66095: Thriller (German Edition)

schmiegten.
    Er schaltete seine Stirnlampe aus, und plötzlich stand ihm Whitney vor Augen so wie damals, als sie sich aus dieser ersten Umarmung gelöst hatten. »Ich verspreche dir, wir werden zu dir zurückkehren«, murmelte er, während er in den Schlaf sank. »Ich verspreche es dir.«

    Zwanzig Minuten später stieß Gregor Crickets und Toms Stiefel unsanft an. »Los, aufstehen. Wir haben schon genug Zeit verloren.«
    Cricket gähnte, streckte sich und stöhnte. Der Schmerz in ihren Muskeln war beinahe unerträglich.
    »Nimm deine Schiene ab und binde sie dann fester«, sagte Tom. »Und iss was. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
    Cricket nickte, dann wickelte sie den Verband von der Schiene ab und betastete ihr geschwollenes Knie. Sie zuckte zusammen, als sie eine besonders schmerzhafte Stelle berührte. Es tat höllisch weh. Sie schloss die Augen und sagte sich, dass sie es schaffen würde. Sie musste es einfach schaffen. Eine andere Wahl gab es nicht. Wenn sie jetzt zusammenbrach, würde man sie zurücklassen. Sie band die Stoffstreifen straffer um die Schiene und holte sich dann einen trockenen Energieriegel mit Schokolade und Himbeer aus dem Schleif sack. Jetzt erst merkte sie, wie durstig sie war. Ihre Wasserflaschen waren leer, sie nahm sie und humpelte damit zum Fluss. Kelly saß gegen den Felsvorsprung gelehnt da, die Beine ausgestreckt. Als er sie kommen sah, verzog er verächtlich den Mund und warf ihr seine Wasserflaschen zu. »Mach zuerst meine voll«, befahl er.
    Cricket bückte sich und hob die Flaschen auf, darauf bedacht, seinem finsteren Blick auszuweichen. Dann drehte sie sich um. Sie wollte um jeden Preis vermeiden, dass er das Zittern ihrer Hände bemerkte. Er hatte es darauf angelegt, sie zu töten, wenn das alles hier zu Ende war, das stand fest. Dieser Gedanke ließ sie nicht los, während sie Kellys Wasserflaschen aufschraubte. Da entdeckte sie auf dem Boden feine, zerbrochene Salzkristalle. Ihr fiel ein, dass ihre Mutter ihr einmal gesagt hatte, dass die amerikanischen Ureinwohner dieses Salz als Abführmittel benutzten.
    Cricket bückte sich und tauchte eine von Kellys Flaschen ins Wasser. Dann nahm sie eine Hand voll Kristalle und zerbröselte sie über der Öffnung. Der Deckel der Flasche war mit einem Filter versehen, um Bakterien und andere Verunreinigungen fern zu halten. Cricket riss den Dichtungsgummi heraus, so dass der Filter nicht mehr funktionierte.
    »Wo bleibt mein Wasser, verdammt nochmal?«, brüllte Kelly.
    »Lass das Mädchen in Frieden«, murmelte Lyons.
    »Nein«, gab Kelly zurück, »das tu ich nicht.«
    Cricket füllte auch die anderen Flaschen, schraubte sie zu, drehte sich um und warf sie Kelly zu, der sie auffing. Er sah Cricket einen Augenblick an und trank dann gierig.
    Als sie gegessen, getrunken und ihre Schleifsäcke geschultert hatten, war es halb zehn. Cricket schaute flussabwärts nach Norden. Diesen Teil der Höhle hatte sie noch nie betreten, aber sie hatte stundenlang die Karten studiert, die ihre Eltern von dem Labyrinthkomplex angefertigt hatten. Der Weg zum Tower-Kamm lag in dieser Richtung.
    Ihr Vater packte sie sanft am Oberarm, tat, als drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn, und flüsterte ihr ins Ohr: »Wir müssen Zeit gewinnen, damit uns das Rettungsteam einholen kann. Reine Verzögerungstaktik, verstehst du?«
    Cricket nickte, aber ihr Herz pochte wie wild. Ihr Vater ging ein großes Risiko ein, aber sie folgte ihm, ohne zu zögern, zum südlichen Ende der Höhle, dann watete sie durch das Wasser zu dem Überhang, von wo aus der Gang in die unerforschten Regionen des Nyren-Kamms führte. Am Felsüberhang angelangt, wollte sich Tom gerade ducken, als Gregor hinter Cricket ins Wasser stieg, dann aber stehen blieb, als würde er von einem unsichtbaren Seil um die Brust gebremst.
    »Sind Sie sicher, dass das der richtige Weg ist, Burke?«, rief Gregor.
    »Wollen Sie die Führung übernehmen?«, erwiderte Tom, und seine Miene verriet kein Fünkchen Unsicherheit. »Anscheinend kennen Sie sich hier aus.«
    Cricket sah Gregors zweifelnde Miene, als sein Blick den Flusslauf entlang zurückwanderte. Dann sah er Tom prüfend an. »Nein, gehen Sie weiter.«

    Die Höhle, in der der Fluss ohne Wiederkehr floss, verlief zunächst serpentinenartig unter einer niedrigen Decke, und sie gingen geduckt, um sich nicht den Kopf anzustoßen. Immer wieder mussten sie durch eiskaltes Wasser waten. Die Kälte tat Crickets Knie gut, und so konnte sie