Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
leisen unterbrochenen Wählton.
»Wusste ich’s doch«, sagte ich unwillkürlich schmunzelnd. »Irgendwann musst du mir mal zeigen, wie du das machst.« Achselzuckend schob ich mir eine Fritte in den Mund. Er drückte die Kurzwahltaste seiner Mailbox. Dann stand er auf, ging zu seinem Mantel und kam mit Notizblock und Kuli zurück und begann hastig zu schreiben. Als er fertig war, schaltete er das Gerät wieder aus.
»Wer war es?«, fragte ich.
»Mein Freund Peter.«
»Der von Interpol?«
»Ja. Er hat was über Jean-Paul.«
»Ruf ihn an!«, sagte ich aufgeregt.
»Darf ich zuerst meinen Burger essen?«, nörgelte er.
»Ich trete dir meine restlichen Fritten ab, wenn du es sofort machst.« Ich war zu gespannt, um zu warten.
»Mensch, alle drei?«, fragte Dutch sarkastisch mit einem Blick auf meine Pappschachtel.
»Bitte!« Ich klimperte mit den Wimpern und lächelte ihn zuckersüß an.
Dutch verdrehte die Augen, nahm trotzig noch einen kräftigen Bissen und wählte die Nummer, die er sich notiert hatte. Als sich der Angerufene meldete, legte Dutch das Telefon hin und drückte die Freisprechtaste, damit ich die Unterhaltung mithören konnte.
»Hallo Pete!«, sagte Dutch, den Mund noch voll.
»Dutch?«
»Ja, ich hab dich auf laut gestellt. Abby ist bei mir, und sie würde gern hören, was du über diesen Jean-Paul herausgefunden hast.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Abby«, sagte Peter.
Ich lächelte, weil Dutch ihm offenbar von mir erzählt hatte. »Hallo Peter. Freut mich auch. Was können Sie uns erzählen?«
»Sie verschwenden keine Zeit, hm?«, meinte Peter gutmütig.
Dutch lachte. »Sie hat‘s ein bisschen eilig, den Fall abzuschließen.«
»Kein Problem. Also, hier ist der Knüller: Jean-Paul Carlier wurde 1905 in Lyon in Frankreich geboren. Sein Vater, Jean Carlier, hatte ein kleines Café, bis er im Ersten Weltkrieg umkam, und Jean-Paul und seine Mutter führten das Café weiter. Jean-Paul heiratete 1935 Avril Loisclair, und sie bekamen einen Sohn namens Paul. Als Frankreich an Deutschland fiel, schloss Jean-Paul sich dem Widerstand an und spielte eine wichtige Rolle bei der Beschaffung von falschen Pässen für Feinde des Reiches, die das Land verlassen wollten. Das waren meistens Leute mit Macht und Einfluss, die sich Hitlers Regime widersetzten, und als die Deutschen Westeuropa besetzten, siedelten viele dieser Familien nach Lyon über und bekamen die Gelegenheit, vor der Gestapo unterzutauchen - hauptsächlich dank Jean-Paul, der fleißig im Untergrund wirkte. Nach dem Krieg wurde er von der französischen Regierung für seinen Einsatz im Widerstand mit mehreren Orden ausgezeichnet, und er war in ganz Lyon als Held bekannt. Kurz nach 1945 siedelte er in die Vereinigten Staaten über, eröffnete ein Juweliergeschäft, wo er bis zu seinem Tod 1990 gearbeitet hat.«
Ich hörte skeptisch zu. Dieser Mann war ein Held? Das konnte ich nicht glauben. An dieser Darstellung stimmte etwas nicht, aber mir gelang es nicht, den Finger daraufzulegen.
»Das ist alles?«, fragte Dutch. »Mehr gibt es über den Kerl nicht? Keinen Verdacht auf ein Verbrechen, keine Leiche im Keller?«
»Ich bin jedenfalls auf nichts dergleichen gestoßen, andererseits geht es hier um über sechzig Jahre alte Akten, Kumpel. Die sind bestenfalls skizzenhaft.«
Ich zuckte die Achseln, ein stummes »Ich geb’s auf«. Das half uns alles nicht weiter.
Dutch nickte und sagte ins Telefon: »Danke für die Hilfe, Peter, das war sehr wichtig für uns.«
»Keine Ursache. He, in ein paar Monaten bin ich in den Staaten. Hast du Lust, mal ein Bier trinken zu gehen?«
»Gibst du einen aus?«, fragte Dutch lachend.
»Tue ich das nicht immer?«
»Klar, weil der Euro so stark ist, da kommt es dich billiger«, witzelte Dutch, und Peter lachte. »Aber melde dich einfach, dann machen wir zu dritt einen drauf.«
Ich lächelte glücklich, weil er mich einbeziehen wollte, und rieb mein Knie neckisch an seinem.
»Bis bald dann«, sagte Dutch und legte auf.
»Das hat ja nicht viel gebracht«, meinte ich enttäuscht.
»Dass der Kerl ein paar gute Taten vollbracht hat, heißt nicht, dass er nicht auch zu ziemlich üblen Dingen imstande war«, argumentierte er.
Ich nickte und gähnte und spürte die Wirkung eines erlebnisreichen Tages.
»Komm, Edgar, bringen wir dich ins Bett«, sagte Dutch, stand auf und sammelte die Tüten und Pappschachteln zusammen. Ich sah ihm schmunzelnd beim Aufräumen zu.
»Du kümmerst dich echt gut um
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