Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
Vom Netzwerk:
ernsthaft befassten. Deshalb war Cloister nicht über die Tatsache an sich überrascht, dass sein Diktiergerät in der Krypta etwas aufgezeichnet hatte, sondern über den Inhalt. Es hatte sich ein Weg der Kommunikation mit einem fremden Wesen aufgetan. Das konnte kein Echo aus vergangenen Zeiten sein. Es war eine intelligente Stimme, und sie sprach aus einer anderen Dimension zu ihm.
    Nachdem er die anfängliche Erschütterung überwunden hatte, bestand der logische nächste Schritt in dem Versuch, das Ereignis zu wiederholen, wobei er es diesmal jedoch aktiv steuern wollte. Es hatte viele Fälle von Tonbandstimmen gegeben, die Antworten auf konkrete Fragen der Forscher darstellten. Sein Laptop war noch immer eingeschaltet, allerdings hatte er auf Stand-by-Betrieb gewechselt. Cloister aktivierte ihn wieder und öffnete ein neues Dokument, das er mit »GE-SPRÄCHE« betitelte. Darin schrieb er die Fragen auf, die ihm für einen Testversuch einfielen. Diese Fragen würde er später in der Krypta laut aussprechen, wenn das Diktiergerät lief. Falls er richtig lag – und daran hegte er keinen Zweifel –, würde das Wesen darauf antworten. Die Unterhaltung war eröffnet. Er wusste nicht, wohin ihn dies führen würde, doch wie das Wesen selbst gesagt hatte, er wollte die Wahrheit erfahren. Er musste die Wahrheit erfahren.
    Erneut hörte er sich an, was die Stimme ihm vermittels des Geräts zuflüsterte. Der Tonfall war gelassen, vielleicht eine Spur ironisch. Allein die Stimme flößte ihm Entsetzen ein.
     
    Du bist schon hier? Ich habe dich erwartet. Ich freue mich sehr, dass du gekommen bist. Wirst du mein Freund sein? Ich weiß, dass du mich kennenlernen willst. Du kannst gar nicht anders. Du willst die Wahrheit erfahren, und ich kenne sie.

23
    Fishers Island
    Audrey sah nochmals nach, ob jemand aus dem Haus kam. Seit dem Morgengrauen versteckte sie sich zwischen den Bäumen. Sie hatte im Auto geschlafen, nicht weit von hier, halb verborgen von der dichten Vegetation. Sie hatte nicht gewagt, die Heizung die Nacht über eingeschaltet zu lassen, und entsetzlich gefroren. Daher hatte sie immer nur kurze Zeit geschlafen und war stets abrupt aufgewacht. Einmal – um fünf Uhr morgens – war Audrey einem unwiderstehlichen Impuls gefolgt, den sie hinterher bereut hatte. Sie hatte zum ersten Mal seit ihrer Abfahrt aus Boston ihr Handy eingeschaltet und Joseph Nolan angerufen, den freundlichen, tapferen Feuerwehrmann, der ihr Stütze und Trost gewesen war. Er war ne-ben Mutter Victoria das Beste, was ihr seit Eugenes Verschwinden widerfahren war. Joseph hatte erst nach einer ge-raumen Weile abgenommen. Kein Wunder. Um diese Uhrzeit musste Audreys Anruf ihn geweckt haben. Schließlich hatte sie ein verschlafenes »Ja, bitte?« am anderen Ende der Leitung gehört. Beim Klang seiner Stimme war Audrey von Sehnsucht und Zärtlichkeit ergriffen worden. Sehnsucht nach dem, was nie geschehen würde. »Es hätte funktionieren können, Jo-seph«, hatte Audrey zu ihm gesagt. »Ich hätte dich lieben kön-nen.« Sie liebte ihn bereits. Das war die Wahrheit. Doch Aud-rey hatte sich nicht überwinden können, ihm das zu sagen. Sie hatte ihm auch keine Zeit gelassen, zu antworten. Abrupt hat-te sie aufgelegt und ihr Telefon wieder ausgeschaltet.
    Das Leben auf der Insel Fishers Island kam erst allmählich wieder in Gang. Das galt auch für Anthony Maxwell, den Mann, der Daniel zufolge Audrey im Vergnügungspark auf Coney Island ihren Sohn geraubt hatte. Maxwell war der Besitzer des Hauses, das sie überwachte, eines hübschen Gebäu-des aus unbearbeitetem Holz mit Klinkern, das am Treasure Pond – dem Schatzteich – lag. Trotz des Namens hatte Maxwell das Geld für den Kauf dieses Hauses sicher nicht in die-sem Gewässer gefunden …
    »Was du tun sollst und was nicht, lernst du rasch mit Bob-by Bop«, murmelte Audrey zerstreut.
    Der Satz ging einem nicht mehr aus dem Kopf, das musste man sagen. Das ärgerte Audrey, denn der Satz stammte von Maxwell. Zu ihrem Entsetzen hatte sie herausgefunden, dass er ein berühmter Kinderbuchautor war. Seine im Lauf der letzten drei Jahre geschriebenen Geschichten für Kinder hat-ten ihn berühmt und außerdem ziemlich reich gemacht. Das hatte Audrey der diensthabende Beamte der Küstenwache von Fishers Island erzählt, als sie ihn nach dem Haus von Anthony Maxwell gefragt hatte. Die Wache war der einzige Ort gewesen, der zu der nachtschlafenden Zeit, als Audrey mit der Fäh-re angekommen war, offen

Weitere Kostenlose Bücher