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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zu Hause zu verbringen, mit Gabriel zu essen und Regina einen Gutenachtkuss geben zu können. Nun sah es so aus, als sei ihr nächstes Ziel New Hampshire. »Aber kein Wort zu Crowe.«
    »Hatte ich auch nicht vor.«
    »Und noch etwas. Such doch mal in der Datenbank nach nicht aufgeklärten Massakern an ganzen Familien. Besonders im gleichen Jahr, in dem die Wards, die Yablonskis und die Clocks ermordet wurden.«
    »Was glaubst du, womit wir es zu tun haben?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie starrte vor sich hin auf die regennasse Straße. »Aber was es auch sein mag, es macht mir allmählich Angst.«

16
    Als Jane in die Einfahrt einbog, hatte der Regen aufgehört, doch immer noch verdunkelten schwere graue Wolken den Himmel, und von den Bäumen tropfte Wasser. Weit und breit war kein anderes Fahrzeug zu sehen. Sie stieg aus und näherte sich der Ruine des Bauernhauses von Wills Tante und Onkel, Lynn und Brian Temple. Die Scheune stand etwa zehn Meter entfernt und war unversehrt, doch vom Wohnhaus war nur ein Haufen verkohlter Balken übrig. Während sie allein vor dem Trümmerhaufen stand und ringsum das Plätschern des Regenwassers hörte, glaubte sie fast noch den scharfen Gestank des Rauchs zu riechen, der aus der Asche aufstieg.
    Dann vernahm sie das Knirschen von Reifen auf Kies, und als sie sich umdrehte, sah sie einen dunkelblauen Geländewagen hinter ihrem Subaru halten. Der Mann, der dem Wagen entstieg, trug einen gelben Regenumhang, der wie ein Zelt seine massige Gestalt umhüllte. Alles an ihm wirkte überdimensional, von seinem kahlen Schädel bis zu den fleischigen Händen, und wenngleich sie keine Angst vor ihm hatte, war sie sich doch hier an diesem abgelegenen Ort seiner körperlichen Überlegenheit überdeutlich bewusst.
    »Detective Wyman?«, rief sie ihm zu.
    Er marschierte auf sie zu und patschte mit seinen Stiefeln durch die Pfützen. »Und Sie müssen Detective Rizzoli sein. Wie war die Fahrt von Maine hierher?«
    »Feucht. Danke, dass Sie sich Zeit für mich nehmen.« Sie blickte auf die Ruine. »Ist es das, was Sie mir zeigen wollten?«
    »Ich dachte, wir treffen uns erst mal hier, solange es noch hell ist. Damit Sie sich ein bisschen umsehen können.«
    Eine Weile standen sie schweigend da und betrachteten das niedergebrannte Haus. Auf der Wiese dahinter tauchte ein Hirsch auf und starrte ohne Scheu zu ihnen herüber. Er hatte noch keine Bekanntschaft mit dem Knall eines Gewehrs, dem Einschlag einer Kugel gemacht.
    »Waren offenbar ganz brave Bürger«, sagte Detective Wyman. »Ruhige Leute. Haben das Anwesen gut in Schuss gehalten. Uns sind sie jedenfalls nie unangenehm aufgefallen.« Er hielt inne und schüttelte mit ironischem Grinsen den Kopf. »Das ist eine Definition von ›brave Bürger‹, schätze ich.«
    »Sie haben die Temples also nicht persönlich gekannt?«
    »Ich hatte gehört, dass ein Ehepaar die alte McMurray-Farm gepachtet hätte, aber begegnet bin ich ihnen nie. Sie schienen keiner geregelten Arbeit nachzugehen, deswegen hatten nicht viele Leute in der Stadt Kontakt mit ihnen, bis auf ihre Immobilienmaklerin. Sie hatten ihr gesagt, dass sie ein ruhiges Leben auf dem Land führen wollten, irgendwo, wo ihr Neffe viel im Freien sein und frische Luft atmen könnte. An der Tankstelle und im Supermarkt haben sie sich öfter blicken lassen, aber für alle anderen waren die Temples mehr oder weniger unsichtbar.«
    »Was ist mit ihrem Neffen? Mit Will? Er muss doch Freunde am Ort gehabt haben.«
    »Sie haben ihn zu Hause unterrichtet. Er hatte einfach keine Gelegenheit, etwas mit anderen Kindern zu unternehmen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass er irgendwie anders war.«
    »Inwiefern?«
    »Na, er war ja ziemlich dick und unsportlich. Ein richtiger Nerd – Sie wissen schon, was ich meine. Er hat mir erzählt, an dem Abend, als es passierte, hätte er da draußen auf dem Feld gestanden.« Wyman deutete auf die Wiese, wo der einsame Hirsch friedlich äste. »Er hatte so ein raffiniertes Teleskop aufgebaut, und er hat damit die Sterne angeguckt oder so was. Oh, jetzt fällt’s mir wieder ein – er hat nach Kometen gesucht.« Wyman lachte. »Also, ich hab selbst zwei Jungs im Teenageralter. Und die haben am Samstagabend weiß Gott Besseres zu tun, als auf einer Wiese rumzustehen, wo es weder Fernsehen noch Facebook gibt.«
    »Also, Will steht da draußen ganz allein und beobachtet den Himmel, und dann fliegt plötzlich das Haus in die Luft?«
    »Ja, das war’s mehr oder weniger.

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