Abbild des Todes
mein Leben noch einmal ganz von vorne angefangen.”
“Was ist mit meinen Großeltern? Du hast mir gesagt, dass sie tot wären.”
“Das ist teilweise auch richtig. Meine Eltern starben während einer Kreuzfahrt in der Karibik bei einem Unfall. Die Eltern deines Vaters lebten noch, als Tony getötet wurde. Ich weiß nicht, ob sie heute noch leben.”
“Du hast den Kontakt zu ihnen nicht aufrechterhalten?”
Sie lächelte bitter. “Sie waren diejenigen, die keinen Kontakt mit uns haben wollten. Als Tony begann, für Frank zu arbeiten, brachen sie alle Brücken zu ihrem Sohn ab und zogen nach Florida. Nicht einmal die Geburt ihrer kleinen Enkeltochter konnte sie umstimmen.”
“Wie hast du davon gehört, dass Dad ermordet wurde?”
“Ich habe es in der Zeitung gelesen. Ein Stück von mir ist an diesem Tag mit ihm gestorben.” Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie wischte sie mit dem Handrücken fort.
Zoe nahm sie in den Arm. “Sei nicht traurig, Mom. Es ist vor so langer Zeit passiert.”
“Ich werde es niemals vergessen können. Oder mir vergeben können.”
“Es gibt nichts, was du dir verzeihen müsstest. Du hast getan, was notwendig war, um mich in Sicherheit zu bringen. Ich verstehe das.”
“Nein, tust du nicht. Denn das Fürchterliche, was deinem Vater passiert ist, die schreckliche Art, auf die er gestorben ist … das war mein Fehler.”
“Sag das nicht.”
Catherine zog ihre Hand fort und nahm ein Taschentuch aus einer kleinen silbernen Box auf dem Rattantischchen neben ihr. “Nachdem Tony verhaftet worden war, rief er mich an und erzählte mir, dass das FBI ihm einen Deal angeboten hatte. Ich riet ihm, ihn anzunehmen. Ich versprach ihm, wenn er mit den Behörden kooperieren und ihnen erzählen würde, was sie wissen mussten, um Frank zu verurteilen, dann würden wir drei wieder zusammenkommen und noch einmal ganz von vorne anfangen. Darum hat er es getan. Wenn ich nicht versprochen hätte, ihn zurückzunehmen, hätte er niemals zugestimmt, gegen Frank auszusagen.”
Sie fing an zu weinen. “
Ich
habe ihn umgebracht, Zoe. Ich habe meinen Mann getötet. Darum habe ich geschwiegen. Ich wollte dir nicht erzählen, dass ich für den Tod deines Vaters verantwortlich bin.”
Zoe fiel es schwer, die eigenen Tränen zurückzuhalten. “Mom, bitte, hör auf.”
Catherine wurde von tiefen herzzerreißenden Schluchzern geschüttelt.
Zoe hatte ihre Mutter noch nie so außer sich erlebt. Wenn sie gewusst hätte, wie sehr es sie mitnahm, hätte sie kein Wort darüber verloren.
“Ich habe es getan, Zoe. Ich habe deinen Vater getötet.”
“Schschsch.” Zoe schloss sie in die Arme und hielt sie ganz fest. “Du hast ihn nicht umgebracht.” Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. “Denn er ist nicht gestorben.”
Catherine hörte für einen Moment fast auf zu atmen. Aus verweinten Augen blickte sie ihre Tochter an. “Was hast du gesagt?”
“Dad ist nicht tot. Er lebt.”
Catherine schüttelte vehement den Kopf. “Ich verstehe dich nicht.”
“Ich habe ihn gesehen, Mom. In New York.”
“Wovon redest du? Wie kannst du ihn gesehen haben? Du weißt doch nicht einmal, wie er aussieht.”
Zoe wartete, bis Catherine sich so weit beruhigt hatte, dass sie dem Rest der Geschichte würde folgen können, bevor sie schließlich fortfuhr.
Als sie geendet hatte, sah Catherine sie verwirrt an. “Tony ist am Leben?”
“Ziemlich.” Zoe lächelte. “Siehst du, es gibt nichts, wofür du dich schuldig fühlen müsstest.”
“Ich kann es nicht glauben.” Sie lehnte ihren Kopf an die Kissen und strich sich mit einer fahrigen Bewegung durchs Haar. “Tony lebt. Er war die ganze Zeit über lebendig.” Wehmut und Ärger spiegelten sich in ihrem Blick wider. “Und er hat es mich nie wissen lassen? Er hat mir nie ein Zeichen geschickt?”
“Er wollte uns nicht dem Risiko aussetzen.”
“Jetzt setzt er dich doch auch dem Risiko aus, oder etwa nicht? Indem er dir folgt, vor deinem Apartment herumlungert.”
“Frank lässt uns nicht länger beobachten, Mom. Nicht nach all der Zeit.”
“Oh, Baby, da liegst du so falsch. Du hast keine Ahnung von den Leuten, mit denen du es hier zu tun hast. Du weißt nicht, wie nachtragend sie sind, wie wenig sie verzeihen können.” Sie knüllte das Taschentuch zu einem kleinen Ball zusammen und tupfte sich damit die Augen ab. “Versteh mich nicht falsch. Ich bin froh, dass dein Vater noch lebt. Ich bin froh, dass er sich immer noch
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