80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
absoluten Gebieter aufschwang, zu einem Liebhaber, dem niemand gleichkommen konnte.
Ich widmete der Vorbereitung des Auftritts, dem Chey zusehen sollte, noch mehr Zeit als meinem ersten Strip im Tender Heart. Was würde ihm gefallen, was würde er zu schätzen wissen? Klar, ich schuldete ihm nichts, und ich konnte tun und lassen, was ich wollte. Aber ich mochte Chey, und natürlich hätte ich gerne seinen Segen gehabt, um so weitermachen zu können wie bisher.
Tief in meinem Innern ahnte ich, dass ihm mein Tanz gefallen würde, so wie damals am Strand. Mir zuzuschauen würde ihm Spaß machen. Aber er sollte auch sehen, dass das, was ich auf der Bühne machte, etwas völlig anderes war. Ich war kein kleines Showgirl, das seine Titten hüpfen ließ, um ein Trinkgeld einzuheimsen. Es ging mir um mehr. Um Kunst. Und ich wollte nicht nur seine Billigung – ich wollte seinen Respekt.
Daher gab ich mir die größte Mühe sicherzustellen, dass jedes Detail meiner Darbietung seinen Geschmack traf, angefangen von der Bühnenbeleuchtung – weißes Licht, keine roten Strahler – bis hin zu meinem Kostüm, einem schlichten, langen Kleid aus weißer Baumwolle, ähnlich jenem, das ich auf unserer Reise getragen hatte und das ich einfach von den Schultern gleiten lassen konnte, ohne mich erst in einem komplizierten Striptease herauszuwinden. Ich betrat die Bühne barfuß und machte meine ganze Nummer zum Zuschauerraum hin, sodass die Stange hinter mir im Dunkeln blieb. Als Begleitmusik hatte ich mir eines von Cheys Lieblingsstücken ausgesucht, das ich ihn schon gelegentlich in seinem Büro hatte spielen hören, wenn er vor dem Computer saß. »Devil in the Details« von den Walkabouts, ein Song, der ganz langsam begann und sich allmählich steigerte, was mir Gelegenheit gab, mit zarten Bewegungen anzufangen und mich zu kühneren Schritten vorzuarbeiten. Außerdem konnte ich Chey so zeigen, dass ich ihn über dem Tanzen nicht vergessen hatte.
Bei meinem nächsten Auftritt im Sweet Lola saß er im Publikum. Und als er mir hinterher sagte, ich sei gut gewesen, errötete ich vor Stolz.
Doch sein nächster Kommentar wirkte wie ein kalter Guss.
»Aber du könntest besser sein«, meinte er und tippte den Code an der Eingangstür seiner Wohnung ein.
Ich wollte ihm eine gepfefferte Antwort geben, beherrschte mich aber. Schließlich ging es mir darum, Cheys Zustimmung für mein neues Abenteuer zu gewinnen; und wenn ich eines über Männer gelernt hatte, dann, dass sie sich gerne einbilden, alles unter Kontrolle zu haben, auch wenn dem gar nicht so ist.
»Ach?«, antwortete ich also so zuckersüß, wie ich nur konnte. »Und wie?«
Falls Chey den säuerlichen Unterton aus meiner Stimme heraushörte, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
»Zu klassischem Tanz gehört auch klassische Musik.«
»Hatte ich auch erst überlegt, aber dann dachte ich, das geht in so einem Club nicht. Im Grand kann ich ein bisschen klassische …«
»Überlass die Auswahl der Clubs einfach mir«, erwiderte er mit Bestimmtheit.
»Okay …« Wenn Chey es hinbekam, dass mich die Clubs mein Ding machen ließen, umso besser. Ich konnte damit leben, seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn mir sein Einfluss mehr künstlerischen Freiraum verschaffte.
»Außerdem haben deine Bewegungen etwas Ungeschliffenes.«
»Du hörst dich an wie meine russischen Ballettmeister.«
»Die werden wohl recht gehaben haben, deine russischen Ballettmeister. Du kämst besser rüber, wenn du dich mehr beherrschen würdest.«
Zunächst versuchte er meinen Tanzstil durch Körpertraining zu beeinflussen. Er nahm mich in sein Dojo mit, eine Kampfsportschule in der West 27th Street, wo er regelmäßig trainierte, wenn er in New York war. So blieb er fit und muskulös, was ich aus vollem Herzen unterstützte, denn auf Männer, die sich gehen ließen und eine Wampe entwickelten wie sein Freund Lev, stand ich ganz und gar nicht.
Außer fürs Tanzen hatte ich mich jedoch noch nie für irgendeine Sportart interessiert und in sonstigem Training auch keinen Sinn gesehen. All diese Schwitzerei fand ich unschön und unnötig – ich war ja immer schlank gewesen, nachdem ich einmal meinen Babyspeck verloren hatte. Selbst mein tägliches üppiges Frühstück in der Konditorei – ein Schokoladencroissant oder ein Windbeutel und ein Kaffee mit viel Milchschaum – hatte keine unerwünschten Pfunde auf meine schmalen Hüften gebracht.
Chey führte mich durch den Empfangsbereich, öffnete
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