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99 Särge: Roman (German Edition)

99 Särge: Roman (German Edition)

Titel: 99 Särge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xiaolong Qiu
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dazugehörte. Die wiederholte Eingabe des Begriffs brachte nur Fehlermeldungen.
    Nach einigen vergeblichen Versuchen änderte er seine Strategie, gab »führende Zigarettenmarken« ein und arbeitete sich weiter vor, bis er auf Beiträge über Zhous angeblichen Selbstmord stieß. Hier blühten die Spekulationen. Die Netzbürger widmeten den verschiedenen Hinweisen und Szenarien jede Menge Zeit und Energie und bewiesen dabei erstaunlichen Erfindungsreichtum.
    Chen klickte sich mehrere Stunden lang durch die Einträge und Blogs. Einer fesselte mit besonders kritischen, satirischen Beiträgen sein Interesse.
    »Ein Haus wird nicht an einem Tag erbaut und auch nicht von einem Mann. Denkt an all die neuen Häuser in unserer Stadt. Zhou wusste zu viel, deshalb wurde er harmonisiert.«
    Unter den Netzbürgern herrschte eine ziemlich regierungskritische Stimmung, was durchaus verständlich war.
    Als Nächstes suchte Chen nach allgemeinen Informationen über den Wohnungsmarkt. Natürlich war auch bei diesem Thema die Zensur aktiv, doch Klagen und kritische Äußerungen mussten zumindest nicht zu akribisch versteckt werden. Vielleicht hatte die Regierung ja eingesehen, dass eine lückenlose Kontrolle ebenso unmöglich wie sinnlos war. Das Wohnungsproblem ging alle an. Andererseits hatten die Blogger kreative Methoden entwickelt, um eine direkte Konfrontation mit den Behörden zu vermeiden. Ein spöttischer Beitrag unter der Überschrift »Rechenexempel« gefiel Chen besonders:
    »Ein Apartment mit 100 Quadratmetern in vernünftiger Lage kostet in Shanghai 3 Millionen Yuan, also müsste ein Bauer, der anderthalb Hektar Land bebaut und im Jahr 8000 Yuan verdient, von der Ming-Dynastie bis heute dafür ackern, Naturkatastrophen nicht mit eingerechnet; ein Arbeiter mit 2500 Yuan Monatsgehalt müsste vom Opiumkrieg in der Qing-Dynastie bis heute durchgängig dafür schuften, ohne die Wochenenden, Sonn- oder Feiertage freizuhaben; ein Angestellter mit 60.000 Yuan Jahresgehalt, hätte 1950 mit der Arbeit beginnen müssen und weder essen noch anderweitig Geld ausgeben dürfen; eine Prostituierte müsste 10.000 Freier bedienen, von ihrem 16. Geburtstag bis ins Alter von 55 Jahren jeden Tag und ohne Unterbrechung, seufzend, stöhnend, sich windend. Nicht einmal während ihrer Periode dürfte sie pausieren; und schlussendlich hätte keiner von ihnen noch die nötigen Ersparnisse, um Möbel oder Unterhaltungselektronik in seine neue Wohnung zu stellen.«
    Das erklärte, warum die Netzbürger sich mit so viel Elan in die Massenermittlung gestürzt hatten, die Zhou zu Fall brachte. Doch Zhou war, wie ein anderer Beitrag hervorhob, kein Einzelfall:
    »Zhous Vorgehensweise ist ohne die lange Kette der Korruption, die sich hinter ihm spannt, nicht denkbar. Glied um Glied umschließt sie unsere Stadt. Die sogenannte Reform auf dem Wohnungsbausektor ist reine Propaganda, die in Wirklichkeit allein den einflussreichen Kadern nützt und die Wirtschaft durch eine Immobilienblase künstlich anheizt. Theoretisch ist das Land kollektives Eigentum des Volkes, doch nun verkauft man es ihm – und das nur für einen Zeitraum von siebzig Jahren. Eine höchst umsichtige Regelung, bereichert sie doch nicht nur die heute mächtigen Kader, sondern sichert auch ihren Söhnen und Enkeln ein Auskommen, da sie das Land dann erneut an das Volk verkaufen können …«
    Das Klingeln des Telefons holte Chen aus dem Cyberspace in sein Büro zurück. Es war Jiang, der noch immer im Hotel wohnte und die Polizisten angewiesen hatte, ihn über ihre Arbeit auf dem Laufenden zu halten.
    »Gibt es etwas Neues, Oberinspektor Chen?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Hauptwachtmeister Wei ist mit den Ermittlungen betraut, er hat mir heute Morgen Bericht erstattet. Die Autopsie scheint Fragen aufgeworfen zu haben.«
    »Und die wären?«
    »Man hat festgestellt, dass Zhou am Abend eine beträchtliche Anzahl von Schlaftabletten eingenommen hat.«
    »Das haben wir schon überprüft. Er konnte schlecht einschlafen und hat häufig zu Schlafmitteln gegriffen. Er hat mir erzählt, dass er während der Zeit im Hotel jeden Abend Pillen geschluckt hat. Sie können sich ja vorstellen, dass er in den letzten Tagen seines Lebens unter ziemlichem Stress stand.«
    »Aber es ist doch ungewöhnlich, dass ein Mann, unmittelbar bevor er sich aufhängt, Schlaftabletten nimmt.«
    »Vielleicht war er so erregt, dass er trotz Schlafmittel nicht einschlafen konnte. Und dann kam ihm in der Dunkelheit

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