9 SCIENCE FICTION-STORIES
standen ihre Zöpfe steil in die Luft, immer höher, bis sie selbst aufstehen mußte. Sie riß den Mund auf, um loszuschreien, und die Puderwatte von der Ankleidekommode verschwand darin. Sie zog sie wieder heraus.
»Was macht ihr nur?« rief sie wieder weinend.
Janie sah sie nur an, verschränkte die Hände brav auf dem Rücken und sagte: »Wir haben gar nichts gemacht.«
Und ich fügte hinzu: »Bis jetzt haben wir noch nichts gemacht. Holen Sie Baby zurück?«
Und sie schrie uns entgegen: »Aufhören! Aufhören! Ich will nichts mehr von diesem mongoloiden Idioten hören. Er nutzt niemandem etwas, nicht einmal sich selbst. Wie konnte ich nur jemals annehmen, daß er von mir ist?«
Ich sagte: »Laß ein paar Ratten kommen, Janie.«
Man hörte ein Rascheln in der Diele. Miß Kew bedeckte das Gesicht mit den Händen und sank auf einen Stuhl. »Keine Ratten«, sagte sie, »keine Ratten.« Dann quietschte etwas, und sie wurde halb irrsinnig vor Angst. Haben Sie schon mal gesehen, wie jemand richtig aus dem Häuschen geriet?«
»Ja«, sagte Stern.
»Ich war so wütend wie kaum je zuvor. Aber das war sogar für mich zuviel. Trotzdem – sie hätte Baby nicht wegschicken sollen. Es dauerte ein paar Stunden, bis sie sich so weit erholt hatte, daß sie ans Telefon gehen konnte. Aber vor dem Abendessen war Baby wieder bei uns.« Ich lachte.
»Was freut dich?«
»Sie konnte sich später nie so recht erinnern, was eigentlich geschehen war. Ein paar Wochen nach dem Vorfall hörte ich sie mit Miriam darüber sprechen. Sie sagte, daß das Haus plötzlich gesunken sei. Ein Glück, daß sie Baby zu einer ärztlichen Untersuchung geschickt hätte – das arme kleine Ding wäre sonst wohl noch verletzt worden. Ich bin überzeugt, daß sie diese Version selbst glaubte.«
»Wahrscheinlich. Das ist oft so. Was wir nicht glauben wollen, glauben wir auch nicht.«
»Wieviel von meiner Geschichte glauben Sie?« fragte ich ihn plötzlich.
»Das sagte ich dir schon vor der Behandlung: Es kommt nicht darauf an. Ich gebe mir gar nicht die Mühe, zu glauben oder nicht zu glauben.«
»Sie haben mich noch gar nicht gefragt, ob ich an meine Geschichte glaube.«
»Das ist auch nicht nötig. Darüber mußt du dir deine eigenen Gedanken machen.«
»Sind Sie ein guter Psychotherapeut?«
»Ich glaube schon«, sagte er. »Wen hast du umgebracht?«
Die Frage traf mich, als ich nicht auf der Hut war. »Miß Kew«, sagte ich. Im nächsten Augenblick begann ich zu fluchen und zu schimpfen. »Das wollte ich Ihnen gar nicht sagen.«
»Mach dir keine Sorgen darüber«, sagte er. »Warum hast du es getan?«
»Wenn ich das wüßte, wäre ich nicht zu Ihnen gekommen.«
»Du mußt sie wirklich gehaßt haben.«
Ich begann zu heulen. Fünfzehn Jahre und dann so zu heulen!
Er ließ mir Zeit, bis alles aus mir heraus war. Ich schluchzte, daß mir die Kehle schmerzte. Meine Nase lief. Und dann brachen die Worte aus mir hervor.
»Wissen Sie, woher ich komme? Die früheste Erinnerung, die ich habe, ist, daß mich jemand ins Gesicht boxte. Mit einer Hand so groß wie mein Kopf. Ich sehe sie noch auf mich zukommen. Weil ich weinte. Seitdem hatte ich immer Hemmungen, zu weinen. Ich hatte geweint, weil ich hungrig war. Vielleicht fror ich auch.
Danach erinnere ich mich an große 5chlafsäle. Wer am meisten stehlen konnte, kam am besten durch. Sie prügeln einen wie verrückt, wenn man was angestellt hat, und belohnen einen, wenn man brav war. Schönste Belohnung: in Ruhe gelassen zu werden. Versuchen Sie mal, so zu leben. Versuchen Sie zu leben, wenn das Allerschönste, was Sie erreichen können, Alleinsein ist. Verdammt noch mal.
Dann die Zeit mit Lone und den Kindern. Etwas Wundervolles. Man gehörte jemandem. Das hatte ich nie zuvor erlebt. Zwei gelbe Lampen und ein Kamin, und sie erhellen die Welt. Mehr braucht man nicht.
Dann
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