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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß er nicht mehr allein mit ihr sei und daß dieser Ausbruch der Bestürzung und Liebe Zeugen gefunden hatte.
    Es gab nämlich in Dorf Helfenstein eine Schenke, deren Besitzer, der Schmied des Ortes, ein heimlicher Verbündeter der Schmuggler war. Er und sein Sohn, beide kräftige Riesengestalten, waren ebenso schlau und vorsichtig, wie unternehmend. Sie machten die Hehler und pflegten sich nur dann bei einem Paschergang mit zu beteiligen, wenn sie überzeugt sein konnten, daß keine Gefahr vorhanden sei. Nicht etwa, als ob sie die Gefahr fürchteten, o nein; aber sie brachten die Größe derselben in Vergleichung zu der Wahrscheinlichkeit, sie zu bestehen. Sie hatten, beide allein, oft mehr gewagt, als alle anderen; aber sie waren niemals ergriffen worden, ja kaum einmal in einen nennenswerten Verdacht geraten.
    Auch sie waren aufgefordert worden, sich an dem letzten Unternehmen zu beteiligen; sie hatten zugesagt, aber ihre Zusage noch im letzten Augenblick zurückgenommen, als sie hörten, daß Gustav Brandt angekommen sei.
    Die von verschiedenen Seiten herbeigekommenen Pascher hatten sich, ehe sie sich in den Wald begaben, in einer Hinterstube der Schenke zusammengefunden. Dort war von dem Bruder der Zofe erzählt worden, daß er Brandt getroffen und was er mit ihm gesprochen habe. Da hatte der Schmied sofort gemeint:
    „Hört, ich mache heute nicht mit und rate euch, den Gang auf eine andere Zeit zu verschieben. Der Brandt ist schlau, aber noch jung und wohlwollend. Was er gesagt hat, das hat vielleicht eine versteckte Warnung sein sollen. Und wäre dies auch nicht der Fall, so klingt aus seinen Worten eine Siegesgewißheit, welche mir zu denken gibt. Es scheint mir, daß er auf irgendeine Weise von unserem Unternehmen Wind bekommen hat. Ihr wißt, daß ich mich nicht fürchte; aber ich begebe mich auch nicht in eine Gefahr, die ich gar nicht kenne. Ich verzichte für heute!“
    Man redete ihm zu, aber er blieb fest, und sein Sohn schloß sich seiner Meinung an. Daher kam es, daß die beiden daheimblieben, als die anderen aufbrachen; aber die Sorge um den Ausgang des Unternehmens ließ die beiden nicht schlafen. Sie begaben sich mit Anbruch des Tages in den Wald, um in der Gegend der Tannenschlucht nach Anzeichen zu suchen, aus denen sie darauf schließen konnten, ob die Schmuggelei geglückt sei oder nicht. Vorher gingen sie nach dem Gut, welches dem Bruder der Zofe gehörte, der ja den Anführer machte. Er war unverheiratet. Sie weckten einen Knecht und erfuhren, daß sein Herr noch nicht wieder zurückgekehrt sei. Das war ein schlimmes Zeichen.
    Sie sollten aber bald deutlicher sehen, wie klug sie getan hatten, sich nicht anzuschließen. Sie hatten kaum den Wald erreicht und waren, einem schmalen Fußpfad folgend, nur wenige Schritte in denselben eingedrungen, so sahen sie einen Menschen am Boden liegen, in welchem sie sogleich den Anführer erkannten.
    „Donnerwetter!“ rief der Schmied, ganz bestürzt stehenbleibend. „Der ist tot! Wer in einer solchen Blutlache liegt, der hat kein Leben mehr. Wollen einmal sehen!“
    Sie bückten sich nieder, um die Leiche zu untersuchen.
    „Die Kugel hat ihn von hinten getroffen“, meinte der Sohn. „Er ist verfolgt und auf der Flucht erschossen worden!“
    „Ja, ja; das ist richtig! Das hat man davon, wenn man den Rat eines Vernünftigen nicht befolgt. Ein Glück, daß er weder Frau noch Kinder hat! Was aber wird seine Schwester sagen!“
    „Pah! Sie wird ihn beerben!“
    „Trotzdem! Sie hat große Stücke auf ihn gehalten und uns so manchen guten Wink gegeben. Sie wird dem Brandt Rache schwören, weil er der eigentliche Urheber dieses Unglückes ist.“
    „Was tun wir mit der Leiche? Schaffen wir sie nach Hause?“
    „Fällt uns gar nicht ein! Das wäre ja die größte Dummheit, welche wir begehen könnten! Wir würden in Verdacht kommen, von dem Unternehmen gewußt zu haben oder gar dabei gewesen zu sein. Das müssen wir vermeiden. Auch von diesem hier braucht man nicht gerade zu wissen, wobei er umgekommen ist. Wir tragen ihn in das Dickicht, wo man ihn nicht leicht findet, bestreuen die blutige Stelle hier mit Baumnadeln, die ja in Masse hier liegen, und machen seiner Schwester heimlich Meldung. Später entdeckt man die Leiche, und dann mag man über die Ursache seines Todes denken, was man will. Uns geht es nichts mehr an. Komm, greife mit an! Dann schleichen wir uns nach der Tannenschlucht. Sehen darf uns aber niemand.“
    Die Leiche wurde in ein

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