72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
fort!“
„Das würde Ihnen nicht leicht werden.“
„Oho!“
Dem Sepp fiel es auf, daß der andere Bruder nicht herauskam. Sollte sich dieser in der Höhle befinden und also den Wortwechsel nicht hören? Um sich davon zu überzeugen, beschloß der Sepp, den Mann möglichst in Zorn zu bringen. Darum sagte er lachend:
„Nun, wenn Sie meinen, daß wir uns fürchten, so haben wir Ihnen bereits das Gegenteil bewiesen. Wir haben Sie alle beide in das Wasser geworfen.“
„Übermacht!“
„Aber jetzt bin ich allein, Ihnen allein gegenüber. Und wenn Sie nicht höflicher werden, so werde ich Ihnen gute Sitten lehren.“
Da ballte der Italiener die Fäuste.
„Hund, das mir!“ brüllte er.
„Ja, dir!“
„Da hast du das dafür!“
Er sprang auf den Sepp ein und faßte ihn bei der Gurgel. Dieser aber gab ihm einen so gewaltigen Stoß vor die Brust, daß er zurücktaumelte und an die Wand flog.
Dennoch aber warf er sich wieder auf den Alten. Sepp aber holte weit aus und versetzte ihm einen so gewaltigen Hieb auf den Kopf, daß der Mann zusammenbrach. Er war besinnungslos.
Sepp trat sofort ein.
Das Innere der Hütte bildete nur einen einzigen Raum. Der Boden war erdig; es stand da nichts. An den Wänden hingen einige Gegenstände, auch zwei Pistolen.
Schnell zog Sepp den Krätzer heraus und entlud die Waffen, steckte aber den Pfropfen wieder auf.
Dann tat er einige kräftige, feste Tritte. An einer der Stellen klang der Boden hohl.
Jetzt bewegte sich draußen der Mann. Sepp trat sofort wieder hinaus. Der Italiener öffnete langsam die Augen und blickte um sich, als ob er aus dem Schlaf erwache.
„Nun, war die Lehre gut?“ fragte Sepp.
Da kam dem andern die Besinnung vollständig wieder. Er sprang in die Hütte und kehrte mit der Pistole wieder. Sepp hielt die Hand in die Tasche.
„Hund“, schrie Petruccio, „soll ich dich niederschießen wie ein Aas?“
Da zog Sepp die Hand aus der Tasche. Er hatte einen Revolver in derselben.
„Versuche es einmal!“ lachte er.
Der Italiener ließ die Waffe sinken.
„Verflucht!“ zischte er. „Seid ihr denn Räuber, daß ihr mit Revolvern zu uns kommt?“
„Na, deinetwegen habe ich ihn nicht eingesteckt. Vor dir braucht man sich ja nicht zu fürchten. Pah!“
Er machte eine sehr geringschätzende Handbewegung und ging. Der andere schaute ihm flammenden Blicks nach.
Der Alte begann seinen Rundgang von neuem, so ruhig, als ob gar nichts geschehen sei. Als er beim Fex anlangte, sagte dieser:
„Du hattest doch gar Keilerei!“
„Mit Fleiß und Absicht.“
„Warum?“
„Ich wollt schauen, ob der andere Bruder herauskommen werde.“
„Und er kam nicht!“
„Nein; er konnte ja gar nicht.“
„Er ist ja drinnen in der Hütte.“
„Nein; er war nicht drin.“
„Was! Nicht drin?“
„Nein.“
„Alle Teufel! Das ist auffällig!“
„Nicht wahr! Hast ihn etwa fortgehen sehen?“
„Nein. Er ist nicht aus der Hütte herausgekommen.“
„Und doch ist er nicht drin. Was folgt daraus?“
„Daß die Hütte einen verborgenen Ausgang hat.“
„Und dieser Ausgang ist zugleich der Eingang in die Höhle.“
„So haben wir sie! Wir haben sie! Oh, nun ist ja alles gut. Jetzt müssen wir gleich hinein!“
„Nicht so schnell! Wir müssen noch warten.“
„Warum?“
„Wir wissen nicht, was der andre in der Höhle tut. Wir könnten alles verderben.“
„Das ist wahr.“
„Darum müssen wir warten, bis der andre auch wieder da ist. Dann nehmen wir sie beide fest. Angle nur fort.“
„Gott, noch länger angeln!“
„Es muß sein!“
Mit diesem Trost ging er weiter.
Der Italiener hatte sich wieder auf den Stein gesetzt. Er lauschte in das Innere der Hütte hinein. Es war seitdem Fortgang seines Bruders so viel Zeit verschwunden, daß dieser bald wiederkommen mußte.
Und wirklich, jetzt erscholl jenes Rasseln und Knirschen abermals.
„Ist etwas passiert?“ fragte es drinnen.
„Nein. Bleib drin! Laß dich nicht sehen.“
„Warum?“
„Geschehen ist grad nichts, außer daß ich mich mit dem Alten gebalgt habe –“
„Donnerwetter!“
„Und daß ich die Entdeckung machte, daß er einen Revolver bei sich hat.“
„Ah! Das ist verdächtig!“
„Und weiter! Ich packte ihn bei der Gurgel. Da sah ich etwas Gelbes in seiner äußern Rocktasche blinken. Rate, was es war!“
„Wie kann ich das wissen!“
„Ja, du kannst es nicht erraten. Ich konnte zwar nur die obere Haube sehen, aber ein Irrtum ist nicht möglich. Er
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