9 SCIENCE FICTION-STORIES
zu Zimmer 101. 101 war ein riesiges Auditorium; einige Männer in blau-gelben Uniformen tummelten sich auf einer Estrade, ein Mikrophon aufstellend, während bleiche Menschen mit angespannten Gesichtern hereinkamen und ihre Plätze so wählten, daß sie möglichst weit weg von den andern saßen.
Dawes schlüpfte in eine leere Reihe, ziemlich weit hinten, und schaute sich seine Leidensgenossen zum erstenmal an. Hundert Menschen hatten sich dünn über einen Raum verstreut, der das Zehnfache ihrer Anzahl faßte. Ein ironisches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er feststellte, daß es jedem einzelnen gelungen war, sich auf ein kleines Eiland zu flüchten, fünf oder sechs leere Stühle zwischen sich und den nächsten Nachbarn zu bringen; anscheinend besorgt, in diesen letzten Stunden nur ja in keine Privatsphäre einzugreifen.
Es schienen ganz normale Leute zu sein. Dawes bemerkte, daß die meisten Ende der Zwanzig oder Anfang der Dreißig, und einige wenige noch älter waren. Er überlegte, ob die Kolonisten einfach aufs Geratewohl zusammengewürfelt wurden, oder ob man bis zu einem gewissen Grad einen externen Einfluß ausübte. Es wäre doch durchaus möglich, daß der Komputer fünfzig zwanzigjährige Männer und fünfzig vierzigjährige Frauen wählte. Eine solche Gruppe würde wohl kaum hinausgeschickt werden.
Hinter ihm wurden die Saaltüren geschlossen. Ein Offizier mit einer stattlichen Anzahl von Bändern und Abzeichen auf seiner Uniform schritt hinauf aufs Podium, blickte stirnrunzelnd auf das Mikrophon, stellte es einige Millimeter höher und sagte: »Willkommen in Bangor. Ich bin Commander Leswick und verantwortlich für Ihr Wohlbefinden bis zum Start um sechzehn Uhr. Ich weiß, daß die vergangene Woche kritisch für Sie war, vielleicht sogar tragisch für einige. Ich beabsichtige nicht, jene Phrasen und Slogans zu wiederholen, die Sie in den letzten Tagen zur Genüge gehört haben.
Sie sind auserwählt worden; Sie werden die Erde verlassen und nie wieder zurückkehren. Ich spreche deshalb so offen und hart, weil es jetzt zu spät ist für Illusionen und Selbsttäuschung und Trost. Sie sind erfaßt worden, um eine Aufgabe auszuführen, die für die Menschheit von größter Wichtigkeit ist. Ich will nicht heucheln und sagen, daß Sie es leicht haben werden; ganz im Gegenteil. Sie werden dem ungeheuren Problem gegenübergestellt, auf einer fremden Welt, Billionen Meilen von hier entfernt, eine Kolonie gründen zu müssen. Ich weiß, jetzt fühlen Sie sich ängstlich und einsam und niedergeschlagen. Aber vergessen Sie eines nicht: Jeder von Ihnen ist ein Erdenmensch. Sie sind ein Vertreter der höchsten bekannten Lebensform. Sie haben einen Ruf, dem Sie gerecht werden müssen, dort draußen. Und Sie werden eine Welt aufbauen. Für zukünftige Generationen dieser Welt werden Sie die George Washingtons und Thomas Jeffersons und John Hancocks sein.
Ihr Planet ist der neunte von sechzehn Planeten, die sich um den Stern Wega drehen. Die Wega ist einer der hellsten Sterne des Weltalls und auch einer der nächsten zur Erde – dreiundzwanzig Lichtjahre von hier entfernt. In gewisser Hinsicht können Sie sich glücklich schätzen: im Wega- System gibt es zwei bewohnbare Planeten. Ihre Welt und der achte Planet, der noch nicht bevölkert ist. Das heißt, Sie werden im Laufe der Zeit einen Planeten-Nachbarn haben. Die meisten anderen Kolonien leben auf der einzigen bewohnbaren Welt ihres Systems. Übrigens, Ihr Planet heißt Osiris, der ägyptischen Mythologie entnommen, aber Sie können ihn auch anders benennen, wenn Sie einmal dort sind.
Die Reise wird etwa vier Wochen dauern. Das
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