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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
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Respekt vor Firnabfahrten. Und vor dem Schicksal.
    Es kam immer wieder vor, gerade wenn wir im Gelände unterwegs waren, dass meine Stammgäste bestimmen wollten, welche Route beziehungsweise welchen Hang wir fahren sollten. Aber es gibt ein ungeschriebenes Willi-Mathies-Gesetz: Wo wir fahren, bestimme ich. Wo wir zu Mittag essen, darf der Gast bestimmen. Und wer nicht gehorchen wollte, dem erzählte ich ein paar Geschichten wie diese beiden – spätestens dann herrschte Ruhe.
    Der Beruf des Skilehrers ist also nicht nur Spaß und Remmidemmi. 12- bis 14-Stunden-Tage (bei einer Sieben-Tage-Woche) waren bei mir keine Seltenheit, ich konnte ja nie genug bekommen. Fünf Monate lang riss ich dieses Pensum ab, dann spürte auch ich es in meinen Knochen. Aber nach der Sommerpause beim ersten großen Schneefall kribbelte es immer schon gewaltig in den Beinen.
    Wenn der Sommer sich Ende September verabschiedete, dauerte es aber noch ein paar Monate bis die ersten Gäste wieder auf der Matte standen. Von Mitte Oktober bis Anfang Dezember ist unser Dorf wie ausgestorben, man trifft nicht einmal einen Hund auf der Straße. Wenn man Glück hat, brennt am Abend eine Straßenlaterne. Es ist ein Geisterdorf. Aber wehe, Frau Holle schüttelt den ersten Schnee vom Himmel, dann steht das Telefon nicht mehr still, und die Zimmerreservierungen flattern ins Haus.
    Die meisten unserer Stammgäste reservierten bereits im Vorjahr, und die Vorfreude stieg mit jedem Tag. Die Hotels und Pensionen bereiteten sich auf den Ansturm ihrer Gäste vor, es wurde gebaut und renoviert, Pisten präpariert und Stuben auf Hochglanz gebracht. Irgendwann war es dann endlich so weit, die ersten Autos aus Deutschland, der Schweiz, Holland und Großbritannien rollten in unser Dorf. Glückliche Gesichter überall: In der Skischule tummelten sich die Familien, sie meldeten ihre Kinder im Skikurs an und waren glücklich, wenn sie »ihren Skilehrer« aus dem letzten Jahr wiedersahen. Wir Skilehrer hielten währenddessen Ausschau nach hübschen Mädchen und bemühten uns wie gewohnt intensiv um die Gruppe der Anfänger(Innen).
    Stuben ist in erster Linie ein Wintersportort, die größte Party feierte ich also in der Hochsaison von Weihnachten bis Karneval. Doch die Gäste fielen zum Glück nicht wie eine Horde über Nacht ein, die Saison begann langsam, so dass ich allmählich Fahrt aufnehmen konnte und in den Weihnachtsferien zur Höchstform auflief, denn dann platzte unser Dörfchen aus allen Nähten, und ich war fast rund um die Uhr im Einsatz. Nach Fasching konnte ich erneut für kurze Zeit ein wenig durchatmen und Kraft tanken bis die Osterzeit vor der Tür stand. Die Saison endete (wie heute) erst Ostern und auch nach fünf Monaten durfte man keine Ermüdungserscheinungen zeigen. Ich setzte zum Endspurt an, Anfang Mai war dann die Wintersaison vorbei und Stuben brauchte Erholung – bis zum ersten Schneefall.
    Das war nun mein Leben, es teilte sich in Winter und Sommer auf. Mit Schnee und ohne Schnee. Aber immer Piste. Während jeder einzelnen Saison arbeitete ich fleißig an meiner eigenen Legende, und wenn der Winter zu Ende ging, wanderten zahlreiche Anekdoten von Dorf zu Dorf: wann und wo der Willi mit welchem Mädchen »erwischt« worden war und welcher Salto besonders spektakulär endete. Es wurde über handfeste Raufereien getratscht, von halsbrecherischen Auto- und Motorradfahrten mit zu viel Alkohol berichtet und immer wieder wurden süffisante Frauengeschichten kolportiert. Das alles ärgerte mich überhaupt nicht, im Gegenteil. Ich genoss und schwieg – und arbeitete weiter an meinem unverwechselbaren Image. Heute sind nicht mehr alle Skilehrer so heißblütige Burschen, wie wir es waren. Aber zu meiner Zeit machte ein Schlepplift seinem Namen noch alle Ehre, und ich war wild entschlossen, das berühmteste Krokodil auf Skiern zu werden. Das war meine Berufung!
    Die Frauen lagen mir zu Füßen, im ganzen Dorf hatte ich Narrenfreiheit, was sicher auch an meinem Aussehen lag – an Sexappeal hat es mir wohl nicht gemangelt. Viele kamen meinetwegen nach Stuben, sie wollten den großen Willi Mathies mal live erleben, denn meine Geschichten und ich waren ja in ganz Österreich bekannt. Aber auch das Image der anderen Skilehrer am Arlberg war legendär. Und wir wurden den Erwartungen mit Freude gerecht. Unser Ruf als Herzensbrecher und Schwerenöter eilte uns voraus, und wir waren natürlich stolz so »prominent« zu sein.
    Und dann erfüllte sich auch

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