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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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Geschichte herauszulesen.
    Audrey entdeckte die Zeichnung eines Clowns mit Luftballons in den Händen (die Luftballons waren nicht ausge-malt, doch Audrey wusste auch so, dass sie gelb waren). Eine der Geschichten an der Wand war die ihres Sohnes Eugene … Die Beine gaben unter ihr nach, und sie sank zu Boden. Das Vorführgerät spielte weiter seine liebliche Melodie, die fröhlichen Figuren drehten über ihr an der Decke ihre Run-den.
    Eine andere Zeichnung zeigte eine Frau und einen kleinen Jungen neben einem Riesenrad. Auf der nächsten Zeichnung hatte sich der Clown mit den Luftballons neben sie gestellt. Auf der dritten Zeichnung erschien die Frau, Audrey, nicht mehr (sie hatte ihren Sohn eine halbe Minute lang aus den Augen gelassen – so lange hatte sie gebraucht, um Eugene Zuckerwatte zu kaufen).
    Audrey weinte. Warum nur hatte sie jene verfluchte Zuckerwatte kaufen müssen? Eugene wäre noch bei ihr, wenn sie ihn nicht aus den Augen gelassen hätte. Er hätte keine Gelegenheit gehabt, mit einem Fremden – dem Clown mit den gelben Luftballons – mitzugehen. Audrey betrachtete die vier-te Zeichnung. Der kleine Junge und der Clown saßen in ei-nem Auto. Beide lächelten. Die fünfte Zeichnung war die vorletzte. Ein zu einem Viertel zunehmender Mond und fünf Sterne beleuchteten eine ländliche Gegend mit einem Fluss und mehreren Bäumen. Man sah weder den kleinen Jungen noch den Clown, doch die gelben Luftballons waren an ei-nem Zaun angebunden. Audrey zwang sich, die letzte Zeichnung genau zu betrachten. Durch den Tränenschleier erkannte sie sie nur undeutlich. Erneut war das Innere eines Autos abgebildet. Diesmal war der Clown allein.

28
    Boston
    Albert Cloister setzte sich auf eine Bank in der protestanti-schen Trinity Church in der Saint James Avenue. Er wollte nicht ins Jesuitenkolleg zurück. Er wollte an einem Ort des Gebets bleiben und die Lebensenergie anderer Menschen spü-ren, die wie er selbst ihre Bitten an den Herrn richteten. So sehr er sich auch bemüht hatte, die Bedeutung der Zahl 4-45022-4 aufzudecken, es war ihm bisher nicht gelungen. Das Buch, zu dem diese Nummer gehörte, sollte sich ja weit weg von Boston in der Nähe seiner spirituellen Heimat befinden, an einem Ort, den er gut kannte. An einem Ort, an dem er zum ersten Mal Kenntnis von dem Wesen erhalten hatte.
    Seine spirituelle Heimat, das könnte Rom sein, oder vielleicht auch Chicago. In Chicago war er einst zu Hause gewesen, dort hatte er sich auch entschieden, den Weg Gottes ein-zuschlagen. In Rom hingegen saßen der Papst und die Wölfe Gottes, dort befand sich die Einsatzzentrale für seine Arbeit als Priester wie auch für seine Tätigkeit als Ermittler bei paranormalen Vorfällen. Im Augenblick allerdings saß dieser spezielle Wolf im Dienste des Allmächtigen im Mittelschiff einer pro-testantischen Kirche mitten in Boston und grübelte über ei-nem Rätsel, das er nicht verstand. Oder könnte es sein, dass …?
    Plötzlich schoss ihm eine Idee durch den Kopf. Die Nummer musste die Signatur eines Buches sein. Eine Signatur, aber … aus welcher Bibliothek? Wo hatte er solche Nummern schon gesehen, in der Nähe seiner geistigen Hei-mat? Gleich würde er darauf kommen, er spürte die Lösung bereits wie ein elektrisches Summen.
    Natürlich! Solche Signaturen verwendete man in der spanischen Nationalbibliothek in Madrid.
    Das passte zu dem, was das Wesen gesagt hatte. Madrid be-fand sich in der Nähe seiner spirituellen Heimat, dem Vatikan; in der Provinz Ávila, die an die Provinz Madrid angrenz-te, lag das kleine Dorf Horcajo de las Torres, wo er den Satz »DIE HÖLLE IST ÜBERALL« zum ersten Mal erblickt hat-te. Und die spanische Nationalbibliothek war dem Priester wohlvertraut, denn in diesem Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert hatte er als registrierter Wissenschaftler viele Stunden mit der Durchsicht von Aktenbündeln und Manu-skripten, Kodizes und alten Urkunden verbracht. Er hatte Freundschaft mit dem Leiter der Pressestelle, Cecilio Gracia, geschlossen, einem gebildeten, scharfsinnigen Mann mit gro-ßem Herzen und rascher Auffassungsgabe. Ihn würde er anrufen, um sich seine Vermutung bestätigen zu lassen.
    Cloister sah auf die Uhr. Es war halb zwei. In Madrid wäre es jetzt früher Abend – halb sieben oder halb acht, er wusste nicht mehr, ob es in Spanien fünf oder sechs Stunden später war als in Boston. Jedenfalls konnte er im Büro seines Freundes anrufen und darauf hoffen, dass er noch

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