Abby Cooper 03 - Hilferuf aus dem Jenseits
Rivers.«
»Das klingt, als hätten Sie Angst vor ihm«, sagte Dutch. »Wir können Ihnen helfen, James. Wir können Sie schützen.«
James lachte wieder. »Er ist gerissener, als Sie denken. Wenn er jemandem Leid zufügen will, findet er immer einen Weg.«
»Dann sagen Sie uns, was er mit dem Holzkästchen will«, bat ich ruhig und leise.
»Er will seinen Schatz zurück«, antwortete James rätselhaft, »seinen blutigen, dreckigen Schatz!«, und damit knallte er die Tür endgültig zu.
»Was sollte das denn heißen?«, fragte ich Dutch. Dabei hörten wir, wie drinnen der Riegel vorgeschoben wurde.
»Das frage ich mich auch, Süße«, antwortete er und kratzte sich am Kopf. »Komm, aus dem ist heute nichts mehr rauszuholen. Lass uns zu Candice’ Großmutter fahren.«
Wir nahmen denselben Weg zurück und fuhren dann nach Nordosten, bis wir nach Pleasant Ridge kamen, einer Stadt zwischen Royal Oak und Femdale. Pleasant Ridge ist nicht groß, aber die Immobilienpreise sind höher als in Royal Oak. Wir fuhren durch die anheimelnden Straßen mit den typischen Vorstadthäusern des Mittleren Westens, bis wir die Adresse fanden, die Candice mir auf den Zettel geschrieben hatte.
Ich stellte den Wagen in der Einfahrt ab, stieg aus und wartete auf Dutch, um ihn vorgehen zu lassen. Diesmal benutzten wir den Türklopfer, und die Tür wurde prompt von einer hübschen alten Dame geöffnet. Sie hatte glänzendes graues Haar, ein vorteilhaftes Make-up und eine nahezu makellose Haut. Ich lächelte sie an und streckte die Hand aus. »Madame Dubois?«
»Ah, Sie müssen Abby Cooper sein, non?«, fragte sie.
»Oui«, antwortete ich mit einer der wenigen Vokabeln, die ich aus der Schule noch wusste.
» Bonjourl«, grüßte sie erfreut und winkte uns herein. »Kommen Sie, kommen Sie ins Warme.«
Wir betraten einen völlig überheizten Flur. Dutch zog sich sofort die leichte Jacke aus, die er bei dem milden Wetter trug. Ich folgte bald seinem Beispiel, denn das Thermostat musste auf dreißig Grad eingestellt sein. Madame Dubois nahm uns die Jacken ab und legte sie über das Treppengeländer.
»Kommen Sie, kommen Sie«, sagte sie erneut und ging aufgeregt voraus in ihr Wohnzimmer. »Möchten Sie eine Tasse Tee, um warm zu werden?«, rief sie über die Schulter. »Ich habe gerade einen Kessel Wasser aufgesetzt.«
Ich lächelte Dutch mutig an, der sein Hemd zurechtzog und mich stumm fragte: »Das meint sie nicht ernst, oder?«
»Danke, sehr gern«, rief ich hinter ihr her und stieß Dutch in die Seite. »Benimm dich!«, flüsterte ich.
Als Madame Dubois in die Küche ging, um den Tee zu kochen, betraten wir das Wohnzimmer und blieben abrupt stehen. Der Raum war ein Feuerwerk in Rosa und voller Kissen und Spitze.
Gaffend ließ ich die Einrichtung auf mich wirken. Die Wände hatten eine pink-weiß gestreifte Tapete, der Teppichboden war pastellrosa, die Couch zart rosé, darauf lagen ein Dutzend Spitzenkissen in unterschiedlichen Rosatönen. Gegenüber standen zwei rosarote Ohrensessel mit je einer Chenilledecke in der gleichen Farbe.
Dutch glotzte genauso, auf seinem Gesicht spiegelte sich ungläubiges Entsetzen. Nach einer Minute fragte er mich mit seinem Blick: Wo kann ich mich hinsetzen?
Ich zeigte ungeduldig auf einen Ohrensessel. Er setzte sich vorsichtig auf die Kante, aus Angst, die Farbe könnte sich auf seine Hose übertragen. Ich nahm den anderen Sessel.
Dann kam Madame Dubois hereingerauscht mit einem weißen Tablett, einer rosa Teekanne und passenden Tassen, Untertassen und Plätzchentellern. Dutch erhob sich, um ihr mit dem Tablett zu helfen, aber sie scheuchte ihn lächelnd beiseite, setzte es ab und arrangierte alles auf dem Tisch. Dann goss sie uns ein und stellte die Teetassen vor uns hin. Sofort rauschte sie wieder in die Küche, um mit einem großen Teller wiederzukommen, auf dem herzförmige Plätzchen mit rosa Zuckerguss gestapelt waren.
Dutch lächelte und nahm einen Keks, aber seinem Gesicht nach zu urteilen war ihm der Appetit auf Süßes vergangen. Als Madame Dubois sich ebenfalls gesetzt hatte, holte sie tief Luft und deutete auf ihre Einrichtung. »Gefällt es Ihnen? Ich habe es ganz allein gestaltet.«
»Sehr hübsch«, sagte Dutch. Lügner, Lügner ...
»Wunderschön«, bekräftigte ich, während der Singsang meines Lügendetektors weiterging.
»Sie möchten also etwas über Jean-Paul Carlier wissen?«
Ich trank ein Schlückchen Tee, mehr aus Höflichkeit, als weil ich Durst verspürte.
Weitere Kostenlose Bücher