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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dichtes Gebüsch geschafft und die blutige Stelle unkenntlich gemacht; dann verließen die beiden den Fußweg, auf welchem sie leicht jemandem begegnen konnten, und drangen vorsichtig querwaldein nach der Schlucht vor.
    Sie glaubten natürlich, daß der Tote von den Grenzern erschossen worden sei, und hatten keine Ahnung, daß ihn die Kugel eines der ihrigen getroffen habe. Die beiden Pascher, deren Worte Gustav Brandt auf den Baron von Helfenstein bezogen hatte, waren, von Rachegedanken gegen ihren flüchtenden Anführer erfüllt, auf denselben gestoßen, und der eine hatte ihn von hinten niedergeschossen.
    Als der Schmied mit seinem Sohne in der Nähe der Tannenschlucht angekommen war, wo beide nun ihre Vorsicht verdoppeln mußten, hörten sie plötzlich seitwärts menschliche Stimmen sprechen.
    „Komm!“ flüsterte der Vater. „Wir müssen sehen, wer das ist. Aber leise, ganz und gar leise!“
    Sie bückten sich auf den Boden nieder und krochen vorwärts, der Schmied voran und sein Sohn hinter ihm her. Bereits nach kurzer Zeit hielt der erstere inne und winkte, vorwärts zeigend, seinen Sohn zu sich heran. Dieser gehorchte, und beide erblickten, nur wenige Schritte von ihnen getrennt – den Baron Franz von Helfenstein, der soeben nach einem Doppelgewehr griff, welches an einem Baume lehnte. Er untersuchte, ob es geladen sei, blickte vor sich zwischen den Bäumen hindurch und schien leise vor sich hin zu murmeln.
    „Der hat etwas vor! Vielleicht gar etwas Schlimmes!“ flüsterte der Schmied.
    „Wollen wir hin zu ihm, um ihn zu hindern?“
    „Unsinn! Noch wissen wir ja gar nicht, was er beabsichtigt. Und selbst wenn er Böses im Schilde führt, was geht es uns an? Ich wenigstens mag mich auf keinen Fall hier sehen lassen. Paß auf! Alle Teufel! Er zielt; er schießt!“
    Ein Schuß krachte; der Todesschrei des Hauptmanns erscholl; der zweite Schuß fiel; dann warf der Baron das Gewehr von sich und sprang davon, kaum acht Schritte von den beiden Lauschern.
    „Herrgott, Vater, er hat einen erschossen!“ stieß der Sohn hervor, lauter, als es mit ihrer Lauscherei im Einklang stand.
    „Pst! Um Gottes willen, still!“ antwortete der Schmied. „Da kommt einer! Ah, der Brandt! Es war sein Gewehr. Er hebt es auf. Er blickt sich um. Wenn er uns bemerkt, wird er denken, daß wir es gewesen sind. Doch nein; er eilt retour. Wir müssen sehen, wen die Kugeln getroffen haben. Komm weiter vor, aber unendlich vorsichtig!“
    Sie schoben sich in kriechender Stellung leise, leise weiter, bis sie den Unglücksplatz überblicken konnten. Da lag der tote Hauptmann; in seiner Nähe kniete Brandt am Boden und liebkoste die ohnmächtige Alma, welche er in seinen Armen hielt. Und seitwärts kam – war es möglich! – der Baron, der Mörder herbei. Er überblickte die Szene. Ein teuflisches Lächeln überflog sein Gesicht. Er griff in seine Tasche und zog etwas hervor; es schien ein Schlüssel zu sein. Mit einigen raschen, unhörbaren Schritten näherte er sich von hinten dem vor Bestürzung gar nicht auf die Umgebung achtenden Förstersohn und steckte ihm mit der Geschwindigkeit eines Jongleurs den Schlüssel in die Tasche. Dann trat er zurück und eilte in der Richtung nach der Tannenschlucht davon.
    Da faßte der Schmied seinen Sohn am Arm und zog ihn davon. Erst in weiter Entfernung hielt er an:
    „Höre, Junge“, sagte er, „du wirst denken, daß wir Anzeige machen müssen?“
    „Natürlich!“ antwortete der Sohn.
    „Was fällt dir ein. Das, was wir gesehen haben, kann uns ungeheuren Nutzen bringen, wenn wir uns nicht hineinmengen. Der Baron hat den Hauptmann erschossen; das haben wir gesehen. Er hat Brandt einen Schlüssel in die Tasche gesteckt. Wozu? Das wissen wir nicht; aber ich denke, daß wir es erfahren werden. Es handelt sich hier um eine geheimnisvolle Tat, welche wir auszunützen suchen müssen, und das können wir nur dann, wenn wir abwarten, was nun noch weiter geschehen wird.“
    „Meinetwegen, mir ist alles recht. Gehen wir nun nach der Schlucht?“
    „Nein; auf keinen Fall. Wenn wir riskieren, gesehen zu werden, begeben wir uns jetzt in eine doppelte Gefahr. Komm nach Hause. Das ist das Klügste, was wir tun können. Du kannst dann nach dem Schloß gehen, um der Ella heimlich mitzuteilen, was mit ihrem Bruder geschehen ist.“
    Sie eilten davon, dem Dorf entgegen.
    Die beiden Schüsse waren noch von anderen gehört worden. Zu den Grenzern, welche in der Schlucht die Gefallenen und die erbeuteten

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