Abbild des Todes
und zu sehen.” Er ließ den Stift fallen. “Es hat alles ganz harmlos angefangen, im Frühling, als zwei meiner Anzeigenkunden in der Stadt waren. Sie hatten vom
Blue Moon
gehört und fragten, ob ich mit ihnen hingehen könnte.”
Als er innehielt, forderte sie ihn auf fortzufahren. “Aber du bist wiedergekommen – oft und immer allein.”
“Ich weiß, wie das klingt, doch glaub mir, es war nicht mehr als der Wunsch eines alten Mannes, wieder jung zu sein.”
“Warum hast du plötzlich aufgehört, sie zu sehen?”
Er zuckte die Achseln. “Ich weiß nicht. Ich glaube, ich wurde der Sache müde. Oder vielleicht habe ich tief in mir auch gemerkt, dass ich es mehr genoss, Lola Malone zu sehen, als gut für mich war.”
“Und du hast es deiner Frau nie erzählt?”
“Um Himmels willen, nein. Peggy hätte das niemals verstanden.”
Zoe war sich nicht sicher, ob sie ihn verstand, aber sie war nicht hier, um die geheimen Vorlieben eines alten Mannes zu verurteilen. Das Einzige, was zählte, war, dass E.J. nicht Lolas mysteriöser Freund war.
“Es tut mir leid, dass ich dir nicht früher davon erzählt habe”, fuhr er zerknirscht fort. “Ich dachte nicht, dass es für die Untersuchung ihres Verschwindens von Bedeutung wäre.”
“Ist es auch nicht.” Zoe nahm die Zeichnung vom Tisch und lächelte ihm aufmunternd zu. “Warum vergessen wir nicht, dass wir diese Unterhaltung hatten, und ich gebe dieses hier runter zu Sal.”
“Danke, Zoe.”
12. KAPITEL
D ie Nacht hatte sich über Manhattan gesenkt, und ein scharfer Wind vom East River empfing Zoe, als sie das Gebäude des
Herald
verließ. Zum Glück war der Blizzard, der vorhergesagt war, doch nicht ausgebrochen, wodurch sie in der Rushhour besser durchkam, als es während eines Schneesturms der Fall gewesen wäre.
Zoe mischte sich in die Menge, die auf dem Weg nach Hause, zum Einkaufen oder zur U-Bahn aus den Büros strömte. Jetzt, da sie E.J. von ihrer Liste gestrichen hatte, konnte sie all ihre Gedanken auf ihren desaströsen Besuch im Sagemore-Pflegeheim richten und auf Frieda – sie hoffte, dass die alte Dame sich von dem Anfall erholt hatte.
In der Lobby ihres Gebäudes nahm sie ihr Handy heraus und wählte, während sie zu ihrer Wohnung ging, noch einmal die Nummer des Heims. “Mein Name ist Zoe Foster”, sagte sie. “Spreche ich mit Schwester Mendoza?”
“Schwester Mendoza hat schon Feierabend. Ich bin Schwester Miller. Kann ich Ihnen helfen?”
“Ich war heute Nachmittag da, um Frieda North zu besuchen, und ich fürchte, dass ich sie sehr aufgeregt habe. Ich rufe nur an, um zu fragen, wie es ihr geht.”
“Einen Moment, bitte. Ich stelle Sie zu Schwester Valgram durch, sie ist noch da.”
Binnen weniger Sekunden hatte sie Friedas Krankenschwester am Apparat. “Ja, ich erinnere mich an Sie, Miss Foster. Frieda schläft mittlerweile ganz friedlich. Wir mussten ihr ein leichtes Beruhigungsmittel geben, aber morgen wird es ihr bestimmt wieder besser gehen.”
“Ich fühle mich fürchterlich.”
“Das verstehe ich. Ein Ausbruch wie dieser ist immer schwierig, vor allem für jemanden, der das erste Mal zu Besuch kommt.”
“Passiert so etwas denn öfter?”
“Nun ja, vielleicht alle paar Wochen.” Zoe hörte, wie die Schwester über einen Lautsprecher ausgerufen wurde. “Ich muss los. War das alles, Miss Foster?”
“Ja. Ich danke Ihnen.”
Nach diesem Gespräch fühlte Zoe sich nicht sonderlich erleichtert. Gedankenverloren schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung auf und ging direkt zu ihrem Zeichenbrett. Sie hoffte, dort etwas Ruhe finden zu können. Aber als Kitty ihr mit großen Augen entgegenstarrte, als ob sie nur darauf wartete, endlich mit Leben erfüllt zu werden, ließ Zoe den Stift sinken. Die Muse hatte sie verlassen, zumindest für diesen Abend.
Vielleicht musste sie sich einfach entspannen. Nicht mit einer Tasse Tee, sondern mit etwas Körperlichem, etwas Anstrengendem – wie einem guten Training.
Voller Vorfreude rannte sie in ihr Schlafzimmer, zog sich ihre alte Jogginghose an, warf sich eine Jacke über und rannte, mit der Sporttasche über der Schulter, zur Tür hinaus.
“Mr. Vaughn?”
“Am Apparat.”
“Hier spricht Dr. Keefer vom Sagemore-Pflegeheim. Ich habe versucht, Miss Malone zu erreichen, hatte aber bisher kein Glück. Ist sie vielleicht bei Ihnen?”
Rick hatte Dr. Keefer während einem seiner Besuche im Pflegeheim kennengelernt. Er war ein angenehmer, mitfühlender Arzt, von dem
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