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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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… ich verspreche es dir … mein Großer … ich mache es schnell … ganz schnell. Es wird gleich vorbei sein …
    Rick holte aus.
    »Ich liebe dich … Rocko …«
    Dann schloss er die Augen und ließ die Axt hinabsinken. Obwohl er sich innerlich schwach fühlte, war sein Schwung gewaltig, wodurch er den Widerstand kaum spürte, bis die Axt in den Boden einschlug.
    Ein Heulen ergriff den Raum.
    Rick schrie auf, ließ von der Axt ab und öffnete seine Augen, um das volle Ausmaß seines Handelns zu Gesicht zu bekommen. Drei Sekunden setzte sein Herz aus, ehe es wieder dazu in der Lage war zu schlagen.
    Noch immer war es Rocko nicht vergönnt, seinen Körper zu bewegen, doch seine Augen und nun auch seine Stimmbänder waren hellwach. Doch Rick konnte nur auf das linke Hinterbein starren, das er soeben zwischen dem Oberschenkel leicht schräg abgeschlagen hatte. Die Axt steckte dabei wie ein Totem im Holzboden fest.
    Erst nach mehreren Sekunden nahm Rick das Jaulen seines Hundes war. Er brach zusammen, fiel auf die Knie und robbte heulend auf ihn zu. Er nahm abermals den Kopf seines Lieblings in die Arme und schaute ihm tief in die verletzten Augen. Sein Geheul verstarb dabei nie.
    Es begleitete diesen Augenblick und Rick konnte deutlich die Gefühle seines Hundes in den Pupillen sehen. Er konnte jede einzelne Frage hören.
    Warum hast du das getan, Herrchen?
    Warum hast du mir wehgetan?
    War Rocko böse?
    Tränen … unzählige Tränen liefen über seine Wangen und erneut brüllte Rick in die Welt hinaus. Er konnte nicht mehr. Er wollte nicht mehr. Das war zu viel. Viel zu viel!
    Doch Rockos Heulen war Beweis genug. Rick wiegte den Kopf seines Hundes, als könnte er ihm dadurch den Schmerz nehmen. Aber es war sinnlos. Nichts konnte ihm helfen. Nichts!
    Was habe ich nur getan?
    Oh mein Gott … was habe ich nur getan?
    Er wandte seinen Kopf ab, schloss die Augen und versuchte fieberhaft, an etwas anderes zu denken, alles zu verdrängen, vor allem die Schmerzensschreie seines Hundes. Nur war das nicht möglich. Nichts konnte diesen Alptraum beenden, bis …
    Es war erneut nur ein einzelner Gedanke, doch er reichte aus, um Rick zurückzubringen.
    Er hatte etwas angefangen, dass er niemals hätte beginnen dürfen, das wusste er nun, doch änderte es nichts an der Tatsache, dass er es beenden musste. Es gab nur noch einen Weg, um Rocko von seinem Leid zu erlösen.
    Wie bereits wenige Minuten zuvor legte Rick den Kopf von Rocko zur Seite und bettete ihn so gut es ging auf den kalten Boden. Dann richtete er sich auf seine wackligen Beine und torkelte auf die Axt zu.
    Er sah noch einmal das abgetrennte Bein und Rick war so, als würde er den Schmerz an seinem eigenen spüren. Das Jaulen wurde lauter, Rocko schien zu spüren, dass ihn sein Herrchen endgültig im Stich ließ. Zum Teil hatte er sogar Recht.
    Vergib mir … Rocko … bitte … vergib mir …
    Er zog die Axt aus dem Holz, drehte sich herum und sah wohl zum letzten Mal in die Augen seines geliebten Golden Retriever. Rick erinnerte sich wieder an den Tag, als er ihn aus dem Tierheim befreite. Er war der heruntergekommenste und bemitleidenswerteste Hund von allen gewesen. Genau wie er selbst. Genau deswegen hatte er ihn gewollt. Sie waren Seelenverwandte.
    »Vergib mir … Rocko. Es wird nicht lange dauern … dann folge ich dir …«
    Rick holte aus und schlug ein weiteres Mal die Axt in das behandelte Holz.
    Ein markerschütternder Schrei folgte.

    Sie war regelrecht außer Atem, als sie vor der Haustür ihrer Eltern ankam. Soweit es ihre Kondition zuließ, war Valentina die Strecke gelaufen und hatte sich nur ab und an eine kurze Verschnaufpause gegönnt. Doch nun, wo sie zum ersten Mal zum Stehen kam, merkte sie erst, wie ausgelaugt ihr Körper war.
    Mit ihrem rechten Arm stützte sie sich an der Haustür ab, während sie mit der linken Hand den Schlüsselbund aus ihrer linken Hosentasche fischen wollte, bis ihr einfiel, dass sie am Anfang der Schnitzeljagd sämtliche persönlichen Gegenstände abgeben musste.
    »Verdammt!«, brüllte Valentina und setzte sich erst mal erschöpft auf den Pflasterstein vorm Hauseingang.
    Bevor Valentina auch nur daran denken konnte, einen weiteren Versuch ins Innere zu starten, genoss sie zuerst das Gefühl der Ruhe. Sie musste zu Kräften kommen, ehe sie sich abermals der Schnitzeljagd stellen konnte. Schließlich war sie verletzt.
    Erst jetzt wagte Valentina einen zaghaften Versuch, über ihre linke Gesichtshälfte zu

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