51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
Stämme sind von jeher Todfeinde gewesen. Die Wohnung der Nakana aber ist ihnen heilig. Wo das schöne Mädchen sich befindet, ist neutraler Boden. Wo ihr Auge hinfällt, da hört die Feindschaft und die Blutrache auf, und die Comanchen kommen von Osten, die Apachen von Westen her, um sie zu verehren und mit Geschenken zu überschütten. Vor zwei Wochen bin ich mit einem Scout (Pfadfinder) zusammengetroffen, der bei ihr gewesen ist und mir den Weg zu ihr beschrieben hat. Sie lebt mit ihrem Vater in einer eingegangenen Mission. Ich habe nach dem Namen gefragt, konnte aber nichts anderes erfahren, als daß sie ihn nur Pa nennt, er sie aber Almy.“
„Du“, meinte da Jim. „Der Name kommt mir sehr bekannt vor. Hieß nicht so die schöne junge Lady Wilkins auf Wilkinsfield, wo wir damals mit Walker zusammentrafen, den unser kluger Tim so hübsch wieder laufenließ?“
„Ja, die junge Lady hieß so. Es war überhaupt dort eine unglückliche Gegend. Wilkins hat seinen Prozeß gegen den Nachbarn Leflor verloren. Er sollte in Schuldhaft gesteckt werden und schoß nach Leflor. Das brachte ihn in Untersuchung wegen Mordversuch, und er entfloh mit seiner Tochter. Der brave deutsche Oberaufseher – Adler hieß er wohl – war schon vorher auch verschwunden, niemand wußte, wohin. Aber wir kommen von unserem Gegenstand ab. Wir sprachen doch von der Wohnung der Nakana. Der Pfadfinder hat sie mir so beschrieben, daß ich sie sehr wohl zu finden vermag. Wir befinden uns hier im Osten von der Sierra de los Mimbres. Wenn wir noch einen halben Tag lang nach Süden reiten und sie nach Westen hin übersteigen, so kommen wir an die Sierra della Acha, die ihre Wasser dem Rio Gila und durch diesen dem Colorado zusendet, der in den Golf von Kalifornien mündet. Da oben auf der Acha gibt es einen wunderherrlichen Gebirgssee, an dessen Ufern ich vor über zehn Jahren einmal mit den Comanchen zusammengeraten bin. Sie halten das Gebiet sehr heilig, weil sie dort ihre berühmten Häuptlinge begraben. Sie litten deshalb kein Bleichgesicht da oben, und ich war froh, mit dem Leben und einigen Messerstichen davonzukommen. Am Ufer des Sees stehen die alten Gebäude einer katholischen Mission, die nicht mehr bewohnt waren. Man sagt, daß dort einst ein sehr reiches Volk gewohnt habe, Tolteken oder so ähnlich soll ihr Name gewesen sein. Dieses Volk fand viel Silber in den Bergen, und als es dann verdrängt wurde, hat es unermeßliche Schätze in der Nähe des Sees vergraben. Deshalb und weil das Wasser des Sees bei klarem Wetter, wenn die Sonne scheitelrecht steht, wie Silber funkelt, hat man ihn den Silbersee genannt. In der alten Mission am Ufer wohnt die Nakana.“
„Was bedeutet denn das Wort Nakana?“ erkundigte sich der Förster.
„Eigentlich heißt es vollständig Paloma-nakana. Beide Worte gehören dem Tehuadialekt an. Das erstere bedeutet Taube und das letztere Wald, Urwald, zusammen also die ‚Taube des Urwalds‘. Warum dieses Mädchen von den Indianern so genannt wird, weiß ich freilich nicht. Vielleicht erfahren wir es.“
„Sie wollen wirklich hin?“
„Ja, und ich denke, daß Sie mitgehen werden.“
„Sie vergessen, daß wir nach Kalifornien wollen.“
„Und Sie wissen nicht, daß der beste Weg von hier aus nach Kalifornien über die Sierra della Acha geht. Auch müssen Sie bedenken, daß ich mich nicht ohne Not wieder von Auguste trennen werde und daß Sie überhaupt noch nicht wissen, wie sich Ihre Zukunft entwickeln wird. Zunächst werden wir wieder holen, was Ihnen gestohlen worden ist. Dann wissen wir die ‚Taube des Urwalds‘ in Gefahr, und es ist unsere Pflicht, sie zu warnen, sie also am Silbersee aufzusuchen.“
„Eigentlich unnötig!“ schaltete Tim ein.
„Warum?“
„Erstens weil der ‚Rote Burkers‘ bereits aufgebrochen ist und also vor uns dort ankommen wird. Das ist sicher.“
„Nicht so sicher, wie du denkst. Wir haben ein gutes Gewissen und können daher in gerader Richtung reiten. Burkers aber ist als Dieb bekannt. Läßt er sich treffen, so wird er einfach gehängt. Er wird also die einsamsten Gegenden aufsuchen und einen bedeutenden Umweg machen müssen. Aber was wolltest du zweitens sagen?“
„Daß überhaupt unsere Warnung auf alle Fälle unnötig ist. Denkst du vielleicht, der ‚Fürst der Bleichgesichter‘ habe nur uns die Mitteilung gemacht, daß sich die ‚Taube‘ in Gefahr befindet? Er ist jedenfalls hin zu ihr. Vielleicht hat er uns nur deshalb eine schriftliche
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