicht, daß ich ihn zurückwies, als er Euch dann mir zuführen wollte?“
„O nein, Señor. Wenn Vater doch anders sein wollte!“
„Ich verstehe Euch. Ihr habt da manche Kränkung zu erdulden. Jetzt aber muß ich scheiden, Señorita. Darf ich wiederkommen?“
„Ich bitte Euch darum!“
„Und bald?“
„Ja.“
Er blickte ihr in die Augen, die sich mit Feuchtigkeit zu füllen begannen. Er zog sie an sich, und sie widerstrebte nicht. Ihr schöner, voller Busen ruhte warm an seinem Herzen; ihr runder Arm schmiegte sich an dem seinigen empor, so daß ihre Hand auf seiner Schulter ruhte. Er zog die andere Hand an seine Lippen und flüsterte:
„Darf ich an Euch denken, Resedilla?“
„O bitte, tut es, und recht oft!“ antwortete sie.
„Und Ihr?“
„Ich werde Euch keinen Augenblick
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