Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
sehr nah an der Lösung des Vergewaltigungsfalles dran zu sein, sondern irgendwas trieb mich auch an, Dora ausfindig zu machen. Meine Intuition schrie nahezu, ich solle die Akte auf meinem Nachttisch weiter prüfen.
Mir war klar, dass Dutch davon nichts würde hören wollen, also sollte er mir mal eine Lösung anbieten. »Und was würdest du vorschlagen, wie ich in der Zwischenzeit mit Kapordelis umgehen soll? Ein ›Nein, danke‹ wird er wohl kaum akzeptieren, oder?«
»Spiel auf Zeit. Sag ihm nichts - und ich meine nichts -, bis wir zugeschlagen haben. Wir sind wirklich nah dran, seine ganze Organisation hochgehen zu lassen, und wenn du da die Nase reinsteckst, könnte die ganze Sache platzen. Kapordelis mag vielleicht sterben, bevor wir ihn vor Gericht bringen können, aber da sind noch jede Menge andere Familienmitglieder, die sofort gern seinen Platz einnehmen. Die Sache ist viel zu groß für dich. Du musst dich also bedeckt halten. Ist das klar?«, fragte er, stand auf und hielt sich behutsam die rechte Seite.
»Na schön«, sagte ich und kam ebenfalls hoch. »Gehst du jetzt?«
»Ich muss. Ich würde gern bleiben und unanständige Dinge mit dir treiben, aber ich glaube, die Rippe ist gebrochen, und außerdem ist es arschkalt in deinem Schlafzimmer! Was ist denn da oben los?«
»Das ist eine lange Geschichte. Hör zu, bitte, bitte, sei vorsichtig. Kapordelis ist ein Wahnsinniger und ich fürchte, er ist nicht ganz überzeugt, dass ihr keine FBI-Ermittler seid.«
»Ich komme zurecht«, sagte Dutch und gab mir einen flüchtigen Kuss. »Begleitest du mich zur Hintertür?«
Ich brachte ihn zur hinteren Veranda. Er fasste mir unters Kinn, sah mir lange in die Augen, dann sagte er: »Du fehlst mir wirklich, Süße.«
»Dann komm bald nach Hause«, erwiderte ich, als er sich herabbeugte und mich so küsste, dass mir fast die Sinne schwanden.
Nachdem er gegangen war, schloss ich wieder ab, stellte die Alarmanlage ein und ging zurück ins Bett. Meine Hand tat weh und mein Knie war geschwollen, darum warf ich eine Aspirin ein, bevor ich wieder unter die Decke kroch. Bevor ich die Augen schloss, schaute ich auf die Uhr. Es war zwei. An einem der nächsten Tage wollte ich mein Schlafdefizit abarbeiten und mal eine ganze Nacht durchschlafen. Als ich mir die Decke über die Ohren zog, ahnte ich nicht, dass daraus vorerst nichts werden würde.
12
Ich war am nächsten Morgen kaum aufgewacht, da klopfte es beharrlich an meiner Haustür. In Morgenmantel und Pantoffeln ging ich die Treppe hinunter, machte einen kurzen Umweg, um die Heizung aufzudrehen, und wurde vom nächsten energischen Klopfen aufgefordert, mich zu beeilen.
Durch den Spion sah ich einen jungen Polizisten mit grimmiger Miene, der gerade erneut die Faust hob. Ich zog die Tür auf und sagte: »Kann ich Ihnen helfen?«
»Miss Cooper?«
»Ja?«
»Ich bin hier, um Sie zum Polizeirevier zu bringen. Detective Johnson würde Sie gern sprechen.«
»Und anstatt mich anzurufen, schickt er Sie her?«
»Ja, Ma’am.«
Oh, oh.
»Gut. Geben Sie mir eine Minute, ich bin gleich bei Ihnen«, sagte ich und winkte ihn ins Wohnzimmer, bevor ich die Treppe hinaufrannte. Ich ahnte schon, warum Milo ihn geschickt hatte: Er hatte bestimmt das Videoband des Parkhauses ausgewertet und wollte eine Erklärung von mir. Und zwar pronto.
Seufzend zog ich Jeans und einen dicken Pullover an, verzichtete auf die hochhackigen Boots und wählte stattdessen bequeme Sneakers.
Nachdem ich das Haus abgeschlossen hatte, wurde ich zum Revier gefahren. Gehorsam folgte ich dem Polizisten die Treppe hinauf und in die Kriminalabteilung. Wir gingen durch die Doppeltür und ich sah sofort, dass Milo nicht in dem Großraumbüro war. Anstatt mich bei seinem Schreibtisch abzuliefern, damit ich dort auf ihn wartete, dirigierte mich der Polizist den Flur entlang zu den Befragungsräumen. Vor einer Tür blieb er stehen, öffnete sie und ließ mir den Vortritt. Ich ging hinein und hörte die Tür hinter mir zufallen. Darauf drehte ich mich um und stellte fest, dass ich allein war ... jedenfalls schien es so.
Ich setzte mich auf einen Stuhl an den abgenutzten Tisch, der in der Mitte stand, verschränkte die Arme und wartete. An der Wand tickte eine Uhr mit Sekundenzeiger. Ich sah ihm eine Weile zu, dann wurde ich ungeduldig. Gelangweilt von Milos Taktik sammelte ich mich einen Moment lang und streckte meine intuitiven Fühler aus.
Milo war in der Nähe; ich spürte seine Energie. Ich blickte zu
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