66095: Thriller (German Edition)
begaffte Toms Tochter. Währenddessen rieb er sich mit der Hand im Schritt.
»Rühr ja nicht meine Tochter an, du kranker Scheißkerl«, brüllte Tom und drängte an Gregor, Kelly und Cricket vorbei, um sich Mann vorzuknöpfen.
Aber noch bevor er ihn packen konnte, schoss Tom ein Stromschlag durch den Unterleib. Glühende Dornen bohrten sich aus den Noppen des Gürtels in seinen Rücken, drangen in seine Wirbelsäule und zwangen ihn in die Knie. Bevor er bewusstlos wurde, sah er nur noch, dass seine ausgestreckten Finger auf unsichtbare Klaviertasten einzuhämmern schienen.
12.22 Uhr
NASA-Camp
Jenkins-Kamm
Labyrinthhöhle
Die tote Jeannie stieß in der Dunkelheit immer wieder gegen Whitney. Whitney schluckte schlammiges Wasser, das einen Würgreiz verursachte. Sie musste wieder auf die Felsstufe, nur raus aus dem Wasser. Das war ihre einzige Chance. Das Wasser entzog ihr zu viel Wärme. Sie musste raus.
Aber jedes Mal, wenn sie nach der Stufe griff, stieß die Tote wieder mit ihr zusammen, so dass sie den Halt verlor. Whitney tauchte unter, kam wieder hoch, würgte, weinte. Sie sah die Leiche ihrer besten Freundin im Halbdunkel und begann wütend auf sie einzuschlagen …
»Ich kann nicht in die Höhle gehen!«, schluchzte Whitney und schlug um sich. »Ich kann einfach nicht!«
Dann spürte sie, dass jemand sie an den Handgelenken packte. Eine feste, selbstsichere Stimme, die sie an Tom erinnerte, sagte: »Mrs. Burke! Bitte, hören Sie auf!«
Whitney versuchte, sich dem Griff zu entwinden, der sich aber nur noch fester um ihre Gelenke schloss, doch schließlich gab sie auf, und die Spannung wich aus ihren Muskeln. Sie ließ den Kopf hängen, blinzelte, und ihr Atem beruhigte sich. Allmählich verblasste ihr Albtraum und sie sah den rothaarigen Iren vor sich, der sich als US-Marshall vorgestellt und ihr erklärt hatte, was mit Tom und Cricket geschehen war.
Finnerty kniete vor ihr, hielt ihre Unterarme fest und blickte sie besorgt und voller Verständnis an. Whitney schaute sich um und wurde gewahr, dass sie auf einem stoffbespannten Stuhl in einem Zelt saß. Die meisten Leute kannte sie nicht, doch dann sah sie Angelis, den Projektleiter, der hinter dem Marshall stand, und wusste, dass sie nicht träumte. Es war Wirklichkeit, grauenhafte Wirklichkeit. Finnerty sprach wieder, und sie wandte sich ihm zu. »So ist es besser«, sagte er. »Viel besser. Möchten Sie einen Schluck Wasser?«
Whitney schüttelte den Kopf und spürte, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen. »Sie sind tot«, murmelte sie. »Tom. Cricket. Genau wie Jeannie. So wie ich es gesagt habe. Ich hab’s ihm gesagt. Und er hat nicht auf mich gehört. Ich hab’s ihm gesagt.«
»Nein«, entgegnete Finnerty ruhig. »Sie sind nicht tot, Mrs. Burke. Wir bekommen ein starkes Signal von den Peilsendern, die sie bei sich tragen. Wir wissen, wo sie sind und dass sie leben, aber wie gesagt, wir brauchen Ihre Hilfe, um sie zu retten. Wir brauchen Sie als Führerin in der Höhle.«
»Ich kann nicht«, erwiderte sie hastig. »Wenn ich in eine Höhle gehe, sterben Menschen.«
»Mrs. Burke … Whitney«, begann Finnerty. »Wenn Sie uns nicht helfen, dann könnten Ihr Mann und Ihre Tochter sterben. Sie wollen doch nicht, dass Tom und Cricket sterben, oder?«
Whitney starrte den Marshall an und versuchte zu begreifen, was er da sagte. Dann wischte sie sich die Nase mit dem Ärmel ab und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich möchte, dass sie leben. Ich möchte, dass sie nach Hause kommen.«
Finnerty lächelte. »Natürlich möchten Sie das. Das möchten wir alle. Wir alle wollen, dass sie …«
»Chef«, unterbrach ihn eine andere Stimme. Whitney wandte sich um und sah einen Latino mit kahl rasiertem Kopf und einem Polizeiabzeichen, das er an einer Schnur um den Hals trug.
»Tut mir Leid«, sagte Sanchez. »Aber zwei Männer vom Justizministerium sind gerade am Sicherheits-Check. Es geht um die Prozessunterlagen, die Verschlusssache sind.«
Finnerty schloss kurz die Augen, dann ließ er Whitneys Handgelenke los. »Bitte, warten Sie hier auf mich, Whitney, während ich mit diesen Männern rede. Was sie zu sagen haben, könnte sehr wichtig sein.«
Whitney schniefte und nickte, dann sagte sie: »Wichtig für Tom und Cricket?«
Der Marshall runzelte die Stirn. »Gut möglich.«
Whitney sah Tom und Cricket vor ihrem inneren Auge, wie sie vorletzte Nacht in ihrem Schlafzimmer gestanden hatten, aufgeschreckt durch ihren Albtraum. »Ich will
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