Abendruh: Thriller (German Edition)
sie getroffen, als sie sie aufgeschlagen hat.«
»Maura«, sagte Julian, »wir wollen bei den Ermittlungen helfen. Wir haben Informationen.«
»Die Schakale sind ein großartiger Verein, Julian. Aber es sind bereits Experten damit beschäftigt, diese ganzen Ereignisse zu untersuchen.«
»Das ist also nur was für Profis, ja?«
»Ja, allerdings.«
»Und wenn wir nun etwas gefunden hätten, was die Profis übersehen haben?« Er sah Claire an. »Zeig’s ihnen.«
Erst jetzt fiel Maura auf, dass Claire ein Buch in der Hand hielt. »Das ist mein Familienalbum«, sagte Claire und reichte es Maura.
Maura schlug das Album auf. Das Foto, das sie sah, zeigte ein junges Paar, das vor dem Kolosseum in Rom stand, beide blond, beide ausgesprochen gut aussehend. »Deine Eltern?«, fragte sie.
»Ja. Mein Vater hat in der Botschaft gearbeitet. Er war politischer Sekretär.«
»Die beiden waren ein schönes Paar, Claire.«
»Aber das ist es nicht, was ich Ihnen zeigen wollte.« Claire schlug die beiden letzten Seiten des Albums auf. »Es ist dieses Foto hier, die Cocktailparty. Das da ist mein Dad, der gerade mit dem Mann da redet. Und sehen Sie diese Frau, die da etwas abseits steht, in dem grünen Kleid? Wissen Sie, wer das ist?«
»Wer denn?«
»Das ist meine Mutter«, sagte Will.
Maura drehte sich verblüfft zu ihm um. »Bist du sicher? Es könnte eine Frau sein, die ihr sehr ähnlich sieht.«
»Es ist meine Mutter. Ich erkenne das Kleid wieder. Das hat sie immer bei Partys getragen. Es war grün, mit einem goldenen Gürtel, und sie hat mir erzählt, es sei das teuerste Kleid, das sie je gekauft hatte, aber dass Qualität sich immer bezahlt macht. Das war ihr Motto, das habe ich immer wieder von ihr zu hören bekommen.« Wills Schultern sackten herab, und seine Stimme war leise und brüchig, als er sagte: »Das ist meine Mom.«
Maura las die Bildunterschrift: 4. JULI. HAPPY BIRTHDAY, USA! » Da steht kein Jahr. Wir wissen nicht, wann dieses Foto entstanden ist.«
»Worum es geht«, sagte Julian, »ist, dass sie zusammen waren, auf derselben Party. Und weißt du, wer noch da war?«
»Er«, sagte Claire. Sie deutete auf den blonden Mann, den das Foto im Gespräch mit Erskine Ward zeigte. Er wandte der Kamera sein Profil zu. Größer als Ward, breitschultrig und kräftig gebaut, war er in einem Raum voll Weintrinker der Einzige, der eine Bierdose in der Hand hielt.
»Das ist mein Vater«, sagte Teddy.
» Da liegt die Verbindung«, sagte Julian. »Das verrät uns immer noch nicht, warum sie ermordet wurden oder warum jemand nach all diesen Jahren ihren Kindern nach dem Leben trachtet. Aber das ist der Beweis, nach dem ihr gesucht habt. Claires Vater. Teddys Vater. Wills Mutter. Sie haben sich gekannt. «
Das eingescannte Foto leuchtete auf Frosts Computerbildschirm. Es zeigte eine Gruppe von elegant gekleideten Gästen bei einem Empfang, manche saßen, manche standen, die meisten mit einem Glas in der Hand. Im Mittelpunkt des Bilds waren Erskine Ward und Nicholas Clock zu erkennen. Sie standen sich gegenüber, wandten aber die Gesichter halb der Kamera zu, als ob jemand gerade gerufen hätte: »Bitte lächeln, meine Herren!« Wills Mutter Olivia stand abseits neben einer anderen Frau, doch ihr Blick war auf Erskine Ward gerichtet. Jane betrachtete eingehend die anderen Gesichter und versuchte, die Ehegatten der drei zu finden, konnte sie aber unter den gut betuchten und offensichtlich schon reichlich angeheiterten Gästen nicht entdecken.
»Das«, sagte Frost und zeigte auf Olivia, »ist der Gesichtsausdruck einer Frau, die scharf auf Ward ist.«
»Das siehst du ihr am Gesicht an?«
»Nicht, dass mich je irgendjemand so anschauen würde.«
»Es könnte auch nur der Blick einer alten Freundin sein. Einer guten Bekannten.«
»Dann ist es aber merkwürdig, dass wir nichts finden können, was Olivia und Erskine miteinander verbindet. Wenn sie sich doch so gut gekannt haben.«
Jane lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und ließ ihren verspannten Nacken kreisen. Es war fast Mitternacht, und ihre Kollegen aus dem Morddezernat hatten alle längst Feierabend gemacht. Und wir sollten auch nach Hause gehen, dachte sie, doch diese gescannten Fotos, die Maura ins Bostoner Polizeipräsidium gemailt hatte, hielten Jane und Frost nun schon seit einer Stunde an ihren Schreibtischen fest. Maura hatte acht Fotos aus dem Familienalbum der Wards geschickt, Bilder von Grillpartys und feierlichen Empfängen, von Gesellschaften in
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