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9 - Die Wiederkehr: Thriller

9 - Die Wiederkehr: Thriller

Titel: 9 - Die Wiederkehr: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Pen , Nadine Mutz , Hanna Grzimek
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unvollendet. Er druckte sich den Text trotzdem aus und las ihn noch einmal kopfschüttelnd durch. Am liebsten hätte er das Blatt einfach in den Papierkorb geworfen. Stattdessen kramte er so lange in sämtlichen Schubladen, bis er einen unbeschrifteten länglichen Umschlag fand, einen ganz normalen weißen ohne Logo oder sonstige Hinweise auf das Krankenhaus. Er tippte den Namen des Kindes in ein neues Dokument und legte den Umschlag in den Drucker. Gegen Ende des Druckvorgangs blieb der Umschlag in dem Gerät stecken. Miguel zog ihn mit Gewalt heraus, woraufhin eine kleine Ecke abriss und irgendwo im Drucker hängen blieb. Miguel warf wieder einen Blick auf den Bildschirm. Der Name blinkte hellgrün auf dunkelgrünem Grund, unmittelbar oberhalb der Adresse der Familie Cruz.
    Dann kam ihm die Sache plötzlich wieder äußerst absurd vor. Er steckte das gefaltete Blatt in den Umschlag mit der fehlenden Ecke und legte ihn auf einen Stapel von Dokumenten, die darauf warteten, abgeheftet zu werden.
    Eine halbe Stunde später fuhr Andrea auf den Parkplatz des Aquatopia und parkte den Wagen entlang der kaum noch sichtbaren diagonalen Bodenmarkierung.
    »Was zum Teufel mache ich hier?«, fragte sie in das leere Auto hinein. »Das ergibt doch alles keinen Sinn. Du hast dich getäuscht …«
    Sie stieg aus dem Wagen und schlug die Tür hinter sich zu. Dann schritt sie auf die Menschenansammlung zu und schlängelte sich zwischen den Leuten hindurch, die auf den Einlass in das Schwimmbad warteten. Sie lief hin und her und änderte dabei mehrmals die Richtung, um dem ein oder anderen bekannten Gesicht auszuweichen. Sie flüchtete vor einer Kamera und einer jungen Frau mit Mikro, warf aber einen Blick auf die Kinder, die aufgeregt um sie herumtänzelten. Sie suchte nach einem Hinweis, nach einer Ahnung, irgendetwas. Einmal stieß sie mit einem Jungen zusammen. Sie versuchte ihm ins Gesicht zu blicken, aber der Junge starrte hartnäckig vor sich auf den Boden. Dann lief sie noch einmal die Schlange ab. Als sie wieder vor dem Eingang des Schwimmbads stand, gab sie es auf und kehrte zum Auto zurück.
    »Was mache ich hier bloß?«, sprach sie mehr zum Lenkrad als zu sich selbst.
    Tränen liefen ihr über die Wangen. Von den Augenfalten, die sich ihr in den letzten Jahren so tief eingegraben hatten, bis hinunter zu den Mundwinkeln, die sich niemals mehr so zum Lachen verzogen wie früher.
    Da hörte sie die schnellen Schritte eines Kindes, das auf den BMW hinter ihr zurannte. Durch den Rückspiegel sah sie, wie sich der Junge vor dem Auto auf den staubigen Boden kauerte und das Gesicht in dem roten Handtuch verbarg, das er um den Hals trug.
    Andrea stieg aus, ohne den Schlüssel aus dem Zündschloss zu ziehen oder ihre Handtasche vom Beifahrersitz zu nehmen. Sie ging auf das staubbeschmutzte Kind zu und ging vor ihm in die Hocke.
    »Hallo«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte.
    Der Junge blickte nicht auf. Andrea wartete ein paar Sekunden. Dann streckte sie den Arm aus und wollte ihm eine Hand auf die Schulter legen. Doch die Berührung traf sie wie ein elektrischer Schlag.
    Ihr Herz begann wild zu pochen.
    Langsam kniete sie sich vor den Jungen auf den Boden. Sie wunderte sich, dass ihre Hand so stark zitterte, als sie das Kinn des Jungen berührte, damit er den Kopf hob.
    »Bist du alleine hier?«, fragte Andrea. »Wo ist denn deine Mutter?«
    »Ich habe keine Mutter«, antwortete der Junge.
    Und in dem Moment hob er entschlossen den Kopf und sah Andrea geradewegs an.
    Der Junge runzelte die Stirn, wobei das eine Auge etwas weiter geöffnet war als das andere. Das war unverwechselbar.
    Eiskalt wie lange nicht mehr lief es ihr über den Rücken.
    Auch der Junge spürte es. Einen Augenblick lang verspürte er ein Glücksgefühl, das aber sofort wieder von einer großen Unruhe abgelöst wurde.
    Plötzlich begann er zu zittern und wie wild den Kopf zu schütteln. Mit beiden Händen hielt er sich die Ohren zu.
    »Wovor hast du Angst?«, wollte Andrea wissen.
    Der Junge strampelte mit den Beinen und wirbelte eine Staubwolke auf, die sie beide einhüllte. Er sah Andrea in die Augen.
    »Moment mal«, sagte sie. »Du weißt über den vierzehnten August Bescheid?«
    Sie musste husten, bevor sie weitersprechen konnte. Der Junge strampelte weiter mit den Beinen. Andrea stützte die Knie auf seine Knöchel, um ihn festzuhalten.
    »Sag mir, ob du etwas davon weißt«, sagte sie streng.
    Der Staub kratzte sie in der Kehle.
    »Der Brief …«,

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