Abbild des Todes
Lola nur das Beste erzählte. “Miss Malone arbeitet leider nicht länger im
Blue Moon.”
Er legte die Zeitung aus New Jersey mit einer Kritik des
Blue Moon
zur Seite. “Gibt es ein Problem? Geht es ihrer Tante gut?”
“Nicht wirklich, daher rufe ich auch an. Frieda hatte heute Besuch, eine Freundin von Miss Malone. Während des Besuchs wurde Frieda sehr aufgeregt, und wir benötigten beinahe eine Stunde, um ihren Herzschlag wieder zu beruhigen. Ich wollte ihrer Nichte sagen, dass ab heute nur noch Besucher zu Frieda vorgelassen werden, die Miss Malone persönlich begleitet. Ohne Ausnahme.”
“Ich werde Ihre Anweisungen weitergeben, wenn Miss Malone sich bei mir meldet. Darf ich fragen, wer die Besucherin war?”
“Eine Frau namens Zoe Foster. Kennen Sie sie?”
Heiße Wut stieg in Rick auf, doch er hielt sie dem Arzt gegenüber unter Kontrolle. “Ja, das tue ich tatsächlich.”
“Dann geben Sie ihr die Nachricht doch bitte auch weiter.”
“Das werde ich. Danke, Doktor.”
Nachdem er aufgelegt hatte, stand Rick auf. Er machte sich genauso dafür verantwortlich wie Zoe. Er hätte es wissen müssen. Er kannte sie, vielleicht sogar besser, als sie sich selbst kannte. Und eben weil er sie so gut kannte, hätte er vorhersehen müssen, dass sie versuchen würde, einen Weg zu finden, an die Informationen zu kommen, die sie brauchte.
Diese Besessenheit, den Mörder von Lola zu finden – wenn es denn einen Mörder gab –, war nicht mehr lustig. Nicht nur, dass Zoe sich selbst in Gefahr brachte, nun gefährdete sie auch schon unschuldige Menschen. Das musste aufhören. Von jetzt an musste sie ihre Nachforschungen auf die kleinen Bilder in ihrem Comic beschränken.
Er ergriff den Telefonhörer und wählte ihre Nummer. Nach dem vierten Klingeln ging Zoe ran. Sie war vollkommen außer Atem.
“Wo bist du?”, fragte er kurz angebunden.
“Im Spring-Street-Gym, warum?”
“Das sage ich dir, wenn ich da bin.”
Zoe nahm den Basketball in beide Hände, zielte und warf ihn so geschickt in den Korb, dass er den Rand nur leicht berührte. Zufrieden fing sie den zurückspringenden Ball wieder auf und dribbelte ihn über den Platz.
Zwei- bis dreimal die Woche kam sie hierher ins Spring-Street-Gym, um ein paar Körbe zu werfen. Obwohl die Sporthalle um acht Uhr abends schloss, erlaubte ihr Danny, der Manager, den Platz so lange zu nutzen, bis das Reinigungspersonal anrückte. Dafür unterstützte sie sein Special-Olympics-Team jedes Jahr mit einer großzügigen Spende.
Körbe zu werfen war der einzige Sport, den Zoe ausübte. Schon in der Highschool war sie in Sport eine Niete gewesen – bis auf Basketball. Obwohl sie die Kleinste in ihrem Team gewesen war, hatte sie so gut gespielt, dass ihr Talent und ihr hervorragender Notendurchschnitt ihr ein Vierjahresstipendium an der Northwestern University verschafft hatten, die sie mit einem Abschluss in Kunst verlassen hatte.
Danny versuchte immer wieder, sie für das Damenteam zu gewinnen, das er im Winter trainierte, aber Zoe lehnte jedes Mal ab. Sie war sich nicht sicher, ob sie mit ihren dreiunddreißig Jahren noch mit den Zwanzigjährigen mithalten konnte, die auf dem Platz hin und her rannten, ohne auch nur ein Tröpfchen Schweiß zu verlieren.
Sie stellte sich für den nächsten Wurf auf. Doch dieses Mal flog der Ball am Korb vorbei. Rick hatte ihren Namen gerufen und damit ihre Konzentration gestört. Dabei hatte er nicht sonderlich glücklich geklungen, und man musste kein Genie sein, um herauszufinden, wieso.
Wütend dribbelte sie den Ball, als sich die Drahttür öffnete und Rick auf den Platz trat. Ein Blick in sein Gesicht sagte ihr, dass sie mit ihrer Vermutung richtig gelegen hatte. Er hatte von ihrem Ausflug nach Sagemore gehört.
Sie ließ den Ball fallen und ging zu ihm hinüber. Auf dem Weg nahm sie ihr Handtuch von der Bank und wischte sich den Schweiß von der Stirn. “Hi.” Jedes weitere Wort, inklusive der Floskel “Was treibt dich hierher?”, war überflüssig.
“Dr. Keefer hat mich angerufen”, begann er und verschwendete ebenfalls keine Zeit mit Höflichkeitsfloskeln. “Ich nehme an, dass du ihn kennst?”
“Rick, hör mal …”
“Nein, du hörst mir zu. Ich bin in bester Absicht zu dir gekommen, habe dir vertraut. Dank des Cops, den du ja scheinbar dazu gebracht hast, die Drecksarbeit für dich zu machen, habe ich mich gefühlt wie der letzte Idiot, weil ich dir nicht helfen wollte.”
“Ich konnte doch nicht ahnen,
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