Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
Vom Netzwerk:
du
einen
Zweck des Kampfes anerkennst: den Sieg. Wird deine Überzeugung nicht in dem Augenblick in die Brüche gehn, wo der Kampf aussichtslos ist?«
    »Ach wo, ganz und gar nicht! Natürlich, der Kampf soll zum Sieg führen, der Sieg ist das Salz aufs Brot des Krieges. Solange eine Möglichkeit besteht zu siegen, solange wird um den Sieg gekämpft. Aber man kann auch um eine Remis-Lösung kämpfen. Und wenn die Lage aussichtslos ist, dann wird gekämpft, weil sich das so gehört.«
    Holt brütete vor sich hin. Wolzows Worte riefen die Erinnerung an ein Buch in ihm wach, an Ernst Jüngers »Das Wäldchen 125«. Eine Stelle in diesem Buch hatte ihn damals beeindruckt, und jetzt war sie gegenwärtig. Er sagte: »Ich glaube, Gilbert hat die … die echte soldatische Haltung.« Er zitierte, was aus der Vergessenheit aufgetaucht war: »›Aber ein höchstes Gesetz erfüllt, wer in einsamer Nacht und auf verlorenem Posten fällt. Ihrer wird man gedenken, wo immer man die Bitterkeit des Unterganges liebt und den hohen Sinn, den keine Flamme versehrt.‹«
    Gomulka sog, mit vorgestrecktem Kopf, dieses Zitat in sich hinein. Nach einem langen Schweigen wiederholte er: »Die Bitterkeit des Unterganges …« Branzner hockte mit mißmutigem Gesicht auf seinem Strohsack, ihm mochte das alles nicht passen.Holt trat ans Fenster. Die Bitterkeit des Unterganges, wiederholte er noch einmal in Gedanken.
     
    Gottesknecht riß die Tür auf. »Meine Herren, wollen Sie sich nicht ein bißchen zur Ruhe begeben, ehe das Theater wieder losgeht?« Sein Blick fiel auf Holt. »Was ist mit Ihnen los? Mitkommen! Ich habe mit Ihnen zu reden.« Es dämmerte. Gottesknecht hatte seit dem nächtlichen Verhör kein außerdienstliches Wort mit Holt gewechselt. Jetzt sah er müder und sorgenvoller aus denn je. »Ihr Urlaub ist bewilligt«, sagte er. »Aber ehe ich Sie abfahren lasse, muß ich Ihnen ins Gewissen reden … wegen dieser … Barnims.«
    Holt sagte: »Ich weiß von nichts. Ich kann mir das nicht vorstellen. Ob es mit dem Attentat zu tun hat?« – »Sobald der Ersatz eintrifft, können Sie reisen. Sie fahren zu Wolzow, nicht? Jetzt hören Sie zu! Lassen Sie dort die Finger von den Barnims. Erkundigen Sie sich nach niemandem. Reden Sie mit keinem Menschen. Halten Sie den Mund. Haben Sie das verstanden?« – »Jawohl, Herr Wachtmeister.« – »Und jetzt ehrlich: Macht Ihnen die Sache sehr zu schaffen?«
    »Ich … denk nicht drüber nach«, sagte Holt.
    Gottesknecht lächelte. Es war ein bitteres Lächeln. »Sie denken nicht nach …«, wiederholte er. Er murmelte: »Keiner denkt nach … keiner! … Los, legen Sie sich ins Bett!« – »Jawohl, Herr Wachtmeister.«
     
    In der Stube wurde wieder gestritten. Wolzow saß auf dem Tisch, rauchte und fragte, als Holt ins Zimmer trat: »Na … und?«
    »Ein bolschewistischer Schriftsteller«, rief Branzner erregt, »hat erklärt … Ich glaube, er heißt Ehrenburg oder so ähnlich … Er hat erklärt, daß es für die Bolschewisten nur ein Ziel gibt, und das heißt Berlin!« Er lag im Bett, richtete sich auf und stützte sich auf die Ellenbogen.
    »Das braucht dich doch nicht zu wundern«, sagte Wolzow. »Denkst du, die Russen wollen den Krieg nicht gewinnen? Die Eroberung der feindlichen Hauptstadt ist für die Russen dasstrategische Ziel, das mit dem Siege gleichzusetzen ist. Das kannst du schon bei Clausewitz unter den ›Allgemeinen Grundsätzen‹ der Strategie nachlesen.«
    »Du hast mir zuviel Verständnis für die Russen«, sagte Branzner böse. Wolzow lachte nur. Aber auf einmal schimpfte Gomulka: »Das ist ja zum Verzweifeln! Kaum sind wir den Ziesche los, und schon liegt einer im selben Bett und pöbelt uns genauso an! Werden denn diese Stänker niemals alle?«
    »Nein!« schrie Branzner, und ein böses Funkeln war in seinen Augen, als er sich nun gegen Gomulka wandte. »Nein! Sie werden nicht alle! Was du beschimpfst, das sind die besten Deutschen, die echten Nationalsozialisten, jawohl! Alle denken so wie ich, ihr seid die schimpfliche Ausnahme, die ganze Batterie denkt wie ich, das ganze deutsche Volk denkt so und glaubt an den Führer, weil er der größte Deutsche ist und der größte Feldherr und … und …«
    »Und, und!« spottete Holt. »Nach dem Führer kommst gleich du, was?, der zweitgrößte Deutsche, der zweitgrößte Feldherr, der zweitgrößte Trottel …« – »Ruhe!« brüllte Wolzow. »Seid ihr denn wahnsinnig?«
    Aber Branzner saß schon auf seinem Bett,

Weitere Kostenlose Bücher