Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
an.
«Lieb von dir, aber es geht schon wieder. Ich werde dich in den nächsten Tagen besuchen. Dad wollte immer, dass du seine Münzsammlung bekommst. Ich bringe sie dir vorbei.»
Nach einer herzlichen Umarmung schlüpfte sie durchs Tor. Martin erwartete sie mit grimmiger Miene im Wagen. Während der Fahrt zu ihrem Haus, schwieg er. Rebecca grübelte über die letzten Minuten nach. Immer wieder hörte sie im Geist die Worte der Fremden. Hatten Aaron und Rosie denn nie gespürt, dass sie ein Nephilim war? Oder hatten sie ihr das auch verschwiegen?
Rebecca kam zu dem Schluss, dass Rosie es ihr offen gesagt hätte. Rosie. Was war mit ihr geschehen? Sie hätte doch nie freiwillig ihre Pension aufgegeben. Diese Fragen ließen ihr keine Ruhe und sie war drauf und dran wieder nach New York zu fliegen, um die Freundin zu besuchen.
Rebecca bat Martin nicht mehr ins Haus. Sie wollte jetzt mit ihren Gedanken allein sein. Als sie die Tür aufschloss, empfing sie der Geruch von frischer Farbe. Noch vor wenigen Tagen hatten Handwerker das Haus im Auftrag ihrer Eltern renoviert. Das Sonnengelb, in dem der Flur gestrichen war, trieb Rebecca erneut die Tränen in die Augen. Die Lieblingsfarbe ihrer Mutter. Ihre Mutter! Sie würde es immer bleiben.
Rebecca schlurfte durchs Haus, das für eine Person viel zu groß war. Hier leben? Nein, mit dem Tod ihrer Eltern verspürte sie keine Lust mehr darauf. Alles erinnerte sie an das, was hätte sein können und auf tragische Weise zerschlagen worden war.
Sie lief in ihr Zimmer im Obergeschoss und ließ sich aufs Bett fallen, um zu weinen. Aber sie konnte nicht, obwohl sie sich nichts mehr wünschte. Sie fühlte sich … einsam. So hatte sie sich nicht einmal in der Zeit mit Martin gefühlt. Alles hatte sie verloren, ihre Eltern, Martin, ihre Identität und Aaron.
Aaron.
Die Fremde hatte mit ihrer Warnung Zweifel in ihr gesät. Konnte sie ihr vertrauen? Sie wusste doch nichts über sie. Doch etwas in ihr sagte, dass sie recht hatte. Warum hatte Aaron sie dann in New York gerettet? Das wollte ihr nicht in den Sinn. Wenn doch diese verdammten Gefühle nicht wären, dieses Herzklopfen, wann immer sie an ihn dachte.
Dieses verfluchte Engelsblut! Sie wollte es nicht haben, wollte nicht zu seiner Welt gehören. Rebecca vergrub ihr Gesicht stöhnend in den Kissen. Wuchsen ihr vielleicht auch Flügel? Sie dachte an den Jungen, der vor ihr auf dem Untersuchungstisch gelegen hatte.
Sofort sprang sie auf und rannte ins Bad. Hastig zog sie ihr Shirt aus. Sie rollte den fahrbaren Spiegel von nebenan heran und betrachtete ihren Rücken. Wahrscheinlich drehte sie jetzt völlig durch. Allein bei dem Gedanken, ihr könnte etwas aus dem Körper wachsen, grauste es sie. Ihr Rücken sah aus wie immer, glatt und ohne Narben. Nicht mal ein Pickel. Rebecca atmete erleichtert aus. Wuchsen allen Nephilim Flügel? Woran erkannten sie sich?
Sie sank auf einen Hocker und stützte den Kopf in die Hände. Was wusste sie von deren Leben? Nichts. Die Nephilim, die Aaron in dem Haus am Hudson River getötet hatte, waren zu Staub zerfallen. Lebten Nephilim länger als Menschen?
Da hatte sie Jahre Medizin studiert, glaubte sich anatomisch auszukennen und scheiterte an sich selbst. Ihr Blut war zumindest menschlich, sonst wäre ihr bei den Untersuchungen eine Abweichung aufgefallen.
Das war doch alles verrückt. Rebecca zog das T-Shirt an und lief hinunter ins Büro ihres Vaters. Doch als sie sich an den Schreibtisch ihres Vaters setzte und den Computer startete, kam sie sich wie ein Eindringling vor. Ein gemeinsames Foto ihrer Eltern zusammen mit ihr flimmerte im Hintergrund. Sie streckte die Hand aus, um es zu berühren. Alles in ihr zog sich vor Schmerz zusammen. Es würde nie wieder so sein. Nichts mehr. Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Das Leben ging weiter, ob sie wollte oder nicht.
Rebecca atmete tief ein, bevor sie die Suchmaschine aufrief und den Begriff Nephilim eintippte. Riesenhafte Mischwesen, altisraelische Mythologie, Bibel, Buch Henoch. Rebecca surfte sich durch unzählige Seiten. Alles, was sie las, entsetzte sie. Aber sie musste sich damit auseinandersetzen, weil sie dadurch den Teil ihres Lebens kennenlernte, der ihr bislang verborgen geblieben war.
Ihr fiel die Gravur aus dem Sockel der Engelsstatue ein und ihre Finger flogen über die Tastatur. « Lux Ignis vel dei , das Feuer Gottes, Name des Erzengels Uriel», las sie laut.
Uriel? Die Frau hatte doch in der Kapelle seinen
Weitere Kostenlose Bücher