600 Stunden aus Edwards Leben
mich sowieso nicht von Jay L. Lamb berühren lassen wollen.
»Edward«, sagt er, nickt in meine Richtung und bedeutet mir, Platz zu nehmen. Während ich mich hinsetze, kehrt er hinter seinen Schreibtisch zurück und sinkt in den großen Bürosessel, der viel bequemer aussieht als die Stühle meiner Mutter und mir.
»Also«, sagt er und schlägt die Hände zusammen, »wir sind hier, um Teds Nachlass zu besprechen und wie er aufgeteilt wird. Maureen, du bist natürlich schon informiert, da du seine Ehefrau warst. Edward, Ihnen werde ich es erklären, und bitte fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen können.«
»Ich bin in meiner emotionalen und sozialen Entwicklung beeinträchtigt, Mr Lamb. Ich bin nicht blöd.«
Jay L. Lamb sieht mich einen Moment lang verblüfft an, dann lächelt er verkniffen. »Ja, natürlich. Fangen wir an, oder?«
Mein Vater ist reich – richtig reich. Sie wären schockiert, wenn ich Ihnen erzählen würde, wie reich, und deshalb erzähle ich es Ihnen:
Mein Vater hat geschätzte 27,85 Millionen Dollar an Vermögenswerten – das heißt Aktien, Ersparnisse, Pensionen und dergleichen, wie Jay L. Lamb erklärt –, und dabei sind das Haus und die Autos und das Boot und die Ferienhütte am Holter Lake noch nicht eingerechnet. Wie Jay L. Lamb erklärt, besaß mein Vater ein beeindruckend gutes Händchen dafür, zur rechten Zeit Investitionen zu tätigen und wieder abzustoßen. Er verließ das Ölgeschäft, bevor es in den Achtzigern den Bach runterging. In den Neunzigern investierte er stark in die Internet- und Mobiltelefontechnologie und schichtete die Aktien wieder um, bevor 2001 die Blase platzte. Er kaufte von an Anfang an viele Google-Aktien, die ihm bis heute Gewinne einfahren. Wie es scheint, war mein Vater ein ebenso guter Geschäftsmann wie Politiker.
Jay L. Lamb erklärt, das gesamte Vermögen gehe an meine Mutter über, da sie direkte Erbin meines Vaters sei. »Das Geld, die Aktien, das Haus, die Autos«, sagt er.
»Ich habe meinen Mercedes«, erwidert meine Mutter. »Ich brauche den Cadillac nicht auch noch.«
»Trotzdem gehört er dir, frei von jeglichen Belastungen«, sagt Jay.
»Aber ich brauche ihn nicht. Edward, möchtest du den Cadillac deines Vaters haben?«
»Na ja, mein Toyota Camry wurde von einem unachtsamen Fahrer vor der
Rimrock Mall
beschädigt.«
»Dann ist es abgemacht. Der Cadillac gehört dir.«
»Wenn du das so möchtest«, sagt Jay L. Lamb.
»Genau so möchte ich es«, antwortet meine Mutter.
»Okay, reden wir über Edward«, fährt Jay L. Lamb fort. »Als Ted das Haus an der Clark Avenue kaufte, tat er das auf seinen eigenen und auf deinen Namen, Maureen. Das Haus geht also auf dich über. In Teds Testament steht, dass du und Edward nun eine Eigentumsübertragungunterschreiben müsst, in dem Edward als Miteigentümer eingetragen ist.«
»Was bedeutet das?«, will ich wissen
»Das bedeutet im Kern, dass, wenn Ihre Mutter stirbt, das Haus an Sie übergeht.«
»Dann ist es jetzt mein Haus?«
»Ihres und das Ihrer Mutter, ja.«
»Es bedeutet, Edward«, sagt meine Mutter, »dass du so lange in dem Haus wohnen kannst, wie du möchtest.«
Jay L. Lamb erklärt, mein Vater habe auch eine Lebensrente für mich festgesetzt, die hoch genug sei, um den Unterhalt für den Rest meines Lebens zu sichern. Meine Rechnungen werden weiterhin an Jay L. Lambs Büro gehen, und er wird meine Rente verwalten und meine Kosten begleichen.
»Sie müssen natürlich ein Budget einhalten«, sagt Jay L. Lamb. »Aber Sie haben genug in Reserve, falls Sie das Budget einmal überschreiten.«
»Wie viel Reserve?«, will ich wissen.
»Fünf Millionen Dollar.«
Dann erklärt Jay L. Lamb, was mit dem Geld passiert, wenn meine Mutter stirbt – dass ein Teil davon an mich geht, ein Teil Steuern sind und ein Teil am besten gespendet werden sollte, solange meine Mutter noch lebt, damit die Steuerlast gemindert werde, aber ich höre nicht mehr richtig zu. Fünf Millionen Dollar sind mehr Geld, als ich je brauchen werde, denke ich.
Nachdem Jay L. Lamb alles Finanzielle erklärt hat, fragt er, ob ich noch Fragen hätte.
»Ja«, antworte ich. »Meine Mutter sagt, ich kann so lange in dem Haus an der Clark Avenue wohnen, wie ich möchte. Heißt das, die Vereinbarung gilt jetzt nicht mehr?«
»Wovon sprichst du?«, fragt meine Mutter.
»Ich … ich glaube …«, stammelt Jay L. Lamb, und das habe ich bei ihm noch nie erlebt.
»Letzte Woche, bevor Vater starb,
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