ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
Mensch sein werde, der einen Weg findet, jeden Menschen zum Guten zu bekehren!“ Erwartungsvoll schaute sie Bernikoff angeschaut. Die Pause, die entstanden war, war ihr fürchterlich lang vorgekommen, und sie hatte befürchtet, dass Bernikoff sie auslachen würde.
„Das freut mich, Greta“, hatte Bernikoff schließlich gerührt gesagt. „Das freut mich wirklich sehr.“
Er hatte ihr über den Kopf gestrichen und sie hatte sich an ihn angelehnt, während draußen die Sirenen ihr schreckliches Geheul erhoben hatten. Greta lächelte in Gedanken an diese Zeit. Heute wusste sie, dass es mehr als nur kindliche Verehrung oder schwärmerische Liebe war. Sie fühlte sich mit ihm verbunden und war sich sicher, dass sie im Besitz der wahren Lehre war. Dass sie alles richtig gemacht hatte. Und sie verbot sich, weiter darüber nachzudenken.
Greta spürte die kleine Festplatte in ihrer Hand und ihr war klar, dass Victor den Verlust der „Marie-Aufzeichnungen“ schon festgestellt hatte. Es würde ihm nicht schwerfallen zu kombinieren, wer hinter dieser Aktion steckte. Er würde handeln. Besser gesagt: Er würde handeln lassen. Von einem der Söldner. Greta hatte sie angeheuert, um gene-sys zu schützen. Aber sie waren nun einmal ausgebildete Söldner und dienten dem Herren, der sie am besten bezahlte. Und M.O.T. Nanos zahlte sicher sehr, sehr gut.
Sie war in Gefahr. Da machte sich Greta nichts vor. Sie wog die kleine Speicherplatte in ihrer Hand, als wolle sie deren Gewicht bestimmen. Aber das Gewicht dieser Dateien wog schwerer, als es sich überhaupt jemand vorstellen konnte. Zeit ihres Lebens hatte sie daran geforscht, eines Tages einen solchen Schatz zu besitzen. Es deutete alles darauf hin, dass sie kurz davor stand, das Böse, dem Marie vor siebzig Jahren begegnet war, und das sich in ihrem Hirn eingenistet hatte, zu lokalisieren. Sie hatte bei Marie die beiden Hirnregionen bestimmen können, die in diesem Moment aktiv gewesen waren. Greta war sich sicher, dass, wenn ihr die genaue Lokalisierung gelang, damit das Böse auch zu eliminieren sein würde. Sie musste nur die Frequenz finden, mit der dieser Teil des Hirns arbeitete, und diese Frequenz verändern. Sie spürte, dass sie ganz nah daran gewesen war, diesen letzten Schritt zu gehen. „Jeden Menschen zum Guten zu bekehren“, wie sie es Bernikoff vor über siebzig Jahren versprochen hatte. Nun jedoch, nach ihrem Rausschmiss, musste sie erst einmal verhindern, dass ihr Wissen in falsche Hände gelangte. Zu verlockend war die Macht, die damit einherging. Die Macht, Menschen zu willenlosen Werkzeugen des Bösen zu machen, indem man bei ihnen diese bestimmte Frequenz verstärkte.
Gretas Entschluss, was mit den Dateien auf der Festplatte zu tun sei, stand schon längst fest. Schon in dem Moment, als sie sie heimlich auf die transportable Festplatte gezogen und die Originaldateien auf Victors Rechner gelöscht hatte.
Greta hatte alles griffbereit, was sie brauchte, um ihren Plan umzusetzen. Und schließlich stülpte sie sich die Elektrodenhaube mit den Sensorenpunkten und den daran befestigten Kabeln über, nahm den Stecker, an dem die Kabel zusammenliefen und gebündelt wurden, und verband ihn mit ihrem Laptop. Dann schloss sie die Festplatte an den Laptop, rief die Dateien auf und gab den Befehl, die Dateien zu übertragen.
Auf sich.
In ihr eigenes Gehirn.
Maries Begegnung mit dem Bösen. Dieser Moment war entscheidend für den erfolgreichen Abschluss von Gretas Forschung. Diesen Moment musste sie sichern, und Greta glaubte, dass sie selbst als Träger dieses Momentes der sicherste Speicher war, den es geben konnte.
Greta hatte schon immer von solch einem Experiment geträumt, doch hatten alle Parameter stets dagegen gesprochen. Zu groß war die Gefahr, dem Wahnsinn zu verfallen. Aber was gab es jetzt noch zu verlieren? Wann, wenn nicht jetzt, konnte sie das letzte große Experiment wagen? Niemand außer ihr konnte mit diesem Wissen sorgsam genug umgehen. Also musste sie die Essenz ihrer Forschung in ihr Gedächtnis speichern und dann die Speicherplatte vernichten. Vielleicht spielte auch der Gedanke an ihre Unentbehrlichkeit dabei eine Rolle, doch wollte Greta sich jetzt nicht selber analysieren. Entschlossen startete sie die Übertragung, lehnte sich zurück und schloss die Augen.
[3119]
„Ich bin tot.“
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Simon an die weiße Wand, vor der er in einem weißen Anzug auf einem weißen Bett lag. Über sich eine weiße
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