50 - Schatten über Kregen
des flinkfingerigen Diproos. Und am stärksten schwebte es genau über mir. Ich wußte, daß ich allein dieses geisterhafte Leuchten wahrnehmen konnte.
In diesem gefährlichen Augenblick schickten die Herren der Sterne ihren blauen Phantomskorpion, um mich zu packen und an einen anderen Ort Kregens zu schleudern.
Alles geschah so schnell, daß ich es kaum mitkam. Der Umriß des Skorpions wankte, erzitterte. Er glitt von mir fort. Etwa einhundert Schritte weiter kam er dann doch zum Stillstand, genau zwischen mir und dem Kampf. Eine Gestalt erschien unter dem Bauch des Skorpions.
Das blaue Licht verblaßte. Die Gestalt löste sich aus den letzten Strahlen und kam auf mich zu. Ich starrte sie an, und mein altes Herz tat einen solchen Sprung, daß ich glaubte, es müsse mir aus dem Mund hüpfen.
Die wunderbarste Frau zweier Welten kam anmutig auf mich zu. Sie trug ihre braune Lederkleidung, darunter ein Kettenhemd. Ihr Rapier funkelte blankgezogen in ihrer rechten Faust; die linke Hand war von der bösartig scharfen Stahlklaue bedeckt.
Genau in diesem Augenblick riß die Schlachtenreihe der Shanks auf. Fischgesichtige Soldaten drehten sich um und flohen. Die widerwärtigen Neeshargs nahmen die Verfolgung auf und machten sie gnadenlos nieder. Die Bande kam auf unsere Shanks und die Sklaven zu, die sich vor dem Lagerhaus drängelten.
Und in der Mitte zwischen uns und dem schnell nahenden Blutbad schritt Delia, Delia von Delphond, Delia aus den Blauen Bergen. Gleich würde sie von der Welle der Angreifer niedergerissen werden, und alle Lichter Kregens würden erlöschen.
18
Ich, Dray Prescot, Vovedeer, Lord von Strombor und Krozair von Zy, wurde zum Berserker. Äußerste Anspannung erfaßte mich. Ein roter Schleier schien sich über meine Sicht zu legen. Der Kampflärm wurde undeutlich. Ich wußte nicht mehr genau, was ich im einzelnen tat. Ein Shankwächter lag blutverschmiert zu meinen Füßen am Boden. Sein Schwert lag in meiner Hand. Ich rannte. Ich stürmte vorwärts wie ein Verrückter.
Delia hatte die Gefahr erkannt. Ihre Klaue hob sich. Mit dieser tödlichen Waffe konnte sie einem Shank das Gesicht abreißen. Mein Kopf drohte zu platzen. Ich nahm körperlichen Schmerz nicht mehr wahr. Doch innerlich grub sich die Qual wie eine Kettensäge in mein Bewußtsein.
Zwingend zeigte Delia mit ihrem Rapier auf eine bestimmte Stelle an der Seite. Ich sah in die Richtung. Ja, sie mochte recht haben! Es gab eine Chance, eine knappe Chance. Es war alles, was wir hatten.
Die Schatten zwischen zwei Lagerhäusern lockten einladend. Wenn wir nur rechtzeitig dorthin kämen! Einmal dort, würde die Dunkelheit uns verbergen. Wir würden wie von Nikchavonths gejagte Woflos verschwinden.
Meine Freunde, seien Sie bitte nicht überrascht, daß Dray Prescot zu solchen Gedanken fähig ist. O nein! Wann es um Delia geht, liegt meine einzige Ehre darin, sie in Sicherheit zu wissen. Und so flohen wir.
Delia rannte wie eine Athletin, eine Meisterin des Sports. Nun, was tut sie nicht meisterlich? Da wäre ihre Abneigung Krankheiten gegenüber; aber wie sie bewiesen hat, ist sie trotz Krankheit großartig, wenn sie gebraucht wird.
Hinter uns ertönten laute Schritte, und ich warf einen wilden Blick über die Schulter, dazu bereit, zuzuschlagen und zu töten. Darham und Clandi keuchten hinter uns her. Der schnelle Blick reichte aus, um den Anblick in meine Erinnerung zu ätzen.
Die Sklaven kreischten in panischer Angst auf und ergriffen die Flucht. Ihre Shankwächter liefen vor ihnen. Sie hielten auf die Weyver zu. Die Bande Fischgesichter folgte ihnen. Die Shargs stürmten einfach weiter und töteten wahllos.
Wir warfen uns in die Schatten und gingen in die Hocke; wir boten bestimmt einen tollen Anblick, als wir losliefen. Ich war überzeugt, wir hätten Erfolg gehabt, da fauchte Delia: »Ein paar dieser lästigen Neesharghs haben uns gesehen.«
»Aye, meine Dame«, grollte Darham. »Und da kommen sie auch schon!«
»Du kennst ihren Namen?« fragte ich. »Woher?«
»Gemeinsame Bekannte haben ihn mir verraten.«
Da wartete eine Geschichte. »Mein Dame, wie ...?« fragte Clandi noch außer Atem. Er hielt inne, befeuchtete sich die Lippen. »Ich bin überrascht, dich ...«
Ich schenkte ihm den guten alten finsteren Dray-Prescot-Blick, verzichtete allerdings auf die Teufelsgrimasse. »Clandi, das ist die Dame Alyss«, sagte ich in meinem knirschenden Tonfall. »Du tätest gut daran, dir dies zu merken.«
»Das werde ich
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