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90 Tage auf Bewaehrung

Titel: 90 Tage auf Bewaehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Fisher
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sie gelten nur ihre eigenen Regeln.
    Handelt es sich bei einem eventuellen »Projekt« tatsächlich um Liebe oder das, was sie darunter versteht, erwartet sie von ihm allerdings absolute Loyalität. (Versprechen könnte sie dies im Gegenzug auch, allerdings bleiben Zweifel, ob sie sich tatsächlich auch daran halten würde. Ihren Handycode kennt er ja nicht!)
    Sabrinas Neuer muss an seinen weiblichen Bekanntenkreis eine Rundmail schicken mit dem launigen Vermerk: Löscht meine Nummer, ich bin verliebt! Sie macht das etwas anders, und es ist jedes Mal eine große Freude, ihr am Telefon dabei zuzuhören, wenn einer ihrer Verehrer anruft und mal wieder nach einem Date fragt: Du, äh... ich kann jetzt erstmal nicht. Nojaaa, ist so eine kleine Veränderung … Ach, ich weiß noch nicht so genau... Lass uns doch in zwei Wochen noch mal telefonieren... Okay, tschüss. Klar fehlst du mir auch, Baby!« Ja, das ist fies.
    Ich bin da natürlich anders, konsequenter, aber dass wissen Sie ja schon.

    Meine Freundin Kerstin ist da eher so wie ich. Sie ist auch frisch verliebt. Wie passend. Wir quatschen uns beide rund um die Uhr besoffen! Herrlich. Keine hört der anderen zu, und jede weiß doch alles und ist furchtbar glücklich! Kerstin hat mir gleich zur besseren Veranschaulichung ein Foto von ihm in die Mitte des Tisches gelegt und losgeredet. Zwei Stunden lang. Wie kann man eigentlich über jemanden, den man erst drei Wochen kennt, zwei Stunden reden?! Doch, doch, das geht. Vor allem, weil ich mich sooooo wiedergefunden hab. »Ja, wie bei mir! Genau so ist es! Ich könnte es nicht besser sagen!«
    Peinlich war’s, als Besagter durch ihre Wohnungstür schneite (mit eigenem Schlüssel!, nach drei Wochen, natürlich!) und sich zwanglos mit einer Tasse Kaffee zu uns gesellte. Schluck. Auf dem Tisch das Foto! Und wie lange hatte er uns schon zugehört? Egal, ich hatte die Situation voll im Griff. »Ah, so siehst du in natura also aus! Das ist übrigens das Einzige, was mir an Information noch fehlte. Ansonsten, mein Lieber, weiß ich alles.«
    Ich fand mich irre cool. Dieser Zustand änderte sich abrupt ungefähr drei Stunden später, als ich Hand in Hand mit meinem Liebsten auf dem Weg ins Kino auf der Straße Jörg traf, meinen schwulen Freund. Jörg war klasse und begrüßte »Mr. Right« wie einen alten Kumpel. Ich muss an dieser Stelle bemerken: Die beiden hatten sich noch nie vorher getroffen. »Ach, du bist es! Ach, und du hast diese Firma? Ach, und wie fährt das neue Auto? Ach, du sach mal, und das mit deiner Ex... Das geht doch wirklich nicht!«
    Super, sehr schön. Ich sage ja: Sauerstoffzelt! Ich wurde rot und grün und gelb und weiß, ich glaube, auch blau (jedenfalls hätte ich mir jetzt gerne einen kleinen Schnaps hinter die Binde gegossen). Jörg quatschte in einer Tour und
reagierte überhaupt nicht auf meine panischen Blicke. Konnte er sich denn nicht vorstellen, wie peinlich es mir sein könnte, dass mein Liebster merkt, wie viel ich so den lieben langen Tag von ihm erzählte? Offensichtlich konnte Jörg es mir nicht ansehen. Vielleicht lag’s auch an meiner bereits eingetretenen Leichenstarre. In diesem Moment hasste ich Jörg. Aber auch ein bisschen mich und meine Geschwätzigkeit. Extrem unangenehm.
    Tja, Kino... Zum Glück muss man da nicht zwingend reden. Wir haben Jörgs Auftritt und mein Versagen, die Klappe zu halten und nicht gleich jedes Detail weiterzuplappern, nicht kommentiert.
    Als wir zu Hause ankamen, trafen wir Frau Müller, Sie wissen schon, meine Nachbarin. »Ach«, sagte sie (ich hasste inzwischen das Wort »ach« und ahnte nichts Gutes). »Sie sollen ja auch so ein schönes Zuhause haben!« Ich wiederholte das Farbspiel vom Nachmittag und kündigte an, mal dringend auf die 17 zu müssen. »Nacht, Frau Müller. Ja, Ihnen auch einen schönen Abend.«
    Mein Liebster hatte vorübergehend seine Sprache verloren.
    Und wenn ich jetzt Frau Müller treffe, grüße ich nur noch höflich.
    Der Grund für diese Geschwätzigkeit ist natürlich auch biologisch - ich kann also eigentlich nichts dafür. Reden ist für uns Frauen mehr als Kommunikation und simpler Austausch von Fakten - wir erweitern unseren Erfahrungsschatz und Bekanntenkreis, pflegen Kontakte, loben, preisen und denken auch gerne mal laut.
    Im Grunde ist doch jede von uns Schwestern eine verkappte Psychotherapeutin (Wofür brauche ich da eigentlich noch meine Analytikerin Frau S.?)

Weibchen oder nicht Weibchen

    Die Männer haben’s

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