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600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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das halb gegessene Sorbet, das ungebratene Steak und alle Mikrowellen-Diätgerichte, die ich gekauft habe. Ich hätte es besser wissen müssen und nicht meine Routine ändern sollen. Die einzig lohnenden Dinge im Leben sind die, auf die man sich verlassen kann. Veränderungenbringen Ungewissheit. Veränderungen bringen Chaos. Und das ist etwas, das ich nicht gebrauchen kann.

    Die heutige Folge von
Polizeibericht
heißt »Jaderaub in Bel Air«. Es ist die zehnte Folge der ersten Staffel in Farbe und eine meiner Lieblingsfolgen.
    In »Jaderaub in Bel Air«, das zum ersten Mal am 23. März 1967 gesendet wurde, werden Sergeant Joe Friday und Officer Bill Gannon bestellt, um den Diebstahl von Jadearbeiten im Wert von fast 200.000 $ aus dem Safe einer reichen Frau zu untersuchen. Selbst heute sind 200.000 $ eine Menge Geld, aber 1967 war das eine riesige Summe, etwa so viel wie heute 1,2 Millionen Dollar.
    Während Sergeant Joe Friday und Officer Bill Gannon ermitteln, bemerken sie, dass viele Dinge, die die reiche Frau, Francine Graham, ihnen erzählt hat, keinen Sinn ergeben. Sie stellen weitere Nachforschungen an und entdecken, dass Francine Graham schon vor langer Zeit viele der Stücke verkaufte, die sie als gestohlen gemeldet hat. Als sie ihr dies auf den Kopf zusagen, beichtet sie und erzählt, sie habe nach dem Tod ihres Mannes keinerlei Geld aus einer Versicherung erhalten und auch sonst kaum etwas geerbt. Um ihren Lebensstil halten zu können, hat sie dann nach und nach die Jadesachen verkauft, bis es nicht mehr ging.
    Ich sehe diese Folge, seit ich sie im Jahr 2000 aufgezeichnet habe, viermal pro Jahr, und auch davor habe ich sie schon oft gesehen, wobei ich damals noch nicht mitgezählt habe. Aber heute macht mir diese Folge zum ersten Mal Sorgen.
    Wie der Mann von Francine Graham ist mein Vater tot. Anders als Francine Grahams Mann hat mein Vater meiner Mutter keine Jade hinterlassen, mit der sie ihren Lebensstil halten kann.

    Als
Polizeibericht
vorbei ist, gehe ich in mein Schlafzimmer, hole fünf dicke grüne Aktenordner und einen weniger prall gefüllten hervor und trage sie nach nebenan, wo mein Schreibtisch und mein Computer stehen. Ich verbringe einige Minuten mit Zählen, Sortieren und Durchblättern der einzelnen Briefe und halte gelegentlich inne, um einen zu lesen. Dann schalte ich den Rechner ein und öffne das Programm
Microsoft Word
, um einen Brief zu schreiben.
    Lieber Vater,
    dies ist der letzte Brief, den ich an Dich schreibe. Selbst wenn ich meine Beschwerdebriefe abschicken würde, was ich seit dem »Garth-Brooks-Debakel«, wie Du es nennst, nicht mehr getan habe, würde dieser keinen Poststempel bekommen. Dort, wohin du gegangen bist, gibt es keine Post.
    Ich habe 178 Beschwerdebriefe über die letzten acht Jahre an Dich verfasst. Dieser hier ist Nummer 179, und er unterscheidet sich in einem Punkt erheblich von den anderen: Die Beschwerde betrifft mich und nicht Dich. Ich habe nie einen Weg gefunden, Dich stolz auf mich zu machen, und ich denke, ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich aufgehört, es zu versuchen. Als Du noch hier warst, habe ich Dir dafür die Schuld gegeben. Jetzt denke ich, die Schuld liegt bei mir.
    Die 178 vorangegangenen Beschwerdebriefe sind voller Entrüstung über Situationen, bei denen Du mich gekränkt oder missachtet hast und ich mich hinterher schlecht gefühlt habe, und während ich mich an viele der Ereignisse erinnern kann und mich im Recht fühle wegen der Dinge, die ich geschrieben habe – was bedeutet das jetzt noch? Du bist tot. Ich bin hier. Ich dachte, dass wir eines Tages vielleicht eine Übereinkunft erzielen. Das wird nun nie mehr geschehen. Dies sind Tatsachen, und ich akzeptiere sie. Ich habe immer gesagt, dass ich Tatsachen bevorzuge, und das bedeutet, dass ich sie auch an einem Tag wie heute bevorzugen muss.
    Hätte ich gewusst, dass es so enden würde, hätte ich Dich gestern im Büro von Jay L. Lamb nicht geärgert. Mir fällt auf, dass der Tod eine komische Sache ist – nicht komisch im Sinne von lustig, sondern im Sinne von skurril. Es sind die Menschen, die zurückbleiben, die mit der Reue fertigwerden müssen. Derjenige, der tot ist, ist einfach weg. Ich finde das nicht fair. Wo immer Du auch bist, Vater, ich hoffe, Du bereust ebenfalls, was gestern passiert ist.
    Ich beende diesen Brief in der Hoffnung, dass Du Vorsorge für Mutter getroffen hast, nun, da Du nicht mehr da bist. Sie vermisst Dich. Das ist auch eine Tatsache. Sie

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