68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
ist's nicht; aber du hast läuten hört, jedoch nicht zusammenschlagen. Wer weiß einen bessern König?“
„Ich, ich, ich, ich!“ riefen mehrere Stimmen.
„Halt! Immer nur eins nach dem anderen. Peter, wen meinst halt du?“
Peter war der uralte Mühlenknappe, der fast nicht mehr arbeiten konnte und also das Gnadenbrot aß. Er stak die meiste Zeit droben in einem kleinen Dachkämmerchen und kam nur sehr selten herab. Der lustige Chor hatte ihn überfallen und heruntergeschleppt. Er antwortete mit tiefer Baßstimme:
„Der allerbest König ist der alte Derfflinger gewest.“
„Der? Warum?“
„Weil er ein Schneidergesellen war und nachher König worden ist. Da muß er doch halt ein gar tüchtigern Kerlen west sein!“
„So? In welchem Land war der denn König?“
„In einem Land, das nennt man halt die Luxemburgern Heide.“
„Schafskopfen! Lüneburgern Heide heißt's. Dort ist kein Land.“
„Sapristi! Wohl lauter Wassern?“
„Nein, sondern eben Heide. Das ist weder Land noch Wassern, sondern ein Brei von Ziegelsteinen und Kiefernharzen. Dorten hat's gar nie einen König geben. Dera Derfflinger war auch kein König, sondern ein Generalen und Feldmarschallen, und wenn er gegen die Türken fochten hat, so hat er sie nämlich alle mit dera Ellen massakriert. Das war also nix, Peter. Also nun du, Lisbetherl. Wer ist dera allerbest König in dieser Welten?“
„Ganz nur unser gutern Ludwigen!“ antwortete das Mädchen.
„Heiner, du?“
„Ich stimme auch für den Ludwigen. Für den geb ich also gleich hier meinen letzten Arm und auch mein Leben!“
„Und du Müllern!“
„Natürlich, dera Ludewig!“
„Hast recht. Es gibt nix Schwerers und auch Schmerzhafters als wann einer aus dera Haut fahren muß. Aberst wann mein König Ludwig zu mir sagen tät: Wurzelsepp, mach's möglich und fahr aus der Haut! Könnt euch drauf verlassen, ich macht's möglich. Ich ließ mich schinden, bis die Haut locker wär und führ hinaus, zwölfspännig und mit Trommeln und Trompeteln. Für so einen guten König muß man alles möglich machen können. Merkt's euch das!“
„Ja, wannst denen Ludewigen meinst, so ist der freilich der best, viel bessern noch als dera alte Fritzen!“ rief die Barbara.
„Ja“, brummte der alte Knappe, „sogar noch bessern als dera Derfflingern. Das ist richtig!“
„Schön!“ sagte der Sepp. „So sind wir also jetzt einig und wollen ihm ein Hurra und Vivavit bringen. Wein ist ja da. Odern, noch gar viel bessern! Da fällt mir halt was ein. Wir machen's wie die Studenten, fein und nobel, wir reiben ihm einen Hilamandern.“
„Was ist das?“ fragte Peter.
„Ein Hilamandern ist ein Säugetier, welches halb Vogel und halb Fisch und nachher auch noch drei Viertel eine Schlangen ist.“
„Und den muß man reiben?“
„Ja, so heißt's.“
„Vertorium! Wo nehmen wir aber da gleich so einen Hilamandern her?“
„Gar nicht nehmen wir ihn her, sondern den denkt man sich bloß. Weißt, eins von uns muß sich hierher setzen, grad in die Mitt; da ist dera Hilamandern. Die anderen stellen sich rundherum, nehmen in die eine Hand Ruß und in die andere das Glas. Nachher wird auf die Gesundheiten trunken. Jeder trinkt sein Glas aus und reibt dabei dem Hilamandern mit dera andern Hand denen Ruß ins Gesichten, und alle rufen dabei recht laut: ‚Vivavit! Smollit und Viducitum!‘ Wann nachher das Gesichten recht schwarz ist, so gibts eine große Freuden und Herrlichkeiten. Von diesem Reiben heißt die Sach also einen Hilamandern reiben.“
„Oh, das wär schön!“ brummte der alte Peter mit seinem tiefen Baß.
„Nicht wahr? Also das machen auch wir jetzund. Wir wählen jetzt den Hilamandern!“
„Wer aber soll das sein?“ fragte der Heiner.
„Allemal diejenige Personen, welche die schönst und fetteste Visagen hat. Das ist da unsre alte Barbara.“
„Dank schön! Dank sehr schön!“ kreischte die gute Wirtschafterin. „Das könnt mir halt grad noch gefallen in meinen alten Tagen! Sucht euch einen Hilamandern, wo ihr nur wollt. Ich aber laß mir mein Gesicht nicht verschimpfieren!“
„Nicht? Könntst uns aber doch mal diese Lieb erweisen!“
„Wannst keine andere Lieb von mir willst, so mach dich nur gleich fort von hier und komme mir nimmer wiedern! So ein Schlangangerl könnt mir gefallen!“
„So! Aber eine andern Person paßt halt nicht dazu. Also müssen wir auf denen Hilamandern verzichten. Und das ist wohl auch sehr richtig, denn wann wir auf die
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