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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht so weitermachen. Äh… es gibt noch einen anderen Grund.«
    »Und der wäre?«
    »Ich bin nicht Reacher Gilt. Das ist wichtig. Manche Leute würden sagen, dass der Unterschied nicht sehr groß ist, aber ich sehe ihn von meiner Seite aus, es gibt ihn. Es ist so, wie ein Golem kein Hammer ist. Bitte! Wie kann ich den Großen Strang schlagen?«
    Fräulein Liebherz starrte ihn so lange an, bis ihn tiefes Unbehagen erfüllte. Dann sagte sie mit einer Stimme wie aus der Ferne: »Wie gut kennst du das Postamt, Herr Lipwig? Das Gebäude, meine ich.«
    »Ich habe den größten Teil davon gesehen, bevor es niedergebrannt ist.«
    »Aber du bist nie auf dem Dach gewesen?«
    »Nein. Ich habe keinen Weg nach oben gefunden. Briefe verstopften die oberen Stockwerke, als ich… es… versuchte…«
    Fräulein Liebherz drückte ihre Zigarette aus. »Geh heute Abend hinauf, Herr Lipwig. Komm dem Himmel ein wenig näher. Und dann knie nieder und bete. Du weißt doch, wie man betet. Man faltet die Hände – und hofft.«
     
    Irgendwie brachte Feucht den Rest des Tages hinter sich. Es gab Postministerdinge zu tun: Er musste mit Herrn Rolle reden, Bauhandwerker anschreien, die Aufräumarbeiten beaufsichtigen und neue Leute einstellen. Was die neuen Leute anging, beschränkte er sich darauf, die Auswahl von Herrn Grütze und Fräulein Makkalariat zu bestätigen – sie schienen zu wissen, worauf es ankam. Er musste nur für gelegentliche Entscheidungen zugegen sein, zum Beispiel:
    »Begrüßen wir vielfältig?«
    Eine Pause folgte, gefüllt mit Verwirrung.
    »Reichen ›guten Morgen‹, ›guten Tag‹ und ›guten Abend‹ nicht mehr aus?«, erkundigte sich Feucht.
    »Ich weiß es nicht. Eine junge Frau hat danach gefragt. Sie meinte, beim Großen Strang wäre das der Fall.«
    »Oh. Ich vermute, sie möchte wissen, ob wir Vielfalt begrüßen«, sagte Feucht und erinnerte sich an Gilts Worte in der Zeitung. »Aber hier machen wir das nicht, weil wir nämlich nicht wissen, was es bedeutet. Wir stellen jeden ein, der lesen, schreiben und einen Briefkasten erreichen kann, Fräulein Makkalariat. Ich ernenne sogar Vampire zu Postbediensteten, wenn sie der Liga der Enthaltsamkeit angehören, und Trolle, wenn sie die Füße abtreten, und wenn es da draußen Werwölfe gibt… Ich würde liebend gern Postboten einstellen, die zurückbeißen können. Wer auch immer die Arbeit erledigen kann. Unsere Aufgabe besteht darin, die Post zu bewegen. Wir stellen morgens, mittags und abends zu. Gibt es sonst noch etwas?«
    Ein Glitzern erschien in Fräulein Makkalariats Augen. »Ich habe nichts gegen Leute, die offen sagen, was sie sind, Herr Lipwig, aber ich muss gegen Zwerge protestieren. Herr Grütze stellt welche ein.«
    »Ausgezeichnete Arbeiter, Fräulein Makkalariat«, sagte Feucht flott. »Fleißig, wenn es um das geschriebene Wort geht. Sehr tüchtig.«
    »Aber sie sagen nicht, ob sie… ob sie Damen-Zwerge oder Herren-Zwerge sind, Herr Lipwig.«
    »Ah«, sagte Feucht kummervoll. »Es geht wieder um die Toiletten.«
    »Ich fühle mich für das moralische Wohlergehen der mir anvertrauten jungen Leute verantwortlich«, sagte Fräulein Makkalariat streng. »Du lächelst, Postminister. Mach dich nicht über mich lustig.«
    »Ich rechne dir deine Besorgnis hoch an, Fräulein Makkalariat«, sagte Feucht. »Beim Bau des neuen Postamts wird diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und ich sage dem Architekten, dass er in jeder Phase mit dir Rücksprache halten soll.« Das plötzliche Mehr an Macht ließ Fräulein Makkalariats gut bedeckte Brust sichtlich anschwellen. »In der Zwischenzeit müssen wir leider mit dem auskommen, was das Feuer übrig gelassen hat. Ich vertraue darauf, dass du als Mitglied des Managements allen Beteiligten die Situation erklärst.«
    Der Schein von Feuern schrecklichen Stolzes reflektierte in Fräulein Makkalariats Brillengläsern. Management!
    »Natürlich, Postminister«, sagte sie.
    Aber hauptsächlich bestand Feuchts Arbeit darin, einfach nur… da zu sein. Die Hälfte des Gebäudes war eine rußgeschwärzte Ruine. Die Leute drängten sich in dem Teil zusammen, der heil geblieben war; die Post wurde sogar auf der Treppe sortiert. Und alles schien besser zu laufen, wenn Feucht da war. Er brauchte gar nichts zu tun; seine Anwesenheit genügte.
    Immer wieder dachte er an die leere Plinthe, auf der einst der Gott gestanden hatte.
    Er war bereit, als es Abend wurde. Es gab viele Leitern, und die Golems hatten selbst

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