8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
nützte nichts, wenn er sich versteckte. Er mußte sich normal benehmen und tun, was er gewöhnlich tat. Das gefälschte Band würde erst nach dem ersten Durchlauf eine verheerende Wirkung zeigen, wenn Rick es in den Maestro einführte und die Maschine für den zweiten Probelauf vorbereitete. Bis dahin durfte er sich nichts anmerken lassen, und danach …
Danach würde alles so ablaufen, wie er es geplant hatte. Danach würde Jade zu ihm kommen müssen, wenn sie die Vorstellung retten wollte.
Er ging durch die Kraftzentrale, vorbei an leise summenden Umformern, die die Bühne mit Strom versorgten. In der Nähe des Bühneneingangs blieb er stehen und beobachtete den Beginn der nächsten Szene. Andrejew – die Peltier-Puppe – war allein auf der Bühne und marschierte grimmig in seinem Zimmer auf und ab, während das vom Maestro gesteuerte Klangsystem undeutliche Straßengeräusche und entferntes Maschinengewehrfeuer hervorbrachte. Nachdem er die Puppe eine Weile beobachtet hatte, sah er, daß ihre Bewegungen nicht angespannt und grimmig, sondern hölzern und methodisch waren. Das bandlos gesteuerte Mannequin erledigte die vorgesehenen Bewegungen roboterhaft, ohne jede Interpretation. Thornier hörte ein kurzes Auflachen von einem der Produktionsleute, und dann mußte auch er lächeln.
Die Puppe blieb plötzlich stehen und blickte mit ausdrucksloser Miene in seine Richtung. Sie hob die Fäuste und ließ sie kraftlos fallen.
»Hilfe«, sagte sie in gleichförmigem Konversationston. »Iwan, wo bist du? Bestimmt sind sie gekommen. Sie müssen gekommen sein.« Die Puppe sprach leise, ohne erkennbare Betonung. Sie preßte beide Fäuste gegen ihre Schläfen und setzte ihren mechanischen Marsch fort.
Einige Meter von Thornier entfernt erwachten zwei Mannequins, die bis dahin unbewegt hinter der Bühne gestanden hatten, mit leisem Knacken zum Leben. Muskeln – Plastikbeutel mit in Öl schwebendem, magnetischem Pulver gefüllt und in elastische Drahtspiralen gehüllt – spannten und entspannten sich unter dem Schaumgummifleisch, wie es die polychromatischen Ultrakurzwellenkommandos des Maestros befahlen. Ein aus Angst und Gehetztsein gemischtes Mienenspiel bewegte ihre Gesichter. Sie duckten sich, blickten wild umher, dann stürmten sie keuchend auf die Bühne. »Sie ist gekommen, Kamerad, sie ist da!« schrie eine der Puppen. »Mit ihm, mit Boris!«
»Was? Sie hat ihn gefangengenommen?« kam die uninteressierte Antwort.
»Nein, nein, Kamerad. Wir sind verraten! Sie ist auf seiner Seite. Sie ist eine Verräterin!«
Andrejews Antworten blieben ohne Interpretation, ohne Gefühl, selbst als er den Überbringer schlechter Nachrichten niederschoß.
Thornier sah sich wider Willen vom Geschehen auf der Bühne fasziniert. Die Mannequins bewegten sich fast geschmeidiger als Menschen, sie schienen keine Knochen zu haben. Sie waren keine klirrenden und klappernden Roboter, keine steif herumstolpernden Marionetten. Sie erledigten mühelos ein Pensum an Bewegungen und Mienenspiel, das einen menschlichen Schauspieler rasch ermüdet hätte, und der Maestro koordinierte das Spiel mit einer Perfektion, die bei einer Gruppe selbständig denkender und individuell handelnder Schauspieler undenkbar gewesen wäre.
Es war wie immer. Zuerst sah er mit Schaudern, wie anstelle von Wesen aus Fleisch und Blut Maschinen agierten, wie bloße Mechanismen künstlerische Ausdrucksmittel ersetzten. Aber allmählich ließ sein Widerwille nach, das Spiel begann ihn zu packen, und die Darsteller waren nicht länger Maschinen. Er selbst lebte in der Rolle des Andrejew, und er kannte auch die anderen: Mela und Peltier, Sam Dion und Peter Repplewaite. Er ballte die Fäuste in Erwartung schwieriger Passagen, flüsterte die Sätze mit, fluchte leise über Andrejews Unzulänglichkeit und vergaß sogar das leise Knistern der Funken zu beachten, das bei jeder Bewegung unter den Füßen der Akteure hörbar wurde.
Solchermaßen hingerissen, bemerkte er kaum das Summen und die scharrenden, wischenden Geräusche, die irgendwo aus dem Hintergrund kamen und lauter wurden. Er vernahm Stimmengemurmel und runzelte unwillig seine Brauen, ließ sich aber nicht vom Bühnengeschehen ablenken.
Da wurden seine Knöchel von einem dünnen Wasserstrahl getroffen. Etwas Nasses, Schwammiges schlug gegen seinen Fuß. Er fuhr herum.
Eine glänzende Metallspinne, fast achtzig Zentimeter hoch, bewegte sich auf sechs Beinen langsam auf ihn zu, zwei Greifklauen wie zum Angriff
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