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Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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Jenny.”
    “Was ist denn an meinem Stil nicht in Ordnung?”
    “Zum einen dein Repertoire. Deine modernen Balladen passen nicht zu uns. Wir haben darüber schon gesprochen. Und wir sind sogar noch einmal deine Songauswahl durchgegangen – trotzdem hast du letzte Nacht mitten in deiner Vorstellung doch wieder Celine Dion gesungen.”
    “Okay, dann lass ich Celine Dion eben weg.”
    Rick schüttelte den Kopf. “Ich habe bereits eine andere Sängerin engagiert. Sie fängt nächste Woche an.”
    “Du Bastard!”, fauchte sie.
    “Übertreib’s nicht, Jen.”
    “Drei Jahre lang hast du mich in diesem Höllenloch malochen lassen”, schrie sie und zeigte auf die Tür hinter sich. “Ich habe es gehasst, aber ich bin geblieben, weil du mir versprochen hattest, dass ich den Job bekomme, wenn Lola einmal aufhören sollte.”
    Obwohl er sich vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, erhob Rick jetzt seine Stimme. Er hasste Lügen. “Ich habe dir niemals einen festen Job versprochen. Und zu dem Höllenloch: Du hast darin ganz gut verdient, sonst wärst du nicht so lange geblieben, also wirf mir das nicht vor. Fürs Protokoll möchte ich festhalten, dass ich nicht verpflichtet war, dir einen Job zu geben. Ich hab’s getan, weil es dir dreckig ging und ich dir helfen wollte.”
    “
Mitleid?”
Sie spuckte das Wort förmlich aus. “Du hast mich aus Mitleid behalten?”
    “Du hörst mir nicht zu, Jenny.”
    “Bin ich gefeuert?”
    Er war versucht, Ja zu sagen. Dieses Mädchen brachte schließlich nichts als Ärger. Aber irgendetwas hatte sie – es waren ihre Verletzlichkeit und das Pech, das sie erleiden musste, die ihn an ihn selbst erinnerten, an die Zeit, bevor die Vaughns ihn aufgenommen und sein Leben für immer verändert hatten.
    “Der Job in der Garderobe ist immer noch deiner. Ich gebe dir sogar eine Gehaltserhöhung.”
    “Oh, nur keine Umstände.” Sie rauschte an ihm vorbei, und eine Wolke ihres Parfüms umwaberte ihn wie ein schlechtes Omen. “Ich kündige.”
    Rick zuckte zusammen, als sie die Tür hinter sich ins Schloss warf. So hatte er das nicht geplant, aber er würde ihr nicht hinterherrennen. Hoffentlich würde sie, wenn sie erst einmal in Ruhe darüber nachgedacht hatte, feststellen, dass sein Angebot nicht schlecht war. Im Moment hatte er jedoch ein ganz anderes Problem – wo sollte er auf die Schnelle eine neue Sängerin für heute Abend herbekommen?
    Rick stand an der Bar und beobachtete, wie Chandra van Doren die Zuschauer mit ihren Interpretationen alter Billie-Holiday-Hits glänzend unterhielt. Nachdem er seine neue Sängerin am Nachmittag angerufen hatte, war sie sofort zu ihm gekommen und war ihre Lieder mit dem Pianisten durchgegangen, ohne auch nur ein bisschen überrascht oder überrumpelt zu wirken. Rick hatte sie schließlich dem Publikum vorgestellt, und sie hatte höflichen Applaus geerntet. Kaum hatte sie jedoch zu singen begonnen, veränderte sich die Stimmung im Club, und am Ende ihrer ersten Show, um zehn Uhr, war Chandra der neue Star des
Blue Moon.
    Er lauschte gerade der Eröffnungsnummer ihrer zweiten Show, als sein Telefon klingelte. “Hallo?” Mit dem Hörer am Ohr ging er in Richtung seines Büros.
    “Rick?” Die Stimme war nur ein Flüstern.
    “Hier ist Rick Vaughn. Mit wem spreche ich?”
    “Ich bin’s.” Ein weiteres Flüstern, noch schwächer als zuvor. “Jenny.”
    Er ging in sein Büro und schloss die Tür. “Jenny, was ist los?”
    “Ich brauche Hilfe. Ich wusste nicht, wen ich sonst anrufen sollte.”
    “Bist du krank?”
    Ein Augenblick lang herrschte Stille. “Ich bin verletzt. Ich weiß nicht, wie schwer. Mike hat mich zusammengeschlagen.”
    “Um Himmels willen, Jen.” Es war nicht der rechte Zeitpunkt, ihre Männerwahl zu kritisieren oder sie belehren, also fragte er: “Wo bist du?”
    “Zu Hause.”
    “West Forty-First Street?”
    “Ja, vierter Stock.”
    “Ich bin gleich bei dir.”
    Er fand sie im Badezimmer, zusammengerollt zwischen Toilette und Schminktisch. Ihr Gesicht war blutverschmiert und ihr rechtes Auge zugeschwollen.
    Er kniete sich neben sie und nahm vorsichtig ihr zerschundenes Gesicht in seine Hände. “Hat er dich noch woanders geschlagen?”
    “Nein, nur ins Gesicht. Er zielt jedes Mal aufs Gesicht.”
    Jedes Mal. Das hieß, dass er es schon öfter getan hatte. Rick versuchte, nicht darüber nachzudenken, was er gerne mit Mike Brenner anstellen würde, und nahm einen Waschlappen vom Rand des Waschbeckens, hielt ihn

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