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600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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weiß nicht, über wen ich mich beschweren soll.
    Über mich, weil ich Joy vertrieben habe? Über den Winzer des Gewürztraminers, weil er mich zum Rülpsen gebracht hat? Über Joy, weil sie zu spät gekommen ist und überreagiert hat? Über mich, weil ich denke, dass sie überreagiert hat?
    Mir fehlt gerade der Durchblick für einen Beschwerdebrief.
    Das Onlinedating hat alles kaputtgemacht, worauf ich mich immer verlassen konnte.

SAMSTAG, 25. OKTOBER
    Dies sind die heutigen Daten:
    Aufwachzeit: 7:37 Uhr (das siebzehnte Mal in diesem Jahr, das bisher 299 Tage hatte, weil es ein Schaltjahr ist).
    Gestrige Höchsttemperatur: sechs Komma fünf Grad.
    Gestrige Tiefsttemperatur: minus vier Komma fünf Grad.
    Heutige Vorhersage der Höchsttemperatur: neun Grad.
    Aber wie Sie inzwischen wissen, sind Vorhersagen bekanntermaßen unzuverlässig. Ich werde vorzugsweise wieder auf die Tatsachen warten.
    Eine Tatsache steht fest: Ich hasse Onlinedating.

    Nach dem Frühstück logge ich mich ein letztes Mal bei
Montana Personal Connect
ein, um mein Konto zu löschen, und sehe Folgendes:
    Posteingang (1).
    Ich klicke auf den Link.
    Edward,
    ich will das du weißt, dass es für mich bei dir nicht »gefunkt« hat. Ich kann es nicht wirklich erklären aber ich hatte das Gefühl, dass wir nicht kompatabel sind weil ich im Bin 119 fand das du dich nicht wirklich für mich interessiert hast. Als ich erzählte wie mein Onkel mich adoptiert hat, hast du gesagt »Ich hab gerülpst« und dann überhaupt nichts zu denwas ich erzählt hab, damit du mich kennenlernen kannst. Ich hab mich isoliert gefühlt und das gefällt mir nicht. Ich will damit nicht sagen das wir keine Freunde sein können aber wir können nicht zusammensein. Das ist eine andere Ebene und die fühl ich nicht mit dir.
    Ich kann nicht wirklich den Finger drauf legen und dies ist nur ein schlechtes Beispiel für dass was ich eigentlich sagen will, aber ich bin ein sehr intuitiver, empfindsamer (offensichtlich), sinnlicher und »musischer« Mensch, und du bist mehr der »Fernsehtyp« und nicht so sehr was davon … und ich hab schon Männer kennengelernt die das sind, und ich such mehr nach solchen weil ich mich bei Gärtnern öffne und aufblühe und auf diese Weise will ich leben.
    Als du von Sex geredet hast, hat mich das auch furchtbar gestört aber das kann ich dir vielleicht verzeihn, weil du sicher auch nervös warst wegen den Treffen. Ich wars auf jeden Fall.
    Jedenfalls sind das meine Gedanken die ich dir voller Respekt mitteile und hoffe dass du es als Geschenk ansiehst – überhaupt was zu teilen ist ein Geschenk – und ich hoffe das du auch so damit umgehst. Aber das liegt allein an dir.
    Ich seh einfach nicht, dass wir mehr sind als Freunde aber weil wir so weit auseinander wohnen kann ich mir das eigentlich auch nicht vorstellen.
    Tut mir leid.
    Joy
    Ich notiere solche Daten nicht, aber sicher ist 9:12 Uhr die früheste Zeit, zu der ich je einen Beschwerdebrief geschrieben habe. Ich bereite einen neuen grünen Aktenordner vor, klemme einen Karteireiter mit »Joy« daran fest und setze mich zum Schreiben an den Computer.
    Joy,
    vielen Dank für Deine E-Mail vom fünfundzwanzigsten. Bitte gestatte mir eine Antwort.
    Erstens weiß ich nicht, was das mit dem »gefunkt« heißt. Zweitens habe ich von dem Wein gerülpst, den ich noch nie getrunken habe und, wie Du sagtest, unbedingt probieren müsse.
    Drittens hast Du »kompatibel« falsch geschrieben.
    Viertens musst Du lernen, wie man Kommata setzt.
    Fünftens habe ich Dir zugehört.
    Sechstens weiß ich nicht, was ein »Fernsehtyp« ist.
    Siebtens fühlt sich Deine Mail nicht gerade wie ein Geschenk an.
    Achtens: Warum schreibst Du, wir könnten nicht mehr als Freunde sein, aber das dann eben auch nicht? Das ergibt keinen Sinn.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Edward
    Ich drucke den Brief aus, ordne ihn ein, setze mich wieder an den Computer, gehe erneut auf
Montana Personal Connect
und sehe Folgendes:
    Posteingang (1).
    Edward,
    ich habe große Erwartungen für uns gehabt. Wirklich. Männer in Broadview zu finden ist so schwer weil es nur eine begrenzte Anzahl netter Lokahle gibt und ich immer jemand bekanntes treffe. Ich lebe sehr zurückgezogen und deshalb will ich nicht das man mich überall in der Stadt sieht und Gerüchte aufkommen. Außerdem wollte ich dir gestern Abend was sagen aber ich habs nicht gemacht und finde das sollte ich jetzt: Mein Vorname ist eigentlich Annette. Ich wollte nur nicht

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