Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gelten können. Darum wollte er Sie bitten, und ich tue es hier in seinem Namen, ihm doch einen Vorschuß zu zahlen, damit er das Geld für das Material entrichten kann.“
    Er blickte sie vom Kopf bis zu den Füßen an und sagte:
    „Ich werde ihm, wenn ich komme, das Geld bringen. Adieu!“
    Sie kehrte, innig vergnügt, nach oben zurück. Er ging wieder nach Hause. Als er sich dort umgezogen hatte, rieb er sich die Hände.
    „Zwei Fliegen, zwei Fliegen mit einer Klappe!“ meinte er. „Dieser Fels ist einer der geschicktesten Arbeiter. Ich kann ihn gebrauchen, wie keinen Zweiten. Aber unehrlich muß er erst gemacht werden! Jetzt endlich habe ich ihn in den Händen! Das habe ich ja mit dem Maschinenschwindel bezweckt. Er soll noch heute arretiert werden! Muß er sich dann einmal unter die Diebe zählen lassen, so erhält er keine Arbeit mehr und fällt mir zu! Und dieses dralle, kernige Mädchen! Ein Appetitsbissen! Ah! Also seine Geliebte! Dieser Kerl hätte sie mir gar noch weggeschnappt! Aber gerade ihre Liebe zu ihm soll sie mir in die Falle bringen! Es klappt alles so gut, daß ich zufrieden sein kann.“
    In der Mittagsstunde verließ er in einer anderen Kleidung wieder sein Palais und wendete sich einer der belebtesten Straßen zu, wo er in ein mechanisches und optisches Atelier eintrat.
    „Ist Herr Hartwig zu sprechen?“ fragte er.
    „Ich bin es selbst“, antwortete der Herr, welchen er gefragt hatte.
    Die Arbeiter waren alle zu Tisch gegangen, und darum pflegte der Prinzipal um diese Zeit stets selbst im Laden zu verweilen.
    „Womit kann ich dienen, mein Herr?“ fragte er.
    „Mir mit nichts; aber ich denke, daß ich Ihnen dienen kann.“
    „So, so! Haben Sie vielleicht etwas zu verkaufen?“
    „Nein, aber etwas zu zeigen. Hier, Herr Hartwig!“
    Er zog eine Polizeimarke aus der Tasche und zeigte sie vor.
    „Ah, Sie sind Detektiv?“ fragte der Ladenbesitzer.
    „Ja, wie Sie sehen! Arbeitet bei Ihnen ein gewisser Wilhelm Fels?“
    „Ja.“
    „Was ist das für ein Mensch?“
    „Es ist mein geschicktester und zuverlässigster Arbeiter.“
    „So, so! Hm, hm! Wirklich zuverlässig?“
    „Ja.“
    „Auch treu?“
    „Ich halte ihn dafür. Warum fragen Sie, mein Herr?“
    „Weil wir ihm schon längst wegen Dingen auf der Fährte sind, deren Erwähnung hier nichts zur Sache tut. Bei dieser Gelegenheit haben wir bemerkt, daß er Ihnen Material unterschlägt.“
    „Dazu halte ich ihn nicht für fähig.“
    „Überzeugen Sie sich! Er arbeitet nächtelang zu Hause und verkauft die Maschinen und Instrumente in seinem Interesse. Gerade jetzt hat er wieder eine Maschine dastehen, welche er für einen Engländer fertigt. Es ist nicht gut, wenn Prinzipale allzu vertrauensselig handeln. Es werden dadurch immer mehr unehrliche Menschen fertig, mit denen dann doch wir unsere Not bekommen.“
    „Herr, das ist viel gesagt!“
    „Aber es ist wahr! Ich hoffe, daß Sie diesem Schwindler das Handwerk legen, ehe er Ihnen noch größeren Schaden bereitet. Nachsicht und Milde ist da gar nicht angewandt.“
    „Sie sagen, er hat die Maschine zu Hause stehen?“
    „Ja. Sobald er vom Mittagessen zurück ist, können Sie hingehen und sich überzeugen.“
    „Das werde ich allerdings tun. Ich hoffe, daß ich ihn schuldlos finde, hat er mir aber wirklich Material unterschlagen, so lasse ich ihn ohne alle Nachsicht bestrafen. Ich kann nur ehrliche Leute bei mir beschäftigen, sonst ist es um die Ehre meiner Firma geschehen.“
    „Da haben Sie sehr recht! Adieu!“
    „Leben Sie wohl, und meinen Dank für die Warnung.“
    Um ein Uhr kehrte Wilhelm Fels von seiner Mutter zurück und begann seine Arbeit von neuem. Niemandem fiel es auf, daß der Prinzipal ausging. Das kam ja öfters vor. Er begab sich nach der Wasserstraße Elf, wo man ihn persönlich gar nicht kannte. Die Blinde war allein zu Hause.
    „Ist Herr Fels da?“ fragte er.
    „Nein. Was wünschen Sie?“
    „Ich wollte ihm eine Privatarbeit in Auftrag geben. Nimmt er dergleichen an?“
    „Sehr gern, mein Herr. Könnten Sie nicht heute abend wiederkommen?“
    „Das ist möglich. Aber lieb wäre es mir, eine Arbeit von ihm zu sehen. Hat er nicht so etwas hier?“
    „O ja. Draußen in der Kammer steht eine Maschine, welche er für einen Engländer anfertigt.“
    Der Mechanikus betrachtete sich die Maschine, erkannte sein Material und ging. Aber er ging nicht direkt nach Hause, sondern auf die Polizei, wo er sich einen Wachtmeister mitnahm. Eine Stunde später

Weitere Kostenlose Bücher