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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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in seinen geschwollenen Fingern, die in einem Wollhandschuh ohne Finger steckten.
    »Ein Andrew Jackson! Vielen Dank. Das ist wirklich großzü-gig von Ihnen.«
    Der Alte verwahrte das Geld in einer Tasche, deutete eine höfliche Verbeugung an und ging langsam davon. Er musste um die siebzig Jahre alt sein, allerdings war das bei seinem Aussehen mit dem langen schütteren Haar und Bart schwer zu schätzen. Cloister sah ihm nach. An diesem Abend hatte er eine Lektion gelernt. Er sagte sich wieder einmal, dass nichts zufällig geschieht. Die beiden Ereignisse des heutigen Abends mussten irgendwie miteinander zusammenhängen. Die Begegnung mit einem Bettler, der großzügiger war als viele wohlhabende Menschen, unmittelbar nachdem er unten in der Krypta diese Stimme aufgezeichnet hatte, schien ihm zu bedeuten, dass es sich lohnte, für die Menschheit zu kämpfen, trotz all ihrer Probleme, Widersprüche und Fehler. Selbst wenn das nicht stimmte, war es doch ein schöner Gedanke.
    Im flackernden Licht der Sterne, die in der fernen kosmi-schen Schwärze wie Lebewesen pulsierten, hörte Cloister sich die Aufnahme noch mehrmals an. Allmählich beruhigte er sich und fasste wieder Mut. Er war nicht bereit, kampflos zum Rückzug zu blasen. Er musste in die Krypta zurückkehren und dem Wesen, das zu ihm gesprochen hatte, gegenübertreten. Der Wahrheit gegenübertreten.
    Still sprach er ein Gebet, während er zurückging. In dieser Nacht würde er mit dem Wesen nicht nochmals Kontakt aufnehmen. Mit dem unsichtbaren Feind, der ihn hierhergelockt hatte. Mit jenem unbekannten Wesen, das behauptete, seine Seele zu wollen und wie Gott überall zu sein. Mit diesem Wesen aus einer anderen Dimension, das nach eigener Aussage über Gut und Böse stand. Im Augenblick wollte Cloister lediglich in die Krypta zurückkehren, um Stärke zu demonst-rieren.
    Vor dem Vendange Building blieb er einen Augenblick stehen. Über ihm hing an einem Pfahl das Straßenschild der Straße, die in rechtem Winkel von der Commonwealth Ave-nue abging. »Dartmouth« stand darauf, der Name eines Orts in England, der ihn an Dartmoor und damit an Der Hund von Baskerville erinnerte, einen der Fälle von Sherlock Holmes, dem weltberühmten Detektiv, bei dem es irgendwo hieß, Leben und Tod bergen Dinge, die wir nicht verstehen kön-nen. Die Bedeutung des Wortes »Dartmouth« war voller Iro-nie: Pfeilmund. Der Pfeil des Wortes, der Mund, der damit verletzt.
    Cloister schritt erneut durch den Kohlenschuppen und den Lichthof, stieg nochmals in den Raum mit den tragenden Pfeilern hinab und ging von dort in die Krypta. Komme, was da wolle, morgen war ein neuer Tag.

25
    Boston
    Audreys Anruf hatte Joseph zu nachtschlafender Zeit geweckt. Seitdem machte er sich zunehmend Sorgen um sie. Ihre Stimme hatte nach Abschied geklungen, und das hatte ihn sehr beunruhigt. Er hatte versuchte, sie zurückzurufen, doch Audrey hatte ihr Handy abgeschaltet. Joseph befürchtete, dass sie irgendeine Dummheit begehen könnte. Sie war eine ge-quälte Frau, und vielleicht war der Tod der Ehefrau ihres Freundes, dieses Professors an der Universität Harvard, der Tropfen gewesen, der das Fass ihrer Verzweiflung zum Über-laufen gebracht hatte. Er musste sie finden. Doch bisher war keiner seiner Versuche, ihr auf die Spur zu kommen, von Erfolg gekrönt gewesen.
    Audrey hatte sich in Luft aufgelöst. Dies waren die Worte ihrer Sekretärin, die Joseph am frühen Morgen anrief. Bei der Oberin des Altenheims, die er persönlich aufsuchte, hatte er auch nicht mehr Glück. Sie hatte ebenfalls keine Nachricht von Audrey und machte sich größte Sorgen um sie. »Sie hat ihre Aktentasche hier vergessen und ist nicht gekommen, um sie zu holen, sie hat nicht einmal angerufen und sich nach ihr erkundigt«, sagte Mutter Victoria. »Das ist gar nicht typisch für Audrey. Sie ist normalerweise so professionell, so sorgfältig …«
    Die Besorgnis der Nonne war echt, doch Joseph hatte ganz deutlich den Eindruck, dass sie nicht völlig aufrichtig zu ihm war und etwas zurückhielt, das sie ihm nicht erzählen wollte.
    Damit hatte er recht, doch er konnte natürlich nicht wis-sen, was die Oberin vor ihm geheim hielt: das Exorzismusritual, das Audrey so erschüttert hatte. Mutter Victoria fürchtete um Audreys körperliche Unversehrtheit, doch was sie wirklich quälte, war die Sorge um die Unversehrtheit ihrer Seele. Sie hätte diese Bürde gerne mit dem Feuerwehrmann geteilt, doch sie gestattete es sich nicht. Die

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