8 Science Fiction Stories
Götter«, fuhr der Junge fort. »Ich hielt es für selbstverständlich, daß wir alle Götter wären. Warum auch nicht? – Wo es Dinge gibt, die einen empor in die Lüfte tragen, auf einen bloßen Fingerdruck hin; Umwandler, die Nahrung und Kleider und Wohnkuppeln synthetisch herstellen; Waffen, die zerstören, und Bildstreifen, die einen unterrichten – all das und vieles mehr!
Mit der Zeit jedoch erkannte ich, daß hier etwas nicht stimmte. Alle diese wunderbaren Dinge paßten nicht zu unserem verkrampften Leben, zu unseren ewigen Eifersüchteleien, Streitereien und Totschlägereien. Niemand hatte eine neue Idee. Niemand schien auch nur nachzudenken. Niemand konnte meine wirklichen Fragen beantworten – nicht einmal die Bildstreifen vermochten es. Niemand wußte, wieso es kam, daß die Welt an Rossels Grenzen zu Ende schien, warum wir fast nie Fremde sahen, außer, um sie zu töten, warum wir, bei all diesen wunderbaren Sachen, wie wilde Tiere lebten!«
Sein Gesicht rötete sich vor Erregung. Deutlich war ihm die Erleichterung darüber anzumerken, daß er seine geheimsten Gedanken aussprechen konnte. Stumm legte ihm Seafor eine Hand auf die schmale Schulter.
»Lange Zeit sagte ich mir, dies müsse eine Art Test sein«, sprach der Junge weiter. »Ich dachte, man prüfe, ob ich würdig sei, Rossels Nachfolge anzutreten; meinte, eines Tages würde sich, wenn ich bestanden hätte, eine Tür öffnen und mich hinaus in die wirkliche Welt führen, in die große, freundliche Welt, die irgendwo existieren mußte.
Jetzt weiß ich, daß es solch eine Tür nicht gibt. Es existiert keine wirkliche Welt – nur für euch Außenseiter, und zwar in einer mir unverständlichen Weise. Ihr habt alles das aufgegeben, was wir unser eigen nennen.« Er klammerte sich an Seafors Handgelenk. »Warum ist das so? Und warum leben wir, bei all unserer Macht, wie Tiere?«
Seafor wartete einen Augenblick mit der Antwort. »Es gab eine wirkliche Welt«, sagte er dann. »Zu einem geringen Teil besteht sie heute noch, und eines Tages wird sie gänzlich wieder da sein. Die Zivilisation entstand, weil die Menschen einander brauchten. Sie merkten, es ließ sich leichter und besser leben, wenn sie gemeinsam Handel trieben – nicht nur mit den täglichen Bedürfnissen, sondern auch mit jenen Dingen, die nicht gewogen oder gemessen werden können und die keinen bestimmten Tauschwert haben, wie etwa die Schönheit eines Liedes oder die Freude am Tanz oder das gegenseitige Verständnis für die Sorgen und Hoffnungen, die das Leben mit sich bringt. Diese gegenseitige Abhängigkeit verstärkte sich mit dem Heranwachsen der Zivilisation und wurde unendlich kompliziert. Jedermanns Leben und Glücklichkeit fußten auf der Arbeit von Millionen seiner Mitmenschen.
Aber es gab Kräfte, die sich konträr dazu verhielten. Der Mensch lernte, alle möglichen Stoffe synthetisch herzustellen und universelle Energiequellen auszuwerten. Kriege beschleunigten diesen Vorgang, indem sie den Nachschub an wesentlichen Rohmaterialien von Zeit zu Zeit unterbanden.
Dieser Trend erreichte seinen Höhepunkt mit der Perfektion des Atommeilers und der Erfindung des Vielzweckumformers, der auf der ganzen Welt für alle Lebensbedürfnisse Sorge tragen konnte.
Zu fast jeder anderen Zeit wäre diese Entwicklung eine wahre Wohltat gewesen, zumal sie es dem Menschen ermöglichte, seine ganze Energie auf eine intensivere Teilnahme am sozialen Streben zu richten. Aber der Schatten des Zweiten Imperiums lag noch immer über der Vierten Weltrepublik, und interplanetarischer Krieg mit den Venus- und Marskolonien zehrte an ihren Kräften. Es kam
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