9 SCIENCE FICTION-STORIES
Schwarze Federtuffs standen an den Wangen ab, und von seinem Kinn baumelte ein schwarz-weiß kariertes Pompon, was ihm insgesamt einen grimmigen Charakterzug verlieh.
Thissell legte die Maske an, unsicher, ob er einen Scherz über die Lage machen oder die seinem Posten angemessene Würde zeigen sollte.
»Sind Sie maskiert?« fragte Rolver über die Schulter hinweg.
Thissell bejahte, und Rolver drehte sich um. Die Maske verbarg seinen Gesichtsausdruck, aber seine Hand fuhr unwillkürlich zu dem kleinen Tastinstrument, das ihm am Gürtel hing. Das Ding brachte einen schockierten Triller und höfliche Konsternation hervor.
»Sie können diese Maske nicht tragen!« sang Rolver. »Eine Frage – woher haben Sie sie?«
»Es ist eine Kopie der Maske, die im Polypolis-Museum hing«, erwiderte Thissell steif. »Ich bin sicher, daß sie authentisch ist.«
Rolver nickte, und seine Maske zeigte einen grimmigeren Ausdruck als vorher. »Und wie authentisch sie ist! Sie ist eine Variante des Seedrachen-Eroberers, und sie wird von Leuten mit besonderem Prestige nur bei feierlichen Anlässen getragen. Von Prinzen, Helden, Handwerksmeistern oder großen Musikern.«
»Ich wußte nicht …«
Rolver winkte ab. Es war eine Geste des Verstehens. »Sie werden noch im Laufe der Zeit dahinterkommen. Sehen Sie meine Maske an. Heute trage ich einen Vogel-Tarn. Menschen von geringem Prestige – Ausländer wie Sie oder ich, zum Beispiel – tragen solche Masken.«
»Komisch«, meinte Thissell, als sie über den Platz auf das niedrige Betonhaus zugingen. »Ich war der Meinung, daß jeder die Maske trägt, die ihm am besten gefällt.«
»Gewiß«, meinte Rolver. »Versuchen Sie es. Nehmen wir meinen Vogel-Tarn zum Beispiel. Ich will damit sagen, daß ich nichts darstelle. Ich behaupte nicht, daß ich weise, tapfer, musikalisch oder sonst etwas bin, was hier auf Sirene als Tugend angesehen wird.«
»Was würde eigentlich geschehen, wenn ich mit dieser Maske durch die Straßen von Zundar ginge?« wollte Thissell wissen.
Rolver lachte gedämpft durch die Maske. »Wenn Sie über die Docks von Zundar schlendern – Straßen gibt es hier nämlich keine –, können Sie in spätestens einer Stunde tot sein. Egal, welche Maske Sie tragen. So ist es auch Benko, Ihrem Vorgänger, ergangen. Er wußte nicht, wie er sich zu benehmen hatte. Keiner von uns Ausländern weiß es. In Fan sind wir geduldet – solange wir möglichst unauffällig bleiben. Aber nicht einmal in Fan könnten Sie mit dieser Festtagsmaske herumstolzieren. Jemand mit einer Feuerschlangen- oder Donnergeistmaske würde auf Sie zukommen. Er würde sein Krodatch spielen, und wenn Sie seine Kühnheit nicht mit einer Passage auf dem Skaranyi beantworten könnten – ein teuflisches Instrument übrigens mit dudelsackähnlichem Klang –, dann würde er sein Hymerkin spielen, das Instrument für die Sklaven. Das ist der Ausdruck der tiefsten Verachtung. Oder er schlägt seinen Duelliergong und greift Sie auf der Stelle an.«
»Ich hatte keine Ahnung, daß die Leute hier so leicht in Zorn geraten«, sagte Thissell mit unterdrückter Stimme.
Rolver zuckte mit den Schultern und öffnete die massive Stahltür, die zu seinem Büro führte. »Auch auf der Promenade von Polypolis darf man sich nicht alles erlauben, ohne Kritik herauszufordern.«
»Ja, das stimmt«, meinte Thissell. Er sah sich im Büro um. »Warum all der Beton und Stahl?«
»Zum Schutz gegen die Wilden«, erklärte Rolver. »Sie kommen nachts aus den Bergen, stehlen alles, was nicht niet- und nagelfest ist, und töten jeden, der ihnen unter die Finger kommt.« Er ging zu einem Schrank und holte eine Maske heraus. »Hier. Tragen Sie diese
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