Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
erst geschaffen hat und weiter schaffen wird. Heute noch das einzig Wahre,
morgen bereits Geschichte. Sie sind nichts weiter als ein Beleg für die Vergänglichkeit allen irdischen Seins. Ganz sicher sind sie weder komplett richtig noch falsch! Warum also hören wir nicht lieber gleich auf, uns und alles um uns herum zu ernst zu nehmen? Könnte vieles leichter machen, gerade auch in Bezug auf unser Zusammenleben… .
Schauen wir einfach mal, wofür wir uns entscheiden. Die Erde dreht sich jedenfalls so oder so noch ein paar Millionen Jährchen weiter, egal, ob wir uns nun mitdrehen oder nicht.
Ja ja, Jakobsweg live! Da geht man daher und konfrontiert sich plötzlich mit Dingen, die eigentlich ein paar Nummern zu groß für einen sind. Ich gebe zu, dass ich das Leben in seiner ganzen Komplexität noch nicht begriffen habe. Aber wer hat das schon? Es ist eben nicht einfach, aus den vielen existierenden „Wahrheiten“ die ultimativ richtige (wenn es sie denn überhaupt gibt…) zu finden. Eines Tages wird es uns vielleicht gelingen… .
Langsam kehrte nach vielen Kilometern voll bedeutungsschwerer Gedanken Gleichmut und Gelassenheit zu mir zurück. Als ich eine Weide passierte, auf der eine große Schafherde graste, hatte ich Lust auf Kommunikation. Also nahm ich Kontakt auf und blökte das Volk an. Beim zweiten Mal bekam ich sogar prompt eine Antwort. Damit war das Eis gebrochen, nun steuerten auch die anderen Schafe ihren Kommentar bei. Eine nette und lautstarke Unterhaltung, von der ich leider nichts verstand. Es waren halt französische Schafe. Ein paar Schafe blökten mir noch hinterher, als ich schon 50 Meter an deren Weide vorbei war. Wahrscheinlich wollten sie mir einen guten Weg wünschen, oder aber sie wollten mir sagen, dass ich mal anständig blöken lernen soll.
Im weiteren Verlauf blieb es zwar Grün aber ein ständiges Rauschen von Motoren wurde zu meinem ständigen Begleiter, erst leise, später immer lauter und störender. Kein Zweifel, ich näherte mich Magny Cours und es war unüberhörbar Rennwochenende! Erst nach 1 ½ Stunden war ich im Ort, dort herrschte Lärm! Ich dachte an die armen Einwohner, wahrscheinlich haben die alle Ohropax implantiert. Und das nur wegen ein paar im Kreis fahrender Autos. Trotz schönstem Sonnenschein war denn auch kein Mensch draußen zu sehen. Magny Cours hat etwa 1.500 Einwohner, geschätzte 10% davon leben in einer schäbigen Platte des sozialen Wohnungsbaus. Kurz, der Ort lud ganz und gar nicht zum Verweilen ein. Die Rennstrecke liegt etwas außerhalb, bis auf einen Kilometer habe ich mich ihr angenähert. Ich war froh, als das Rauschen endlich leiser wurde und schließlich nicht mehr zu hören war. Hinter Magny Cours wurde es fast topfeben, vorbei die liebliche Hügellandschaft mit weiten Aussichten. Der Weg entlang eines kleinen Kanals hätte genauso gut irgendwo am Niederrhein sein können. Der Geräuschpegel nahm wieder zu, diesmal allerdings verursacht durch zahllose Grillen.
Etwas später erreichte ich ein in die Jahre gekommenes Schloss, vor dem mich ein freilaufender, zähnefletschender Dobermann empfing. Willkommen wollte er mich wohl nicht heißen. Hoffentlich will er nicht kämpfen, dachte ich mir. Sehr zu meiner Erleichterung beließ er es bei bloßen Muskelspielen. Er wollte nur aufpassen, dass ich das Grundstück schnell passiere. Auf 500 Metern Länge lief er hinter mir her, immer einen Sicherheitsabstand von 5-10 Meter wahrend. Sobald ich mich umdrehte, zeigte er mir wenig freundlich sein Gebiss. In dem Moment, als ich das Grundstück verließ, blieb der Hund noch eine Weile am Ende des Privatweges stehen und schaute mir hinterher. Kurz darauf trottete er zum Haus zurück. Mission erfüllt!
Glück hatte ich, dass ich es ohne Krähenschiss auf dem Kopf durch die Schlossallee geschafft habe. Dem Geschrei nach müssen es tausende Viecher gewesen sein, die in den Kronen der mächtigen Bäume saßen. Mein Reiseführer empfiehlt sogar das Benutzen eines Schirms. Toller Tipp! Leider stand gerade kein Schirmständer am Anfang des Weges. Dass der Hinweis durchaus zu Recht geschrieben steht, zeigte der Blick auf den Asphalt. An manchen Stellen war von ihm vor lauter Kot kaum noch etwas zu sehen.
Während ich eine kurze Pause einlegte, wurde ich von Gerard, einem Pilger aus dem Elsass passiert. Keine Ahnung, wo der auf einmal herkam. In unserem kurzen Gespräch erzählte er mir, dass er heuer auf dem Abschnitt Vézelay –
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