7 Werwolfstories
gleich etwas wauwauen, du Herumtreiber, weil du deinem Vater und mir eine Todesangst eingejagt hast. Warte, bis dein Vater da ist, der wird dich schon … Oh, gute Nacht, Wachtmeister!« Die zuschlagende Tür schnitt Robbys Gebrüll ab.
Der Polizist tätschelte Wolfs Kopf. »Mach dir nichts draus. Du hast keinen Knochen gekriegt, und mir hat sie nicht mal ein Bier angeboten. Du bist aber ein Großer, was? Siehst fast wie ein Wolf aus. Wem gehörst du, und wieso läufst du nachts herum? Hä?« Er knipste seine Taschenlampe an, um nach dem nicht vorhandenen Halsband zu sehen.
Er richtete sich auf und stieß einen Pfiff aus. »Keine Hundemarke, das ist schlimm. Du weißt, was ich jetzt tun sollte? Dich abgeben. Wenn du nicht ein Held wärst, den man gerade um seinen Knochen betrogen hat, würde ich … Ich muß es trotzdem tun. Gesetz ist Gesetz, auch für Helden. Komm. Wir gehen spazieren.«
Wolf überlegte schnell. Das Asyl für obdachlose Hunde war der letzte Ort auf der Welt, an dem er landen wollte. Selbst Ozzy würde ihn dort nicht vermuten. Niemand würde ihn von dort herausholen. Niemand würde ›Absarka‹ sagen, und das Ende würde eine Dosis Chloroform sein. Er riß sich aus dem Griff des Polizisten los, erreichte mit einem riesigen Sprung den Bürgersteig und lief die Straße entlang. Sobald er aus der Sichtweite des Polizisten war, schlüpfte er durch eine Hecke.
Er witterte den Polizisten, noch ehe er ihn sehen konnte. Der Mann rannte mit der ganzen Schwerfälligkeit seiner zwei Zentner. Doch gegenüber der Hecke blieb er stehen. Wolf fragte sich, ob seine Kriegslist mißlungen sei. Aber der Beamte kratzte sich nur am Kopf und brummelte: »Irgend etwas stimmt da nicht. Wer hat geklingelt? Der Knirps konnte nicht so hoch reichen, und der Hund – ach, Quatsch.« Und dieser Ausspruch schien all seine Probleme gelöst zu haben.
Als sich seine Fußtritte entfernt hatten, bekam Wolf eine andere Witterung in die Nase. Er hatte sie gerade als Katzengeruch identifiziert, als jemand sagte: »Du bist ein Werwolf, nicht wahr?«
Wolf richtete sich auf, mit gefletschten Zähnen und gespannten Muskeln. Er konnte keinen Menschen sehen, und doch hatte jemand zu ihm gesprochen. Unwillkürlich wollte er sagen: ›Wo sind Sie?‹, aber es wurde nur ein Knurren daraus.
»Direkt hinter dir, im Schatten. Du kannst mich doch riechen, oder nicht?«
»Aber du bist eine Katze«, dachte Wolf knurrend, »und du kannst sprechen.«
»Natürlich. Aber du hörst keine menschlichen Laute, nur dein Gehirn kann meine Worte aufnehmen. Wenn du deine Menschengestalt hättest, würdest du nur denken, daß ich miaue. Bist du nun ein Werwolf oder nicht?«
»Woher … wie kommst du darauf?«
»Weil du dich nicht auf mich gestürzt hast, wie es jeder normale Hund getan hätte. Außerdem, wenn Konfuzius mir nichts Falsches erzählt hat, bist du kein Hund, sondern ein Wolf. Und hier gibt es keine Wölfe mehr, es sei denn Werwölfe.«
»Woher weißt du das alles? Bist du …«
»O nein. Ich bin eine ganz einfache Katze. Aber ich wohnte früher neben einem Wer-Chow-Chow namens Konfuzius. Er hat mir viel beigebracht.«
Wolf war höchst erstaunt. »Du meinst, es war ein Mensch, der sich in einen Chow-Chow verwandelt hatte, und so blieb? Als Hund weiterlebte?«
»Ja sicher. Das war in den schlimmen Zeiten der Depression. Er sagte, daß man als Hund eine bessere Chance hätte, ernährt und versorgt zu werden. Meiner Ansicht nach eine sehr gesunde Idee.«
»Aber wie furchtbar! Wie kann ein Mensch sich so erniedrigen …?«
»Kein Mensch erniedrigt sich selbst; sie erniedrigen sich gegenseitig. So kommen die Wertiere zustande. Die einen haben sich verwandelt, um nicht erniedrigt zu werden, die anderen, um andere besser erniedrigen zu können. Zu welcher Sorte gehörst du?«
»Nun,
Weitere Kostenlose Bücher