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900 Großmütter Band 1

900 Großmütter Band 1

Titel: 900 Großmütter Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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wahrscheinlich meinen Sie das Kennen per substantia prima, oder im Sinne der komprehensiven nournena?«
    »Irgend etwas zwischen den letzten beiden. Wie viele Menschen kennen Sie dem Namen und dem Gesicht nach, und bis zu einem gewissen Grade der Intimität?«
    »Ich habe im Laufe der Jahre die Namen meiner Kollegen gelernt – vielleicht ein Dutzend. Heute weiß ich den Namen meiner Frau sicher; und ich stolpere nur selten bei den Namen meiner Nachkommenschaft – höchstens mal kurz und momentweise. Aber wahrscheinlich sind Sie an den Falschen gekommen, wenn Sie … ganz gleich, was Sie wissen wollen. Ich bin notorisch unzuverlässig, was Namen, Gesichter und Personen anlangt. Ich bin sogar (vox faucibus haesit) als geistesabwesend bezeichnet worden.«
    »Ja, Sie haben tatsächlich diesen Ruf. Aber vielleicht bin ich doch nicht an den Falschen geraten, wenn ich die Theorie der Sache ergründen will. Was begrenzt das Begriffsvermögen des menschlichen Geistes? Was kann er behalten? Was schränkt ihn ein?«
    »Der Körper.«
    »Wie das?«
    »Das Gehirn, möchte ich sagen, die Gebundenheit an die Materie. Der Geist ist vom Gehirn begrenzt. Er ist vom Schädel umschlossen. Ich kann nicht mehr akkumulieren, als meine Schädelkapazität erlaubt, wenn auch der Mensch gewöhnlich noch nicht einmal ein Zehntel davon ausnutzt. Ein Geist ohne Körper würde (nach der esoterischen Theorie) unbegrenzt sein.«
    »Und wie weit der praktischen Theorie nach?«
    »Wenn etwas praktisch ist, ein pragma, dann ist es ein Ding und keine Theorie.«
    »Dann können wir also über den körperlosen Geist nichts erfahren, oder auch nur über die Möglichkeit seiner Existenz?«
    »Wir haben noch kein Kontaktgebiet entdeckt, aber man kann die Möglichkeit immerhin im Auge behalten. Man kann durchaus das Irrationale rational betrachten.«
    Sodann suchte Anthony den Priester auf.
    »Wie viele Menschen kennen Sie?« fragte er ihn.
    »Ich kenne sie alle.«
    »Das möchte ich bezweifeln«, sagte Anthony nach einer kleinen Pause.
    »Ich habe zwanzig verschiedene Gemeinden gehabt. Und wenn Sie vierzig Jahre lang fünftausend Beichten pro Jahr hören, dann wissen Sie zwar keineswegs alles über die Menschen, aber Sie kennen alle Menschen.«
    »Ich meine nicht Typen. Ich meine Personen, einzelne Menschen.«
    »Oh – da kenne ich ein Dutzend oder so ganz gut, und ein paar Tausend weniger gut.«
    »Halten Sie es für möglich, daß jemand hunderttausend oder eine halbe Million Menschen kennt?«
    »Ein Gedächtniskünstler mag vielleicht so viele Menschen kennen; ich weiß nicht, wo da die Grenze liegt. Aber der Mensch lebt in Dunkelheiten, und ihm ist in allen Dingen eine Grenze gesetzt.«
    »Könnte ein irgendwie freierer Mensch noch mehr kennen?«
    »Der einzige wirklich freie Mensch ist der körperlich tote Mensch. Und der Tote, der die Seligkeit erlangt hat, kennt alle Menschen, die seit Anbeginn der Zeit jemals gewesen sind.«
    »Alle die Milliarden?«
    »Alle.«
    »Mit ein und demselben Gehirn?«
    »Nein. Mit ein und demselben Geist.«
    »Müßte dann nicht sogar ein gläubiger Christ zugeben, daß der Geist, den wir hier auf Erden haben, nur das Schattenbild eines Geistes ist? Wäre nicht jede Verbindung, die er mit einem wirklich umfassenden Geiste haben könnte, nur sehr dürftig? Wären wir noch dieselbe Persönlichkeit, wenn wir derart verändert wären? Es ist, als wenn man sagte, ein Eimer würde den ganzen Ozean fassen, wenn er ganz erfüllt wäre – was doch nur heißen kann: wenn er ganz voll wäre? Wie könnte es dann noch derselbe Geist sein?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Anthony suchte den Psychologen auf.
    »Wie viele Menschen kennen Sie, Doktor Shirm?«
    »Ich könnte boshaft sein und sagen: ich kenne so viele wie ich kennen will; aber das wäre nicht die Wahrheit. Ich habe Menschen ganz gern, was in meinem Beruf etwas Ungewöhnliches ist. Was wollen Sie eigentlich wirklich wissen?«
    »Wie viele Menschen man kennen kann.«
    »Das ist doch nicht so wichtig. Die Leute überschätzen meist die Zahl ihrer Bekanntschaften. Was genau wollen Sie mich also fragen?«
    »Kann ein Mensch alle anderen kennen?«
    »Natürlich nicht. Aber auf unnatürliche Weise anscheinend eventuell doch. Es gibt eine illusionäre Wahnvorstellung dieser Art, die gewöhnlich von Euphorie begleitet ist, und sie heißt –«
    »Ich will nicht wissen, wie sie heißt. Warum benutzen die Spezialisten immer Latein und Griechisch?«
    »Das ist zu einem Teil Blabla, zum

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