52 - Aufruhr auf Kregen
Ungehängte Drikinger kaum als geeigneter Ort erschien, um für Ulana und mich Hilfe zu suchen, begaben wir uns zum Palast. Einer der dortigen Ärzte, Lornrod der Umschlag, war vertrauenswürdig. Der knochentrockene alte Apim, auf dessen einer Wange eine Warze von Walnußgröße prangte, würde sich um unsere unterschiedlichen Verletzungen kümmern.
Was den Polsim anging, so würde ihn der Schlag eines Krozairs noch eine Zeitlang tief schlummern lassen. Es blieb noch genügend Zeit, um ihn zu befragen.
Es war seltsam, daß sich auf den Straßen niemand um uns kümmerte. Andererseits – zog man die Unruhe in Gafarden in Betracht – war es vielleicht auch nicht seltsam. Man schenkte uns einen Blick, senkte den Kopf und eilte weiter.
Trotzdem muß ich bei den sinnlichen Lippen und den strahlenden Augen der Jungfrau Katie vom See schon sagen, daß es sehr seltsam war, wenn ein Kerl, in dem ein Messer steckte, ein besinnungsloser Polsim, den ein ausländisch gekleideter Mann auf der Schulter trug, und eine nackte Frau, die notdürftig mit einem Umhang bekleidet war, in hellem Tageslicht umherspazieren konnten, ohne daß auch nur ein Passant eine Bemerkung machte. Sehr seltsam, bei Krun!
Da ich der ehemalige Herrscher von Vallia und nun angeblich der Herrscher der Herrscher war, der Herrscher von ganz Paz, konnten wir den Palast ohne Schwierigkeiten betreten. Deldar Nath Feringhim, der ausgesprochen pedantische Kommandant der diensthabenden Wachabteilung, bestand darauf, uns zu helfen. Wir gingen geradewegs zu meinem Arbeitsgemach, wo Zygon den Polsim kurzerhand auf den Boden warf und Ulana dann besorgt zum Sofa führte.
»Nath«, sagte ich scharf zu dem Kommandanten der Wache, »Doktor Lornrod der Umschlag, und zwar schnell!«
»Quidang, Majister!« Nath Feringhim ging genauso schneidig, wie er meinen Befehl bestätigt hatte. Kurze Zeit später kam der Arzt, schnalzte besorgt mit der Zunge und beugte sich über mein Messer. Zumindest kam mir das verdammte Ding mittlerweile so vor. »Nein, nein«, sagte ich gereizt. »Kümmere dich um die Dame.«
»Aber Majister ...«
»Die Dame. Sofort!«
Ulana setzte sich auf und hielt den rutschenden Umhang fest. »Majister – du bist verwundet ...«
Ich befahl ihr sehr geduldig, sich vom Arzt untersuchen zu lassen, um sicherzustellen, daß mit ihr alles in Ordnung war. Da sie sah, daß ich es ernst meinte, legte sie sich wieder hin, und der Arzt blickte ihr tief in die Augen und kontrollierte den Puls. Er setzte hier und da ein paar Akupunkturnadeln und richtete sich auf. »Jetzt ist alles in Ordnung mit der Dame, Majister.«
Dann kümmerte er sich um das verdammte Wurfmesser. Er flickte mich inmitten des ganzen Blutes und der Salben und der Verbände zusammen. Ich fühlte mich etwas besser. Seine Nadeln verbannten den Schmerz. Auf mich wartete Arbeit, und je schneller ich damit anfing, desto schneller wäre sie erledigt.
»Ulana. Was verlangte der elende Polsim von dir? Was solltest du sagen?«
Sie warf mir einen langen, nachdenklichen Blick zu. Ihre Augen waren bemerkenswert attraktiv, eine Tatsache, die Yavnin meiner Meinung nach nie bemerkt hatte.
»Daß Nath Swantram mich gebeten habe, die Angelegenheit Tralgan Vorner Prinzessin Didi und dem Herrscher vorzutragen.«
»Hat er dich denn nicht gebeten?«
»Keineswegs. Er beharrte entschieden darauf, daß wir es nicht täten.«
Ich nickte. Die Stücke des Puzzles setzten sich allmählich zusammen. Der Arzt und ein paar eilig herbeigerufene Zofen brachten Ulana in meine Gemächer. Sie würde bestimmt gut schlafen. Was mich anging, so gab es noch viel zu tun. Naghan Raerdu eilte herbei, als ich ihn zu mir befahl. Er runzelte die Stirn. »Ja, Jis. Das Dunkel lichtet sich.«
Ich berichtete ihm Ulanas letzte Worte, bevor man sie wegbrachte, und verspürte den kühlen Hauch einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe. »Naghan, sie sagte, sie werde sich an denjenigen rächen, die ihr das antaten.«
Der Unscheinbare rieb sich das Kinn. »Ja, Jis. Sie ist eine entschlossene Dame. Wenn sie herausfindet ... o ja, bei Vox, ich glaube ihr.«
Der Polsim rührte sich stöhnend. »Naghan. Könntest du ihn mitnehmen und herausfinden, was er weiß? Jemand hat ihn und diese schrecklichen Mütter der Verwüstung angeheuert.«
»Koter Naghan, ich werde dich über alles in Kenntnis setzen«, meldete sich Zygon zu Wort. »Und du, Pur Dray, sofort ab ins Bett!«
»Ganz meine Meinung.« Naghan hob den Polsim vom Boden auf. »Wir
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