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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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pflücken konnte. Begieße sie mit meinen Tränen und lass sie wissen, dass unser Versprechen immer noch gilt. Und wenn du kannst, lass mir Neuigkeiten über meine zweite Blume zukommen, der es – hoffe ich – in ihrem neuen Garten wohl ergeht. Ich weiß, dass du es ihr an nichts mangeln lässt. Im Namen unserer lieben Mutter.

Rom
    Samstag, 31. März 1487
     
    Ferruccio las den Brief mit einem Lächeln. Leonora sprach ein Dankgebet, so wie sie es in ihrer Kindheit zu tun gelernt hatte – sowohl bei guten als auch bei schlechten Nachrichten.
    »Gute Neuigkeiten?«
    »Möchtest du sie lesen?«
    »Nein, sie sind schließlich an Euch gerichtet. Also, was steht in dem Brief?«
    »Nichts, das einem Spion verdächtig vorkommen könnte. Er fragt nach dir und ob es dir gut geht, hier.«
    Leonora nickte.
    »Warum willst du also immer noch draußen umherwandeln?«
    »Ich bitte Euch, Ferruccio. Ich bin es nicht gewohnt, nichts zu tun, und ich fühle mich mittlerweile wie eine gemästete Gans. Schaut doch nur – sehe ich nicht fülliger aus?«
    Wie ein kleines Mädchen drehte sie eine Pirouette, und Ferruccio fühlte zum ersten Mal ein Verlangen in sich aufsteigen. Er schämte sich sofort dafür und versuchte, aus ihrem Gesicht zu lesen, ob sie es bemerkt hatte. Das wäre das Letzte, was er wollte. Er fürchtete ihre Reaktion, und wenn er in ihren Augen eine Ermunterung entdecken würde, das wusste er, würde er sie verabscheuen. Dabei wäre es nicht einmal ihre Schuld.
    Ferruccios Sorge war jedoch unbegründet: Leonora schien nichts zu bemerken, jedenfalls sah es nicht so aus.
    »Das Kleid passt dir perfekt. Und du bewegst dich wie eine edle Dame.«
    »Wer weiß, vielleicht bin ich das ja sogar. Aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet«, sagte sie, während sie ihre Hände in die Hüften stemmte und einen Schmollmund machte.
    »Du bist sehr wohl geraten, meine Liebe, und auf keinen Fall bist du feist. Allerdings hast du das Thema gewechselt. Rom ist ein gefährliches Pflaster, und daher ist es nicht angebracht, dass du allein oder mit einer Magd auf die Straße gehst.«
    »Dann begleitet Ihr mich. Ich bitte Euch. Ich tue alles, was Ihr mir sagt.«
    Ferruccio schüttelte den Kopf.
    »Ihr wollt nicht?«, fragte Leonora.
    »Natürlich will ich. Es ist nur … dass ich nicht gewöhnt bin, eine Dame zu begleiten.«
    »Ihr werdet das sehr gut machen, das weiß ich, und ich werde mich in Eurer Nähe sicher fühlen.«
    Widerwillig willigte Ferruccio ein, und sie traten auf die Via Veio: Leonora strahlte und fühlte sich in ihrem langen weichen Samtumhang mit den großzügig fallenden Ärmeln sichtlich wohl. Ihre Haare, die sie aus Vorsicht schwarz gefärbt hatte, waren mit einer gelben Kordel am Hinterkopf zusammengefasst. Nur ein paar Locken ringelten sich hier und da um ihren Hals. Ihre hohe Stirn verlieh ihr eine natürliche Würde. Er bot ihr seinen Arm an, den sie mit Grazie und Eleganz annahm. Leonora schaute ihn an.
    »Euer Berett ist komisch.«
    »Es ist Teil der Bekleidung eines Edelmanns«, sagte er, ohne sich zu ihr zu neigen. »Ich bin also komisch für dich?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass Ihr komisch seid. Ganz im Gegenteil, Ihr seht sehr gefällig aus. Ich bin es nur nicht gewöhnt, Euch mit dieser Kopfbedeckung zu sehen.«
    Mit der freien Hand rückte sich Ferruccio den roten Mantel zurecht. Er trug ihn ärmellos, um sich mit dem Schwert freier bewegen zu können. Der Mantel war der einzige Farbtupfer – denn sein Wams, die Beinkleider und die Schuhe waren allesamt schwarz. Ein Stoffsäckchen hing an seiner Seite.
    »Warum kleidet Ihr Euch immer schwarz?«
    »Weil ich so nicht gezwungen bin, aus verschiedenen Farben auswählen zu müssen«, antwortete er verschlossen und wechselte das Thema. »Wohin soll ich Euch begleiten?«
    »Überallhin, wo es ein bisschen Leben auf den Straßen gibt.«
    Sie nahmen die Via Appia und gingen ins Zentrum. Morgens waren die Straßen voller Verkehr, und Ferruccio führte Leonora zu seiner Linken, an den Häusern entlang. So war sie gegen Schlammspritzer geschützt, und vor allen Dingen hatte er die rechte Hand, die auf dem Schwertknauf ruhte, frei zur Verteidigung.
    Leonora war schön, und in dem Kleid ähnelte sie einer dieser neuen Madonnen, die überall in den Kirchen dargestellt wurden. Es waren keine strengen und distanzierten Figuren mehr, sondern wahrhaftige Frauen, deren göttliche Natur trotz alledem in ihnen erstrahlte. Ferruccio bemerkte, dass er die bewundernden

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