Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
verzerrte Miene. Sein Freund drückte seine Hand gegen den Bauch, unter der sich ein dunkler Fleck auf dem T-Shirt abzeichnete.
«Was ist passiert?»
«Als ich mit Julia Rossi zum Pick-up zurückgekehrt bin, lauerte uns ein Dämon auf. Er hat sie getötet. Julia dachte wohl, er käme, um sie zu befreien, und rannte zu ihm. Und dann hat er sie mit seiner Giftklaue erwischt», erklärte er und stöhnte auf, als er seinen Oberkörper aufrichtete.
Mit dem Arm zeigte er auf die Leiche. Julia Rossis lebloser Körper lag auf dem nassen Asphalt. Über ihren Brustkorb zog sich grüner Schaum.
Verdammt! Er hätte Joel nicht allein lassen dürfen. Mit Julias Hilfe hätten sie den Verkünder schneller gefunden. Er starrte auf die Tote. Er konnte sie nicht wie einen überfahrenen Straßenköter auf dem Asphalt liegen lassen. Er ging um den Pick-up herum, schloss ihre Augen und hob die Tote auf die Ladefläche neben seine Honda. Mit der Plane bedeckte er die Leiche.
«Warum hat Seraphiels Dämon sie umgebracht?», sinnierte Aaron.
Joel schüttelte den Kopf. «Da hab ich auch keine Ahnung.»
«Hat er dir Gift injiziert?»
Aaron hob Joels T-Shirt an und erschrak über die tief klaffende Schnittwunde.
«Ich glaube nicht», antwortete Joel.
Aaron besah sich die Wunde genauer und war beruhigt, als er nichts entdecken konnte. «Du hast echt Schwein gehabt.»
Bis die Wunde verheilt war, würde es ein paar Stunden dauern. Joel würde sich in diesem Zustand in keinem Kampf behaupten können.
«Lass uns zu dem Waisenhaus fahren. Bis dahin sind die Schmerzen bestimmt fort.»
«Ich fahre», bestimmte Aaron und setzte sich ans Steuer.
Joel kletterte umständlich neben ihn auf den Beifahrersitz. «Hast du … Rebecca getötet?», fragte er.
Aaron stieß die Luft aus. «Nein.»
«Du hast sie verschont?! Wie willst du das deinem Vater erklären?»
Aaron zuckte mit den Schultern. «Gar nicht. Sicher weiß er es schon und wird mich verstoßen.»
Joel sah ihn erschrocken an. «Aber …»
«Ich habe versagt. Mir ist klar, dass er das nicht dulden kann.»
«Aber du kannst doch unmöglich jemanden töten, den du liebst. Ich habe keine dunkle Aura bei ihr gefühlt. Ich hätte wahrscheinlich genauso wie du gehandelt.»
Es war rührend, wie sein Freund ihn verteidigte. Aber es war klar, dass dieses Versagen nicht ungestraft bliebe. «Nein. Du darfst niemals so handeln wie ich, Joel. Ein Leben als Renegat, ständig auf der Flucht … Vielleicht wirst du mich sogar eines Tages jagen.»
«Das würde ich nie tun! Du bist mein Freund!», protestierte Joel und legte ihm die Hand auf den Arm.
Aaron fühlte sich elend, die Worte seines Freundes spendeten nur wenig Trost. «Sag niemals nie. Ich habe mir geschworen, niemals Seraphiels Nephilim laufen zu lassen, niemals meinen Vater zu enttäuschen. Und ich habe es dennoch getan.»
Er würgte die aufsteigende Bitterkeit hinunter.
«Gleichgültig, was geschieht, ich bleibe dein Freund», versicherte Joel.
Doch Aaron hatte gelernt, wie schnell aus Freunden Feinde werden konnten. Er dachte an Alessandro und auch an Rebecca und umklammerte das Steuer fester.
Da klingelte Joels Handy. «Es ist Alegra.»
Joel nahm das Gespräch an. «Hi, wir sind unterwegs», sagte er hastig, bevor er sich zu Aaron umwandte. «Seraphiel ist bereits dort. Und sie glaubt, den Verkünder auch vor einer Weile gesehen zu haben.»
Sofort trat Aaron das Gaspedal durch und der Pick-up schoss nach vorn. Joels Verletzung würde nicht so schnell verheilen, wie er sich es wünschte. Doch Aaron war froh, einen Grund zu haben, Seraphiel und den Verkünder allein zu vernichten.
Als er die Straße in Richtung Twin Peaks hinauffuhr, verriet der rot erleuchtete Himmel sofort, dass das Waisenhaus brannte. Als sie sich näherten, loderten bereits Flammen aus der westlichen Seite des Dachstuhls. Mit quietschenden Reifen stoppte Aaron den Wagen.
Vor dem zweistöckigen Haus standen Kinder in Pyjamas, einige von ihnen lehnten sich an ihre Betreuer und starrten voller Angst auf das, was eben noch ihr Zuhause gewesen war.
«Oh, mein Gott! Sally? Brian? Sie müssen noch da drin sein! Wo bleibt denn die Feuerwehr!», schrie eine Frau in Panik, die kurz zuvor die Kinder gezählt hatte.
Aaron griff nach der Lederscheide mit dem Schwert, die auf dem Rücksitz lag, schnallte sie sich um und sprang aus dem Wagen, bevor er auf die Frau zueilte. In ihren Augen lag Panik.
«Wo haben Sie die beiden zuletzt gesehen?»
Die schmal gezupften
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